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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Dringlichkeit der Sache überzeugt, so daß sie sich nahezu überschlugen. Hätte Oberst Igor Papanin dieser Vorstellung beiwohnen können, sie hätte ihn nachdenklich gestimmt.
    Ohne die Hilfe Sam Graysons, dieses kleinen drahtigen, fünfunddreißig Jahre alten Amerikaners, hätte Beaumont jedoch das Unmögliche nie möglich gemacht. Es war Grayson, der nervenaufreibende Stunden damit verbracht hatte, mit Thule zu telefonieren, dem riesigen amerikanischen Luftstützpunkt oberhalb der Baffin-Bai. »Ich brauche diese Hunde hier, und zwar sofort. Kein Flugzeug verfügbar? Nur eine Hercules, die gerade nach Point Barrow startet? Dann reißen Sie sich gefälligst aus Ihrem Ohrensessel und stoppen Sie sie! Hören Sie! Wenn sie startet, schicke ich Ihnen Dawes auf den Hals, der die Maschine in der Luft umkehren läßt.«
    »Die Hunde hätten vor einer Stunde hier sein sollen«, knurrte Beaumont im Hintergrund.
    Grayson drehte sich zu ihm um: »Keith, willst du sie sofort oder erst wenn sie ankommen?« wollte er wissen.
    Beaumont grinste breit: »Sowohl als auch, möglichst noch schneller!«
    Alle Teams in der Arktis handeln nach einer von nur zwei möglichen Arbeitsweisen. Ein britisches Team hat einen Anführer, und die anderen richten sich nach seinen Anweisungen; andere Nationalitäten arbeiten auf andere Weise – Amerikaner und Norweger demokratisch; sie tauschen ihre Meinungen untereinander aus. Beaumonts Dreimannteam stellt eine Ausnahme dar. Wie er mit einem trockenen Lächeln formuliert hatte: »Sie tun, was ich sage, weil sie wissen, daß ich recht habe.« Graysons Version hörte sich ein wenig anders an: »In einer Krise folgen wir Beaumont, streiten tun wir uns hinterher.« Horst Langers Version wich wiederum ab davon. »Wir haben drei Bosse, und es funktioniert. Wieso, weiß ich nicht.«
    Sam Grayson, ein überragender Navigator, Meeresbiologe und erstklassiger Schütze, stammte aus Minneapolis. Vor seiner legendären Überquerung von Grönland nach Spitzbergen mit Beaumont und Langer hatte er für das amerikanische geologische Vermessungsamt und für das geologische Observatorium der Columbia-Universität gearbeitet. Er war ein alter arktischer Schneehase. Vor jedem Unternehmen beteuerte er seiner Frau: »Das ist vielleicht meine letzte Schlacht auf dem Eis – vielleicht werde ich es leid…« Die letzte Schlacht war es aber immer nur, bis das nächste Unternehmen anlief.
    »Die Hunde sind gerade eingetroffen«, berichtete er Beaumont, zwei Stunden nachdem er Thule angerufen hatte.
    »Vielleicht sollte Horst sie sich sofort einmal ansehen.«
    Beaumont wandte sich dem dritten Mann ihres Teams, Horst Langer zu, der gerade in den winzigen Raum trat, den Grayson sich als sein Hauptquartier auserkoren hatte. »Die Hunde sind da. Was ist das für eine Hiobsbotschaft in deiner Hand?«
    »Eine dringende Meldung von Dawes ist gerade durchgekommen – wir sollen uns für einen sofortigen Abmarsch bereithalten.«
     
     
    Das Tiefdruckgebiet von unerhörtem, nie dagewesenem Ausmaß, das sich Ende Februar 1972 über Nordgrönland zusammenzog, traf sämtliche Meteorologen völlig unerwartet. Dies war das Tief, das später im Jahr das Wetter von Nordamerika und Westeuropa beeinflußte, das den Sommer nahezu in Winter verwandelte, Eisberge weiter südlich wandern ließ als je zuvor, die in transatlantische Schiffahrtslinien einbrachen und große Linienschiffe zur Kursänderung zwangen. Dies war auch das Tief, das den Nebel brachte.
    Die sowjetischen Meteorologen auf Nowaja Semlja sahen es nicht heraufziehen. Das amerikanische Wetterflugzeug, das täglich von Mildenhall in Ostengland quer über das Dach der Welt nach Alaska fliegt, hatte es nicht gesichtet. Das US-Wetteramt sah es nicht voraus. Aber während Beaumont sich ruhelos in dem eiskalten Hangar in Curtis Field herumtrieb, bildete sich eine mehrere Kilometer weite und fast tausend Meter hohe Nebelbank. Gefrierender schwarzer Nebel tauchte nördlich von Target 5 auf und begann, sich stetig nach Süden zu bewegen.
     
     
    Sonntag, 20. Februar
     
    Man stirbt nur einmal. Aber manchmal hat man das Gefühl, hundert Tode zu sterben.
    Für Peter Gorow war der Flug von Reval nach Leningrad ein Alptraum. Niemand wollte ihm den Grund für seine Rückbeorderung nennen oder ihm sagen, wer ihn in Leningrad sprechen wollte; aber er wurde behandelt wie ein König, als er morgens um ein Uhr von Bord der Girolog ging.
    Eine schwarze Zil-Limousine mit Schneeketten fuhr ihn durch

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