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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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drückten. Und immer noch herrschte eine mörderische Kälte.
    Ein massiver Eisberg, über dreißig Meter hoch und wie eine zerklüftete Klippe aus schwimmendem Eis, driftete in einer Entfernung von weniger als fünfhundert Metern vor der Backbordseite des Buges. Nebelschwaden kreisten um ihn nahe der Wasseroberfläche, ein zweiter weißer Gürtel hatte sich um seine Mitte gelegt, aber seine deutlich erkennbare Spitze stach in die mondhelle Nacht. Ein kleinerer Eisberg mit einem Gipfel, zinnenförmig und turmartig wie eine maurische Burg, trieb in gleicher Entfernung vor Steuerbord. Von der Brücke aus gesehen, erschienen sie wie berghohe Inseln, die auftauchten, verschwanden und dann wieder auftauchten.
    Langer ging näher an Beaumont heran und flüsterte: »Du hast mich gebeten, Da Silva zu fragen, ob es Sprengstoff an Bord gibt. Er sagt ja…«
    »Später«, murmelte Beaumont. Er machte sich um Quinn Sorgen und fühlte sich für diesen letzten Flug verantwortlich. Er würde erst beruhigt sein, wenn der Hubschrauber sicher auf der Landerampe aufgesetzt hatte. Auf seinen Vorschlag hin hatte man einen der starken Scheinwerfer am Bug angeschaltet und fast senkrecht in die Nacht gerichtet. Es war dieses Leuchtfeuer, das den Nebel durchdrang und das Quinn von Süden her anpeilte. Noch war seine Maschine nur als ein winzig kleiner Punkt in der Ferne zu erkennen, der das Mondlicht reflektierte, Nebelschwaden trieben dazwischen, und der Punkt verschwand. Beaumont trat unruhig von einem Bein auf das andere.
    »Ich bin gespannt, ob er die Schiffe gefunden hat«, grübelte Grayson laut vor sich hin.
    »Wenn sie immer noch mit Volldampf Richtung Norden fahren, wird er sie gesehen haben«, vermutete Beaumont. »Es sind sieben Schiffe, nach denen er suchen sollte – eins davon wird er gesichtet haben…«
    »Mir ist es scheißegal, wo sie sind«, knurrte Schmidt, der nach Steuerbord schaute. »Wir sind auf hoher See – wir werden einfach an ihnen vorbeifahren.«
    Hinter dem Rücken des Kapitäns fing Beaumont Da Silvas Blick auf, einen sehr skeptischen Blick. Der Maat teilte Schmidts über alle Zweifel erhabenes Vertrauen auf Freiheit der Meere nicht. Beaumont hatte dies bereits vorher bemerkt und sich dadurch ermutigt gefühlt, Langer zu Da Silva zu schicken. »Versuch mal rauszukriegen, ob sie irgendwelchen Sprengstoff an Bord haben«, hatte Beaumont vorgeschlagen. »Sehr wahrscheinlich haben sie irgend etwas, um sich aus dem Eis herauszusprengen. Du bist Sprengstoffexperte, deswegen wird er die Frage nicht so abwegig finden.«
    Das Schiff zitterte langsam vorwärts durch die dunkle See, die im Mondlicht glänzte wie eine riesige Öllache. Der Nebel hing bis jetzt nur vereinzelt in Fetzen in der Eisbergzone zu beiden Seiten des Schiffes. Um diese Jahreszeit war der Seegang in diesen Gewässern oft so ruhig wie jetzt. Möglicherweise war es das enorme Gewicht der schwimmenden Eismassen, das der See diese Ausgeglichenheit verlieh. Sie konnten das leise Pochen von Quinns Hubschrauber hören, der ihnen entgegenflog; aber er war noch unsichtbar für sie.
    Beaumont sah nach Steuerbord hinüber, wo ein Scheinwerfer über den nächstliegenden Eisberg tastete. So illuminiert, erschien er riesig und noch mehr wie eine Burg, da das Licht durch fensterartige Löcher hoch oben in den Türmen schien, die sich von einer Seite zur anderen durch das Eis hindurchgebohrt hatten. Er war in seiner Größe und aus so unmittelbarer Nähe fast erschreckend.
    »Könnte es nicht zufällig ein Hohleisberg sein, oder?« murmelte Grayson.
    »Hoffentlich nicht – sie können in sich zusammenfallen, wenn man ihnen nur ein unhöfliches Wort zuruft.«
    Was buchstäblich stimmte, dachte Beaumont, so unglaublich es jemand erscheinen mußte, der mit den Verhältnissen in der Arktis nicht vertraut war. Tatsächlich konnte eine unbedachte menschliche Stimme diesen Koloß, der mehrere Millionen Tonnen wog, zu Fall bringen. Die Eskimos wußten das; sie glitten in ihren Kajaks an einem Hohleisberg vorbei, ohne nur ein Flüstern zu wagen, so zerbrechlich waren diese schwimmenden Riesen kurz vor dem Einsturz. Beaumont beobachtete, wie der Scheinwerfer den schloßähnlichen Eisberg erleuchtete und über seiner Spitze schwebte. Plötzlich zerbarst die Spitze.
    In diesem Augenblick war der Gipfel noch da, im nächsten verschwand er in einer Kaskade aus Eis, die nach allen Richtungen stob. Das Echo der Detonation hallte über den Ozean von Eisberg zu Eisberg.

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