Target 5
von etwa siebzig Metern über der Schlucht auf und verschwand. Sie rührten sich nicht, da sie nicht wußten, ob sie gesehen worden waren. Wenn ja, würde der Hubschrauber wiederkommen. Durch das Liegen auf dem Eis setzte die Erschöpfung bei jedem erst recht ein. Eingemummt in viele Lagen von Kleidung, lagen sie reglos da und hatten keine Lust, wieder aufzustehen. Sie beruhigten nur ihre zitternden Tiere. Sie froren erbärmlich. Ihr Widerstand war auf einem Tiefpunkt angelangt. Da die Maschine nicht zurückkehrte, kamen sie langsam wieder auf die Beine, und Grayson versuchte es noch einmal mit kläglicher Stimme.
»Keith, wir sollten eine Pause machen… Etwas essen…«
Beaumont schüttelte langsam den Kopf und horchte, ob er die Maschine hören konnte. Mühsam, unter äußerster Kraftanstrengung kletterte er den nächsten Eiswall hinauf und rutschte mehrmals zurück, bevor er den Kamm erreichte. Es war Zeit, wieder einmal das vor ihnen liegende Gelände zu sondieren. Als er oben angelangt war, schlug er fast hintenüber, gewann aber das Gleichgewicht zurück. Er putze die Linse seines Nachtfernglases, stützte sich auf die Ellbogen und hob das Glas an seine müden Augen. Er konnte sehr weit sehen, weit in die Ferne. Er überflog den dunstigen Horizont und senkte dann das Glas ein wenig. Regungslos starrte er lange durch das Glas. Endlich setzte er es ab und sah in die Schlucht herunter. »Ich glaube, ihr kommt am besten herauf«, sagte er ruhig.
»Nun?« erkundigte sich Papanin.
»Noch nichts.« Wronski schloß die Barackentür. »Ich bin eben zurückgekommen – es sieht hoffnungslos aus.«
»Hoffnungslos haben Sie gesagt?« Papanin erhob sich langsam von seinem Stuhl, und Kramer, der ihn gut kannte, trat unwillkürlich einen Schritt von dem Sibirier zurück. »Sie sind ein Schlappschwanz, Wronski. Sie sind nicht geeignet, ein Kommando zu führen. In diesem Spiel gewinnt derjenige, der am längsten durchhält. Ich werde Ihren Rang überdenken müssen, wenn diese Aktion vorbei ist. Sie wollten essen gehen? Schreiben Sie diese Mahlzeit in den Wind, Wronski – Sie gehen an Bord des nächsten Hubschraubers, der startet.«
Er wartete, bis der Mann gegangen war. »Wenn sie die Elroy erreichen, wird es schwierig werden, Kramer«, äußerte er dann.
Der Balte war verdutzt. Es war das erste Mal, daß Papanin auch nur in Erwägung zog, daß Beaumont das Schiff überhaupt erreichen könnte. »Schwierig?« fragte er. »Unmöglich sogar in diesem Moment, wo Gorow an Bord eines amerikanischen Schiffes geht…«
»Nicht unmöglich, aber wohl schwierig.« Die Stimme des Sibiriers war verdächtig gelassen. »Die ganze Sache würde allmählich eine andere Größenordnung annehmen. Unsere Leute zu Hause würden anfangen, sich Sorgen zu machen, weil der Besuch des amerikanischen Präsidenten im Mai in Moskau bevorsteht.«
»Wir könnten noch Glück haben…«
»Ich schaffe mir mein eigenes Glück!« Papanins Faust donnerte auf den Tisch, der jetzt leer war: Das Reiseschachspiel steckte in seiner Tasche. »Wir ändern unsere Taktik«, knurrte er. »Von nun an suchen wir das Gebiet nördlich der Elroy ab – wir werden sie schnappen, wenn sie über das Eis kommen. Wenn eine Maschine unsere Beute findet, soll sie so nah wie möglich landen – ganz egal, wie schlecht das Eis unter ihnen ist.«
»Und wenn die Männer bei Gorow Widerstand leisten?«
»Für die sorgt der zweite Befehl, den Sie sofort durchgeben werden. Geben Sie ihn persönlich an jeden Zugführer der bewaffneten Gruppen weiter – der Pilot darf ihn nicht mitkriegen. Wir wollen die Männer, die bei Gorow sind, nicht haben – sie sind uns nur peinlich. Sie müssen verschwinden. Vergraben Sie ihre Leichen unter dem Eis – oder, wenn eine offene Rinne in der Nähe ist, lassen Sie sie hineinfallen. Die Hunde müssen ebenfalls getötet werden – vergiftetes Fleisch wäre am besten. Auch die Schlitten müssen weg. Spätestens bis Mitternacht, Kramer! Noch besser früher…«
Es muß eine Fata Morgana sein, dachte Beaumont, als er es das erste Mal im Fernglas gesehen hatte. Das Bild verschwamm, verschwand wieder völlig und erschien wieder, als er die Linsen auf ihre ursprüngliche Einstellung zurückdrehte. Er rief die Männer unten in der Schlucht zu sich. Langer erreichte ihn zuerst. Er hatte aus Beaumonts Stimme etwas herausgehört und war, so schnell er konnte, die Eiswand hinaufgeklettert. Er ließ sich neben den Engländer auf den Kamm
Weitere Kostenlose Bücher