Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
Affe jetzt das Menschenkind vor sich hatte, das zwischen ihm und Kala stand.
Nichts kam der Bestie gelegener, und mit triumphierendem Gebrüll fiel er über den kleinen Lord Greystoke her. Doch seine Eckzähne drangen nie in dessen nußbraunes Fleisch.
Eine muskulöse Hand schoß nach vorn und packte den behaarten Hals, und eine andere stieß ein scharfes Jagdmesser mehrere Male in Tublats breite Brust. Diese Stöße erfolgten blitzartig und hörten erst auf, als Tarzan spürte, wie der schlaffe Körper vor ihm zusammensackte.
Als er zu Boden gefallen war, setzte Tarzan von den Affen seinem Todfeind, der ihn sein Leben lang verfolgt hatte, den Fuß ins Genick, blickte zum Vollmond empor, warf ungestüm sein junges Haupt zurück und stieß den wilden und furchteinflößenden Ruf seines Volkes aus.
Nacheinander ließen sich die Stammesmitglieder von ihrer Zuflucht in den Baumwipfeln herunterfallen und bildeten einen Kreis um Tarzan und seinen besiegten Feind. Als alle beisammen waren, wandte er sich zu ihnen.
»Ich bin Tarzan«, rief er. »Ich bin ein großer Töter. Mögen alle Tarzan von den Affen und Kala, seiner Mutter, mit Achtung begegnen. Es soll niemanden unter euch geben, der so mächtig wie Tarzan ist. Mögen seine Feinde sich in acht nehmen.«
Der junge Lord Greystoke blickte Kerchak gerade in die bösen, roten Augen, hämmerte sich mit den Fäusten auf die mächtige Brust und stieß noch einmal den schrillen, herausfordernden Schrei aus.
Der Jäger in den Wipfeln
Am Morgen nach dem Dum-Dum zog das Affenvolk gemächlich durch den Wald wieder zur Küste.
Tublat blieb liegen, wo er lag, denn Kerchaks Volk verzehrte die eigenen Toten nicht.
Der Marsch war nichts anderes als eine geruhsame Nahrungssuche. Sie fanden Gemüsepalmen, Scharlachpflaumen, Paradiesfeigen und andere Leckerbissen in Hülle und Fülle, dazu wilde Ananas, gelegentlich kleinere Säugetiere, Vögel, Eier, Kriechtiere und Insekten. Nüsse knackten sie mit ihren kräftigen Kiefern oder, falls sie zu hart waren, zwischen Steinen.
Einmal kreuzte die alte Sabor ihren Weg und schickte sie eilends in die Sicherheit der oberen Äste, denn wenn sie auch vor ihrer Anzahl und den scharfen Eckzähnen Respekt hatte, war die Affenschar von Sabors grausamer und gebieterischer Wildheit nicht minder beeindruckt.
Tarzan saß auf einem tief herabhängenden Zweig direkt über dem majestätischen, geschmeidigen Körper der Löwin, als dieser sich lautlos durch den dichten Dschungel zwängte. Er schleuderte eine Ananas nach der alten Feindin seines Volkes. Das große Tier blieb stehen, wandte sich um und musterte die seiner spottende Gestalt über sich.
Zornig mit dem Schwanz die Flanken peitschend, bleckte sie die gelben Zähne, schürzte widerlich knurrend die dicken Lippen, so daß sich die schnurrbärtige Schnauze mit dichtstehenden Falten überzog, und verengte die bösen Augen zu zwei schmalen Schlitzen, die Haß und Wut sprühten.
Mit anliegenden Ohren blickte sie Tarzan von den Affen gerade in die Augen und ließ ihren furchteinflößenden durchdringenden Kampfesruf erschallen.
Vom sicheren Ort des überhängenden Astes antwortete das Affenkind in der trotzigen Art seiner Gattung.
Einen Augenblick lang musterten die zwei sich schweigend, dann wandte sich die große Katze dem Dschungel zu, der sie verschluckte, wie der Ozean einen ihm zugeworfenen Kieselstein verschwinden läßt.
Doch in Tarzans Kopf reifte ein gewaltiges Vorhaben. Er hatte den furchtbaren Tublat getötet, war er demnach nicht ein mächtiger Kämpfer? Nun würde er die verschlagene Sabor aufspüren und sie gleichfalls erlegen. Er wollte auch ein mächtiger Jäger werden.
Tief in seinem Herzen regte sich der große Wunsch, seine Blöße mit Kleidung zu bedecken, denn er hatte den Bilderbüchern entnommen, daß alle Menschen so verhüllt waren, während Meerkatzen und Affen sowie jedes andere lebende Wesen nackt umherliefen.
Demnach mußte Kleidung ein wahrhaft gültiges Zeichen für Erhabenheit sein; die Insignien für die Überlegenheit des Menschen über die anderen Tiere. Welchen anderen Grund sollte es sonst geben, das häßliche Zeug zu tragen?
Vor vielen Monden, als er viel kleiner war, hatte er sich das Fell von Sabor, der Löwin, oder Numa, dem Löwen, oder Sheeta, dem Leoparden, gewünscht, um seinen unbehaarten Körper zu verhüllen, so daß er nicht länger der häßlichen Schlange Histah glich; jetzt aber war er stolz auf seine glatte
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