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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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sah er sich um. Nichts entging ihm; Die Trostlosigkeit der sowjetischen Basis beeindruckte ihn. Etwa fünfhundert Meter in jeder Richtung war das Eis verhältnismäßig flach; aber dahinter lag der gefrorene Strudel des Packeises, ein höllisches Chaos von aufeinandergetürmtem Eis.
    »Diesen Ort hier wird’s nicht mehr lange geben«, bemerkte er.
    Anders als auf den amerikanischen Forschungsstützpunkten, wo die Piste immer abseits des Lagergeländes angelegt wurde, standen die schneebedeckten Fertigbaracken auf Nordpol 17 kaum dreißig Meter von der improvisierten Piste entfernt. Die kleine Siedlung wurde von einem dreißig Meter hohen Radarmast beherrscht, auf dessen Spitze die flügelförmige, nach allen Seiten drehbare Richtantenne steckte. Der Sibirier gab Kramer kurze Instruktionen und wandte sich dann Minsky zu, der über das Eis zurückgelaufen war.
    »Kaum ein Nadelkopf auf dem Radarschirm«, keuchte Minsky, dessen Brillengläser beschlagen waren. »Als das amerikanische Flugzeug Sie gesehen hat, ist es direkt nach Grönland zurückgeflogen!« Aus seinem Mund klang es wie ein Triumph. Papanin streckte seine Hand aus und schob die Schneebrille über Minskys Stirn.
    »In einer solchen Nacht brauchen Sie diese Dinger nicht – oder dachten Sie, Sie steckten in einem Schneesturm? Haben die Hubschrauber Gorow gefunden? Haben Sie ihn zurückgebracht? Haben Sie die Schneepanzer ausgeschickt? Haben Sie überhaupt irgend etwas Sinnvolles getan?«
    »Gorow ist noch nicht gefunden worden…«, Minskys Stimme verriet Nervosität. »Es wird noch gesucht…«
    »Aussteigen!«
    Papanin brüllte den Befehl zum Flugzeugausgang hinauf und ging mit großen Schritten über die Piste zum Lager. Jetzt, da keine Gefahr mehr bestand, daß ein amerikanisches Flugzeug beobachten konnte, wer oder was dem Bison entstieg, machte er sich nicht mehr die Mühe, zu den bewaffneten Männern zurückzuschauen, die einer nach dem anderen die Leiter herabkletterten. Und jetzt, da der Sibirier sich außerhalb Rußlands befand, hatte er wieder das Gefühl der Freiheit: Er hatte volle Befehlsgewalt, konnte sofortige Entscheidungen treffen, ohne daß Syrtow über seine Schulter schielte und blöde Vorschläge machte.
    Das exakte Datum, an dem der Sicherheitsdienst für besondere Aufgaben gegründet wurde, ist unbekannt; aber irgendwann im Jahre 1968 kam Breschnew zu der Überzeugung, daß das KGB für Auslandsaufgaben auf verlorenem Posten stand. Die Zersetzung hatte mit dem Tode Stalins eingesetzt – die repressivste Organisation der Welt, das KGB, sah sich selbst unter Druck gesetzt. Die Folter wurde verboten und durch Einrichtungen wie das Serbsky-Institut in Moskau * ersetzt. Bald wetteiferten die hohen KGB-Funktionäre miteinander darin, sich innerhalb der Gesetze zu bewegen. Diese Sinnesänderung paßte wunderbar zu Chruschtschows neuer liberaler Politik in Rußland, jedoch nicht im Ausland. Eine terroristische Organisation ohne Terror nimmt sich etwa so aus wie ein impotenter Mann im Bordell. Also wurde eine neue Organisation geschaffen.
    Der Sicherheitsdienst für besondere Aufgaben darf nur außerhalb der Sowjetunion eingesetzt werden – er hat keine Macht innerhalb ihrer Grenzen. Er darf jede Methode anwenden, seine Ziele zu erreichen, und da sein Operationsfeld sich auf fremde Territorien beschränkt, besteht keine Gefahr, daß er sich zu einem Monstrum aus wachsen könnte wie einst das KGB. Breschnew gestattete eine einzige Ausnahme von dieser Regel: Wegen der Judenfrage hatte Papanin gewisse Vollmachten innerhalb der Stadtgrenzen von Leningrad. Aber in dem Augenblick, in dem er Murmansk verlassen hatte, hatte der Sibirier das Spiel völlig in der Hand.
    »Was sollen diese Maschinen – warum sind sie nicht in der Luft?« schnauzte Papanin. Wild gestikulierend zeigte er in die Richtung der sechs Hubschrauber, die jenseits der Piste abgestellt standen, um dem Bison die Bahn frei zu machen. Der kurzbeinige Minsky neben ihm trabte, um Schritt zu halten.
    »Sie sind gerade von der Gorki hier angekommen…«
    »Sie sollten in der Luft sein – und suchen! Wie lautet der letzte Wetterbericht?«
    »Der Nebel über Target 5 wird voraussichtlich anhalten. Er erschwert die Suche…«
    »Irrtum! Solange der Nebel anhält, können die Amerikaner Gorow nicht auf dem Luftwege in die Staaten bringen.«
    Sie kamen jetzt zu einer Gruppe von Baracken. Von ihren Dächern hingen meterlange Eiszapfen, die bis zum Frühling nicht schmelzen würden. »Sie

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