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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Eisfeld herüber. Nebelschwaden schwebten wie Dampfwolken über dem Eis und erschwerten die Sicht auf der Elroy. Schmidt stand neben dem Klarsichtfenster vorn an der Brücke und schaute abwechselnd auf das Deck hinunter und nach vorn. In beiden Fällen kein erfreulicher Anblick. Das Eis auf dem Vorpiek häufte sich nun schneller. Die frische Mannschaft hievte es über die vereiste Reling. Von dort polterte es auf das in der See treibende Eis hinunter – ein scheinbar hoffnungsloses Unternehmen. Die Temperatur lag bei fünfzig Grad unter Null.
    »Eisbären…«
    Von der Steuerbordseite der Brücke schaute Carlson auf den Kamm des nur einige hundert Meter entfernten Eiswalls, der so hoch war wie die Brücke selbst. Unten auf dem Vordeck blickten die Männer zu dem Wall über ihnen hinauf wie auf eine hohe Hauswand. Drei gelbliche, verschwommene Figuren starrten im Mondlicht auf sie herunter, drei Eisbären am Rande des Eisfeldes. Der Geruch der Abfälle, die der Koch vor einer Weile über Bord geworfen hatte, hatte sie angelockt.
    Die Motoren liefen jetzt gedrosselt mit einem regelmäßigen, kräftigen Dröhnen. Das beruhigte Schmidt. In ihrem Sprint zurück zum Norden waren sie vorher durch Motorstörungen aufgehalten worden. Was vor ihm lag, beruhigte ihn allerdings keineswegs. »Vance, ich glaube, Sie gehen besser eine Zeitlang in den Ausguck. Wir dürfen den Weg in das Eisfeld nicht verfehlen…«
    Widerstreben lag in seiner Stimme, als er den Befehl erteilte. Der Steuermann empfand zweifellos dasselbe Widerstreben, als er einige Minuten später die vereiste Leiter zu dem Beobachtungskorb hinaufkletterte, der auf dem dreißig Meter hohen Mast saß. Es war nicht gerade der gemütlichste Ort auf der Elroy – nicht bei einer Temperatur von fünfzig Grad Kälte und nicht bei aufziehendem Nebel. Der Ausguck auf dem Mastkorb der Elroy war nicht größer als zwei Telefonzellen, und Carlson spürte das ihm vertraute Gefühl der Klaustrophobie, als er sich auf den lederbezogenen Hocker setzte. Carlson war zweiunddreißig Jahre alt, genau wie Beaumont. Einen Tag bevor sein Schiff Milwaukee verließ, hatte er geheiratet. Er hatte bereits die Tage bis zur Heimkehr gezählt, als das Schiff umkehren mußte und wieder auf das Eisfeld zusteuerte. Der Steuermann – und der Kapitän ebenso – waren Beaumont deswegen nicht gerade freundlich gesinnt.
    Nach einem kurzen Blick durch die Windschutzscheibe zog Carlson den Kopfhörer über, rückte das Mikrophon unter seinem Kinn zurecht und nahm Verbindung mit der Brücke auf.
    »In Position, Sir. Ein großer Eisberg direkt vor uns.«
    »Den haben wir gesehen… Irgendeine Durchbruchstelle in Sicht?«
    »Gar keine, Sir. Alles massiv wie ein Berg.«
    »Weitersuchen.«
    Seltsamerweise empfand Carlson in dem Ausguck gleichzeitig so etwas wie Klaustrophobie und völlige Schutzlosigkeit, absolutes Ausgeliefertsein. Die Wände um ihn, die er mit ausgestrecktem Ellbogen berühren konnte, waren aus Panzerglas. Ihre Transparenz ließ ihn die Kälte noch stärker empfinden – falls das überhaupt noch möglich war. Auf der Brücke unten kam die Heizung nicht voll zur Wirkung; in dem Ausguck schien sie vollkommen wirkungslos zu sein; als ob sie sich auf halber Höhe des Mastes verflüchtigte.
    Aus seiner Höhe von dreißig Metern über dem Deck hatte Carlson einen Rundblick von Backbord nach Steuerbord und nach unten. Das Schiff schien sich kaum vorwärts zu bewegen, der Bug schlug gegen riesige, haushohe würfelförmige Schollen, die von dem Ausguck aus wie Zuckerwürfel aussahen. Die Flotte der Würfel teilte sich und glitt an beiden Seiten des Schiffes vorbei. Hinter ihnen türmte sich das Ungeheuer auf, dessen Spitze hoch über Carlsons Kopf lag, scheinbar bewegungslos, als ob es am Meeresboden verankert wäre. Aber der Eisberg war keineswegs verankert, sondern trieb südlich auf die Elroy zu, die nach Norden dampfte.
    Carlson schlug seine Hände mit den dicken Handschuhen zusammen und bewegte sich auf dem Stuhl hin und her, während er angestrengt nach allen Richtungen starrte. Über ihm kreiste regelmäßig die große Radarantenne und sendete warnende Echozeichen zum Radarschirm auf der Brücke. Auf der Steuerbordseite glitt der Eiswall vorbei. Die Eisbären waren schon lange verschwunden. Das rhombusförmige Deck war so sehr mit Eis überlagert, daß es vom Ausguck aus wie ein abgebrochenes Fragment des Eisfeldes aussah. Carlson drückte auf die Sendetaste. »Dichter Nebel kommt auf uns

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