Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Ruhe, einem Zustand der Schicksalsergebenheit, der über alle Furcht hinausging. Wir haben alles gegeben und verloren …
Vor seinen Augen stürzte ein weiteres Flugschiff brennend aus den schwarzen Wolken. Es wurde begleitet vom Brüllen eines sterbenden Kristalldrachen, dessen Lebenskraft von drei gierigen, Tod bringenden Schattenarmen aufgesogen wurde. Der Anblick war so schrecklich und jede Hoffnung erstickend, dass selbst ein beherzter Mann wie Jaular ins Wanken geriet.
»General!«, rief Belhuir auf einmal.
Jaular warf seinem treuen Gefolgsmann einen Blick zu und sah, dass sich ein kleines, geflügeltes Tier auf dessen ausgestreckter Hand niedergelassen hatte. Es erinnerte an eine übergroße Motte, und sein pelziger Leib war von einem leichten Schimmer überzogen. »Seltsamer kleiner Kerl. So ein Tier habe ich in der Steppe noch nie gesehen. Muss sich verirrt haben.« Zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort , dachte Jaular düster.
Auf der Miene des hundeköpfigen Soldaten breitete sich jedoch ein Ausdruck höchsten Erstaunens aus. »Es … es spricht zu mir«, stotterte er ungläubig.
»Was?« Jaular hob den Kopf, und seine Ohren richteten sich unbewusst auf. »Was sagt es?«
Belhuirs Lippen formten lautlose Worte, dann wiederholte er: »Lasst Euch eine Meile zurückfallen. Wir erwarten Euch.« Sein Gesicht hellte sich unvermittelt auf. »Wir erwarten Euch!«, rief er, und seine Augen leuchteten. »General. Die Alben! Die Alben sind da!«
20
DIE INSEL OHNE NAMEN
»Warten … Warten …« Hoch aufgerichtet thronte Jeorhel auf seinem weißen Schlachtross und blickte von der niedrigen Anhöhe auf das sich ihm bietende Schlachtenpanorama. Iegi saß neben ihm auf Ishilrin und tat es ihm gleich. Dem jungen Vogelmenschen lief es kalt den Rücken hinunter, als er sah, was für Mächte am Himmel über Gongathar im Widerstreit miteinander lagen. Er hatte bereits gegen Drachen gekämpft, vor At Arthanoc und in den Glutlanden, und obschon er die Herausforderung nicht scheute – ja mitunter sogar suchte –, war es in beiden Fällen eine Begegnung gewesen, die er im Nachhinein lieber vermieden hätte. Dies hier übertraf freilich alles, was er jemals erlebt hatte. Kohleschwarze und kristallinweiße Leiber prallten mit der Wucht von Naturgewalten aufeinander und verkeilten sich in der von Dunkelheit und Regen geschwängerten Luft zu einem tödlichen Reigen, dessen Eleganz angesichts der gewaltigen Körpermasse der Tänzer eindrucksvoll und erschreckend zugleich war.
Die Schlacht, die am Boden tobte und sich im Augenblick langsam in ihre Richtung verlagerte, nahm sich dagegen vergleichsweise harmlos aus, auch wenn dieses Wort ein sträflich falsches Bild von dem Hexenkessel vermittelte, der in der Ebene vor ihnen brodelte, wo mehrere Tausend Kazzach und Nondurier verbissen aufeinander einschlugen. Dass die Armee Gongathars dabei in völliger Lautlosigkeit kämpfte, ohne auch nur ein Fauchen oder Brüllen von sich zu geben, verlieh dem Geschehen etwas Unheimliches und geradezu Unwirkliches. Wie in einem dieser Albträume, in denen man bis zur völligen Erschöpfung gegen mehr und immer mehr Feinde kämpfen muss, ohne jemals zu siegen , dachte Iegi.
Ein wenig erinnerte den Taijirinprinzen das wilde Getümmel an die Schlacht vor den Toren At Arthanocs. Allerdings bestand der Unterschied darin, dass die Überraschung in diesem Fall aufseiten des Hochkönigs lag. Eine Überraschung, deren durchschlagenden Erfolg Jeorhel ganz offensichtlich nicht durch ein zu frühes Eingreifen zunichtemachen wollte, ganz gleich, wie schwer es ihnen allen fiel, untätig zu beobachten, wie die zurückweichenden Nondurier von ihren Feinden bedrängt wurden.
»Warten … Noch nicht …«, vernahm er die ruhige Stimme des Alben an seiner Seite.
Iegi wandte den Blick von der Schlacht ab und richtete ihn auf Callyn, die neben ihm auf Ro’ik saß. Das Mädchen war noch bleicher als sonst, und seine Körperhaltung wirkte leicht verkrampft. »Keine Angst, Callyn, ich lasse nicht zu, dass dir etwas geschieht. Was auch immer der Rest des Heeres unternimmt, du wirst in sicherer Entfernung sein.« Es fiel dem jungen Vogelmenschen nicht leicht, das zu sagen, denn alles in ihm brannte darauf, sich an der Seite der alten Kristalldrachenritter in den Kampf zu stürzen und sich ihnen zu beweisen. Aber noch mehr als in dem Moment, da er wegen des verletzten Taijirinsoldaten Nieldir den Abstieg in die Dunkelreiche verweigert hatte, fühlte er sich
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