Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
Schritte rechts von ihm sogar jetzt noch folgte.
Clayton hörte, daß ein mächtiger Körper parallel zu ihm durch den Wald brach, und jetzt stieg auch das donnernde Gebrüll dieser Bestie in die abendliche Luft. Der Mensch blieb mit erhobenem Speer stehen und blickte auf den Busch, aus dem das markerschütternde Brüllen kam. Die Schatten verdichteten sich, Dunkelheit setzte ein.
O Gott! Hier allein zu sterben, von den Zähnen dieser wilden Bestien zerfleischt und zerrissen zu werden! Den heißen Atem des Tieres im Gesicht zu spüren, während die große Pranke seine Brust niederdrückte!
Einen Moment war alles still. Clayton stand reglos, mit erhobenem Speer. Kurz darauf sagte ihm ein schwaches Rascheln des Busches, daß sich etwas unbemerkt heranstahl. Es duckte sich zum Sprung. Schließlich sah er ihn, keine zwanzig Fuß entfernt – den langen, geschmeidigen, muskulösen Körper und den dunkelbraunen Kopf eines riesigen Löwen mit schwarzer Mähne.
Das Tier lag fast auf dem Bauch und bewegte sich ganz langsam vorwärts. Als sein Blick dem Claytons begegnete, verharrte es und zog die Hinterbeine bedächtig unter sich.
Der Mensch sah in Todesangst zu, zu furchtsam, den Speer zu werfen, außerstande, zu fliehen.
Er vernahm ein Geräusch in dem Baum über ihm. Eine neue Gefahr, dachte er, wagte jedoch nicht, den Blick von den gelbgrünen Augen zu wenden. Dann folgte ein scharfes Surren, als reiße eine Banjosaite, und im gleichen Augenblick steckte auch schon ein Pfeil im gelben Fell des kauernden Löwen.
Die Bestie sprang mit einem Gebrüll, das Schmerz und Wut ausdrückte. Clayton brachte es irgendwie fertig, zur Seite zu stolpern, und als er sich umwandte, um dem ergrimmten König der Tiere wieder ins Auge zu sehen, war er entsetzt über den Anblick, der sich ihm bot. Fast im gleichen Moment, als der Löwe sich umwandte, um den Angriff zu erneuern, ließ sich ein halbnackter Hüne aus dem Baum darüber genau auf seinen Rücken fallen.
Ein von mächtigen Muskelsträngen umspannter Arm schlang sich blitzartig um den riesigen Hals der Bestie, die plötzlich von hinten hochgehoben wurde, brüllte und mit den Pranken die Luft zerteilte. Sie wurde so leicht aufgehoben, wie Clayton einen Schoßhund auf den Arm genommen hätte.
Dieses Schauspiel im Zwielicht des tiefen afrikanischen Dschungels brannte sich auf ewig in das Gedächtnis des Engländers ein.
Der Mensch vor ihm war die Verkörperung physischer Vollkommenheit und riesenhafter Stärke; doch nicht darauf hatte er sich bei seinem Kampf mit der großen Katze verlassen, denn so kraftvoll seine Muskeln auch waren, niemals hätten sie sich mit denen Numas messen können. Er verdankte seine Überlegenheit der Gewandtheit, seinem Gehirn und dem langen, scharfen Messer.
Während er den Hals des Löwen mit dem rechten Arm umfaßte, stieß er mit der linken Hand das Messer immer wieder in die ungeschützte Flanke hinter der linken Schulter. Das ergrimmte Tier krümmte den Rücken und richtete sich nach hinten auf, bis es auf den Hinterbeinen stand und in dieser unnatürlichen Haltung ohnmächtig um sich schlug.
Hätte der Kampf einige Sekunden länger gedauert, so wäre er möglicherweise anders ausgegangen, aber alles vollzog sich so schnell, daß dem Löwe keine Zeit blieb, seiner Verwirrung und Überraschung zu überwinden, er vielmehr schon leblos zu Boden sank.
Dann stellte sich das seltsame Wesen, welches das Tier besiegt hatte, auf den toten Körper, warf den schönen, wilden Kopf zurück und stieß jenen furchterregenden Schrei aus, der Clayton vor einigen Augenblicken so erschreckt hatte.
Er sah die Gestalt eines jungen Mannes vor sich, der bis auf ein Lendentuch und einige barbarische Schmuckstücke an Armen und Beinen völlig nackt war. Auf seiner Brust blitzte ein wertvolles, mit Diamanten besetztes Medaillon auf der glatten, braunen Haut.
Der Mann hatte das Jagdmesser wieder in die selbstgefertigte Scheide gesteckt und hob Bogen und Köcher auf. Er hatte beides fallen lassen, als er zum Angriff auf den Löwen ansetzte.
Clayton sprach den Fremden auf englisch an, dankte ihm für seine tapfere Rettungstat und äußerte sich beifällig über die erstaunliche Körperkraft und Geschicklichkeit, die er gezeigt hatte, aber die einzige Antwort war ein steter Blick und ein schwaches Zucken der mächtigen Schultern, das man als Herunterspielen der erwiesenen Hilfeleistung oder Unkenntnis von Claytons Sprache auffassen konnte.
Als der wilde Mensch –
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