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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Maschine glitt zwischen den Lichtern hindurch und legte eine perfekte Landung hin. Nachdem Gorow, ohne ein Wort mit ihnen zu reden, von Bord gegangen war, brach Serge in Gelächter aus und schwenkte die leere Flasche. »Mineralwasser kann ich nicht ausstehen! Was draufsteht, wäre mir lieber gewesen…«
    Gorow würde nie erfahren, daß es die beiden erfahrensten Piloten der Baltik-Staffel gewesen waren, die ihn nach Leningrad geflogen hatten. Sie waren wahrscheinlich die einzigen Männer, die mit einem Flugzeug auf so fürchterliche Weise umgehen und dabei so glimpflich davonkommen konnten. Papanin persönlich hatte den Flughafenkommandanten in Reval angerufen und ihm seine Instruktionen erteilt: »Ich will, daß Sie ein kleines Spielchen mit unserem Passagier treiben. Er soll sich vor lauter Angst in die Hose machen. Nach der Landung muß er Pudding sein.«
    Der Mann auf dem Stuhl schwitzte. Schweißperlen auf seinem Gesicht reflektierten das Scheinwerferlicht. Es war Angst – und der grüne Kachelofen. Papanin saß hinter seinem Schreibtisch im Halbdunkel. Die anderen Männer waren Schatten hinter dem Stuhl, entnervende Unbekannte, um Gorow seine Anwesenheit zu dokumentieren. Die Uhr an Peter Gorows linkem Handgelenk zeigte drei Uhr zwanzig.
    Papanin, der völlig auf der falschen Spur war und immer noch glaubte, kurz vor der Entlarvung des Geldboten zu sein, der den jüdischen Untergrund finanzierte – tatsächlich hatte Michael Gorow nicht die geringste Beziehung zu dieser zwielichtigen Organisation gehabt –, hatte noch genau vierzig Minuten, um Gorows Widerstand zu brechen. In vierzig Minuten würde es in Leningrad vier Uhr sein und erst Mitternacht auf Nordpol 17. In vierzig Minuten würde Michael Gorow auf das Packeis verschwunden sein.
    »Wir wollen noch mal wiederholen«, sagte Papanin. »Nur um sicherzugehen, daß ich alles richtig verstanden habe. Fangen Sie damit an, daß Sie in den Park gingen.«
    Noch mal wiederholen – in Gorows Kopf drehte sich alles. In einem alten schrottreifen Wolga war er vom Flughafen hergebracht worden. Kramer hatte ihn ohne Mantel und bei offenem Fenster fahren lassen. Dabei war Gorow stark unterkühlt worden. Es war eine Idee Papanins: Plötzlich extreme Temperaturänderungen setzen die menschliche Widerstandskraft herab. Er hatte sich das überheizte Cockpit im Flugzeug vorgestellt, dann den halberfrorenen Gorow während der Fahrt vom Flughafen, und jetzt ließ er ihn wieder schmoren. Gorows Magen war leer, seine Nerven zerrüttet; und er war kaum noch zu irgendwelchen Gedanken fähig, als Papanin wiederholte: »Erzählen Sie alles noch mal von vorn.«
    Gorow wußte nicht mehr, wie oft er alles schon erzählt hatte. Er versuchte, es herunterzuleiern wie einen Katechismus, während er fühlte, wie die Hitze des Ofens auf seinem Rücken brannte. »Ich ging in den Park.«
    »Warum?«
    »Ich war auf dem Weg zu den Docks.«
    »Sie gingen also geradewegs über den Newski-Prospekt. Das ist der direkte Weg.«
    »Ich ging über den Newski-Prospekt…« Seine Stimme war monoton, wie die eines Kindes, das Auswendiggelerntes hersagt.
    »Das haben Sie nicht getan! Sie gingen in den Park! Warum?« Sie kamen zu dem Punkt, wo der Fußgänger auf dem Eis ausgerutscht war, und Papanin stellte die gleiche Frage, die er seit Gorows Ankunft immer wieder gestellt hatte. »Wir wollen seinen Namen wissen«, wiederholte der Sibirier. »Darum geht es. Wir wollen seinen Namen wissen…«
    »Ich weiß den Namen des Amerikaners nicht…«
    Gorow brach ab. Sofort war ihm klar, daß ihm ein fataler Fehler unterlaufen war. Papanin ließ ihn seinen Schrecken eine Minute lang ausschwitzen. Sie hatten Gorow gegenüber nichts davon erwähnt, daß Winthrop Amerikaner war; und Winthrops Kleidung hatte ihn aussehen lassen wie einen Russen. Und Winthrop hatte mit dem Seemann nicht gesprochen. Gorow hatte das immer wieder betont. »Bringt ihn nach unten«, sagte Papanin. Er wartete ab, bis er mit Kramer allein war. »Finden Sie heraus, was er weiß – schnell.«
    Da ihr Opfer Seemann war und da der Alptraum eines jeden Seemannes das Ertrinken ist, wandten sie die Wassermethode an.
    Im Keller, der ebenso eiskalt wie Papanins Zimmer glühend heiß war, fesselten sie Gorow auf eine verstellbare Liege und banden ihm die Augen zu. Er lag flach ausgestreckt auf dem Rücken. An Hals, Handgelenken und Beinen hatte man ihn an die Liege geschnallt. Irgendwo außerhalb seines Blickfeldes schwappte Wasser in einem

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