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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Kollision kommt, wenn wir an ihnen vorbeifahren…«
    Beaumont setzte sich in der Koje etwas bequemer zurecht. McNeill, der Schiffsarzt, hatte ihm mit etwas Verwunderung in der Stimme gesagt, daß er heil davongekommen war. »Ihre Kleider und das Segeltuch haben als Puffer gewirkt. Daß Sie nicht gegen den Mast geschlagen sind, als Sie dort oben baumelten, hat Ihnen das Leben gerettet – aber Sie werden hier unten bleiben, bis wir Quebec anlaufen…«
    Beaumont war anderer Meinung; er wollte bald aufstehen. Er hatte Quetschungen und Prellungen am ganzen Körper, der sich doppelt so groß anfühlte wie sonst, was bei seiner Größe tatsächlich einen ganz beachtlichen Umfang ausmachen mußte. Aber sobald er sich nur aufrichtete, zuckte er zusammen. Nun ja, vielleicht in ein paar Stunden. Als er auf die gegenüberliegende Wand starrte, ohne sie wahrzunehmen, dachte er an seine kurze Begegnung mit Papanin in der Baracke auf Target 5. Er erinnerte sich an den großen kahlgeschorenen Kopf des Sibiriers, an den sehr breiten Mund und an den fast mongolischen Knochenbau. Ein skrupelloser Mann.
    Und nun lagen mindestens sieben sowjetische Schiffe vor der Elroy, die Gorow und die Katharina-Karten beförderte. Er langte hinter sich, fummelte in der Tasche seines Parkas und entnahm ihr das Bohrkernröhrchen. Er wiegte es in seiner Hand – das gesamte sowjetische Unterwassersystem, und Papanin wußte, wo es war. »Wir müssen nur darauf achten, daß es nicht zu einer Kollision kommt…«, hatte Schmidt gesagt und dabei an einen Unfall gedacht. Beaumont dachte dabei an etwas völlig anderes, als er den Bohrkern in die Tasche des Parka zurücksteckte, die Decken bis zum Kinn hochzog, vor sich hinbrütete und die Zukunft zu lesen versuchte. Darüber schlief er plötzlich ein.
    Die Elroy hatte ihre Geschwindigkeit gefährlich gesteigert und durchfurchte das Wasser mit halber Fahrt. Ihr Bug stürzte tief in ein Wellental. Die Welle schlug über die Backbordreling und tauchte sie unter. Als der Bug wieder auftauchte, hing der halbe Kamm der Welle festgefroren an der Reling, an der das Eis jetzt fünfzehn Zentimeter dick war.
    »Wir werden es riskieren müssen«, hatte Schmidt vor zehn Minuten entschieden. »Wir müssen mit der Geschwindigkeit raufgehen und hoffen, daß wir sie dadurch aus dem Eisnebel herausbringen.«
    »Sie wird kentern…« Da Silva hatte den Satz abgebrochen, als Schmidt ihn anblickte, und den Blick sofort verstanden: Sie würden sowieso untergehen, wozu also darüber reden. Und die möglichen günstigen Faktoren verschlechterten sich zusehends.
    Inzwischen hatten sie Windstärke 8. Der Sturm heulte durch die eisverkrustete Takelage und schleuderte Gischt an Bord, der noch in der Luft gefror und wie Blei auf die Rücken der gebückten Männer prasselte. Sie verloren den Kampf ums Überleben an jeder Front – und das war ihnen nur allzu klar. Das Eis türmte sich noch immer schneller auf, als sie es loswerden konnten, und war jetzt auf der Backbordseite bis zur Relinghöhe eine kompakte Masse. Der zunehmende Wind verwandelte die vor kurzer Zeit noch ruhige See in einen schäumenden Hexenkessel mit 13 Meter hohen Wellen, großen grünen Brechern, die über sie hinwegrollten und halb so hoch waren wie der Rest des Mastes, der sich nach Backbord neigte.
    Die riesigen Brecher überfluteten oft das Deck, wirbelten in Taillenhöhe um die Männer, die sich an die eisigen Rettungsleinen klammerten, und überschwemmten das Eis, das sie mit Mühe über Bord zu werfen versuchten. Die Wellen führten häufig schwimmende Eisspiere mit sich, die mit tödlicher Wucht gegen die Schotte krachte. Ein solcher Spier zerschellte in Stücke, bevor das Wasser zurückfloß. Auf diese Weise hatten sie einen Mann verloren. An die Rettungsleine geklammert, wurde er gegen die Schotten gedrückt. Dabei wurde die ganze Mitte seines Körpers von dem schweren Spier eingequetscht, der wie ein Torpedo auf ihn zuschoß. Es bedrückte die Mannschaft, daß sie die Leiche nicht gerettet hatten, aber Da Silva selbst empfand das als Segen – sie hätten später feierlich eine verstümmelte Leiche beerdigen müssen. Wie Schmidt schon gesagt hatte: Sie mußten einiges riskieren. Deswegen drehten sie auf halbe Fahrt auf.
    »Ich finde, wir sollten das Deck räumen lassen«, schlug Da Silva fünfzehn Minuten später vor.
    »Warum?«
    Schmidt ging zu ihm an das Backbordfenster und sah selbst, warum. Die Backbordreling war wieder unter Wasser, und der Anblick

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