Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
unter ihm in nutzlosem Angriff vorbeischoß.
So lernte Tarzan durch Erfahrung die Grenzen wie auch die Möglichkeiten seiner seltsamen Waffe einzuschätzen.
Bei dieser Gelegenheit ging ihm sein langes Seil verloren, aber ihm war klar: Hätte Sabor ihn so von seinem Hochsitz gerissen, so wäre die Sache möglicherweise ganz anders ausgegangen, hätte er bei diesem Unterfangen bestimmt das Leben eingebüßt.
Er brauchte mehrere Tage, um ein neues Seil zu winden, aber als er es schließlich fertig hatte, ging er damit ganz bewußt auf Jagd und legte sich im dichten Laub eines dicken Astes genau über dem ausgetretenen Pfad auf Lauer, der zum Wasser führte.
Er ließ einige kleinere Tiere unbehellig unter sich vorbeiziehen, da er es nicht auf solch unbedeutendes Wild abgesehen hatte.
Schließlich erschien sie, auf die Tarzan wartete. Geschmeidige Sehnen bewegten sich unter einem glänzenden Fell. Glatt und wohlgenährt trat sie hervor – Sabor, die Löwin.
Ihre großen, weichen Pranken tappten sanft und lautlos den schmalen Weg entlang. Sie hob den Kopf in stets gespannter Aufmerksamkeit, ihr langer Schweif vollführte abgerundete, graziöse Wellenbewegungen.
Immer näher kam sie der Stelle, wo Tarzan von den Affen auf dem Ast hockte, die Schlingen seines langen Seils wurfbereit in der Hand.
Wie eine Bronzefigur saß er regungslos, während Sabor unter ihm hindurchlief. Sie tat einen Schritt, dann einen zweiten, dritten, da schwebte die Seilrolle lautlos zu ihr herab.
Einen Augenblick hing die sich weitende Schlinge wie eine große Schlange über ihrem Kopf, und als sie nach oben blickte, um zu ergründen, wo das surrende Geräusch herrührte, legte sie sich um ihren Hals. Tarzan zog sie mit einem jähen Ruck um die glänzende Kehle der Löwin fest, gab dann Seil nach und hielt es zu seiner Unterstützung mit beiden Händen fest.
Sabor saß in der Falle.
Mit einem jähen Satz wollte sie im Dschungel verschwinden, aber Tarzan dachte nicht daran, ein weiteres Seil auf dieselbe Weise zu verlieren wie das erste. Er hatte aus der Erfahrung gelernt. Die Löwin wollte gerade zu einem zweiten Sprung ansetzen, als sie spürte, wie sich die Schlinge um ihren Hals zuzog. Sie drehte sich in der Luft um die eigene Achse und fiel schwer aufschlagend rücklings zu Boden. Tarzan hatte das andere Ende des Seils nämlich am Stamm des großen Baumes festgebunden, auf dem er saß.
Sein Plan war so weit prächtig gediehen, aber als er das Seil ergriff und sich hinter einer Astgabel einstemmte, mußte er entdecken, daß es eine ganz andere Sache war, dieses kraftvolle, sich mit Krallen und Zähnen wehrende, vor Wut fauchende Muskelpaket am Baum hinaufzuziehen und aufzuhängen.
Sabor wog unerhört viel, und wenn sie die riesigen Pranken irgendwo einkrallte, hätte höchstens Tantor, der Elefant, sie von der Stelle bewegen können.
Die Löwin stand nun wieder auf dem Weg, von wo aus sie den Urheber der Schmach, die ihr zugefügt worden war, sehen konnte. Brüllend vor Wut griff sie plötzlich an und sprang hoch in die Luft auf Tarzan zu. Aber als ihr großer Körper gegen den Ast schlug, auf dem er gesessen hatte, war dieser schon nicht mehr da.
Stattdessen hockte er federleicht auf einem kleineren Zweig zwanzig Fuß über seiner wütenden Gefangenen. Einen Augenblick lang hing Sabor halb über dem Ast, während Tarzan sie verspottete und ihr dünne Zweige und Äste ins ungeschützte Gesicht warf.
Da ließ sich die Bestie wieder zu Boden fallen. Tarzan wollte schnell nach dem Seil greifen, doch Sabor hatte inzwischen herausgefunden, daß nur eine dünne Leine sie hielt, nahm sie zwischen ihre mächtigen Kiefer und zertrennte sie, noch ehe Tarzan die würgende Schlinge ein zweites Mal zuziehen konnte.
Er war tief gekränkt. Sein wohldurchdachter Plan war gescheitert, und so blieb ihm nur, weiter dort oben zu hocken, die tobende Kreatur unter sich anzuschreien und ihr Grimassen zu schneiden.
Stundenlang wanderte Sabor unter dem Baum hin und her. Viermal duckte sie sich und sprang zu dem umherhüpfenden Kobold über ihr hoch, aber ebensogut hätte sie nach dem unsteten Wind greifen können, der in den Wipfeln raunte.
Schließlich war Tarzan des Spaßes müde. Mit einem herausforderndem Abschiedsgebrüll und einer wohlgezielten reifen Frucht, die weich und klebrig im wutfauchenden Gesicht seiner Feindin zerplatzte, schwang er sich hundert Fuß über dem Erdboden rasch durch die Bäume und war kurze Zeit später wieder bei seinen
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