Tareks Versprechen
zählte er nur das auf, was er wusste, damit sich sein Scheich eine eigene Meinung bilden konnte.
„Der Scheich der Assasia ist dafür bekannt, den lieblichsten Harem sein Eigen zu nennen, den es im Land zu finden gibt. Außer seinen vier Ehefrauen hat er zahlreiche Wüstenschönheiten als Konkubinen. Seine Kinderschar hält sich allerdings, im Verhältnis zu seinen Frauen, in Grenzen. Die genaue Anzahl seiner Kinder kenne ich zwar nicht, aber sie liegt etwa zwischen dreißig und vierzig. Und er hat nur drei männliche Nachkommen, von denen wiederum nur der Älteste vermählt ist.“
Während Said sein Wissen in Worte fasste, stand Hassan auf und ging nachdenklich im Zelt auf und ab. Was er erfuhr wurde Wort für Wort in seinen Gedanken auseinandergenommen, umgedreht und wieder zusammengesetzt.
Hassan hatte schnell eine gewisse Vorstellung, um was es seinem ehemaligen Freund gehen konnte. Doch um sich sicher zu sein, forderte Hassan seinen Diener dazu auf, ihm Informationen zu einem anderen Clan zu geben.
„Und jetzt, Said, beschreibe mich und die El Zandara in der gleichen Weise!“
Said ließ sich nicht anmerken, dass ihn diese Aufforderung überraschte oder er sich dabei sogar unwohl fühlen könnte. Er führte mit der gleichen stoischen Ruhe, die er bei seinem ersten Bericht an den Tag gelegt hatte, auch diese Aufgabe aus.
„Ihr, der Scheich der El Zandara, seid dafür bekannt, mit Eurem Stamm in Zelten zu leben. Mauern sind Euch und Euren Leuten zuwider. Ihr habt ebenfalls vier Frauen und dazu einige Konkubinen. Wobei sie es jedoch an Schönheit nicht mit denen Scheich Amirs aufnehmen können. Die Zahl Eurer Nachkommen liegt ein bisschen höher, als bei dem Assasia. Allerdings ist das Verhältnis männlicher und weiblicher Nachkommen völlig anders. Ihr habt deutlich mehr Söhne in Eurer Blutlinie, als Töchter. Und die Söhne, die sich bisher vermählt haben, haben wiederum mehr Söhne als Töchter gezeugt.“
Scheich Hassan brauchte sich die Worte seines Dieners gar nicht durch den Kopf gehen lassen. Die Tatsachen alleine sprachen schon deutlich aus, um was es hier ganz offensichtlich ging. Er, Hassan, hatte etwas, was für einen Stammesfürsten unerlässlich war. Er hatte Söhne! Söhne und Enkel, die seinen Clan, seine Blutlinie weiterführen würden.
Amir hingegen musste zusehen, wie die Spuren, die er im Wüstensand hinterlassen hatte, mehr und mehr vom Winde verweht wurden. Amir, dieser Hurensohn, hatte es trotz seines legendären Harems nicht geschafft, die Zahl seiner männlichen Nachkommen ebenso legendär werden zu lassen.
Wenn Allah Gerechtigkeit für den Hochmut dieses Mannes forderte, dann hatte er gründliche Arbeit geleistet. Sogar mehr als nur gründlich. Allah hatte ihm, Hassan, etwas in die Hand gegeben, mit dem er Amir bluten lassen konnte. Für seine Heimtücke und für seinen Verrat ihrer Freundschaft.
Allah, der Großes tut, sei Dank! Auch nach langer Zeit gewährte er Gerechtigkeit!
* * *
Diss hatte sich, genau wie Tarek, dazu entschlossen, die Zeltstadt in Augenschein zu nehmen. Denn keiner der Brüder rechnete damit, dass Scheich Hassan seine Entscheidung schnell traf.
Allerdings hoffte Diss sowieso auf genügend Zeit, um sie zu finden. Das Mädchen, das er einmal lieben konnte, ohne den Druck und die Vorschriften, die ihm sein Vater auferlegen wollte. Er war sich sicher, dass sie nicht weit von ihm entfernt sein konnte. Und das Einzige, was ihn daran störte war, dass er sie vielleicht trotzdem nicht zu Gesicht bekam.
Die Mädchen und Frauen der Wüste zeigten sich nicht, wenn Fremde zugegen waren. Das war hier nicht anders, als zu Hause im Palast. Wenn ihm wirklich eine junge Frau über den Weg laufen sollte, dann konnte es sich bestenfalls um eine Dienerin handeln. Was ihn persönlich nicht stören würde. Liebe fragte schließlich nicht nach der Stellung eines Menschen. Und seine Mutter sagte immer, er müsse die Liebe festhalten, wenn er sie fand. Denn es gab nur selten eine zweite Chance.
Dass das etwas sein musste, was sie aus eigener Erfahrung wusste, war nicht schwer zu erraten. Auch wenn sie ihr Schicksal nicht beweinte. Sie hatte ihre Chance selbst verspielt, und so stand sie jetzt an der Seite eines Mannes, dessen einziges Ziel es war, Söhne in die Welt zu setzen.
Dass sie ihm nach einer langen Zeit der Unfruchtbarkeit diesen Triumph ermöglicht hatte, war etwas, was sie mit ihrem Schicksal versöhnte. Sie hatte zwar nicht um ihre Liebe gekämpft, doch
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