Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
nach hinten bog und ihm einen Schlag nach dem anderen in das nach oben gewendete Gesicht versetzte. Einen Augenblick später ließ er das nun reglose Etwas zu Boden gleiten, dann stand er auf, schüttelte sich wie ein Löwe, setzte einen Fuß auf den toten Körper vor ihm und hob den Kopf, um den Siegesruf seiner Gattung auszustoßen, aber als sein Blick auf die Öffnung über ihm fiel, die in den Tempel der Menschenopfer führte, ließ er von seinem Vorhaben ab.
Die Frau hatte, halb gelähmt vor Angst, zugesehen, wie die zwei Männer kämpften, und begann jetzt erst zu überlegen, welches Schicksal ihr wohl bevorstand; denn nachdem sie den Klauen eines Wahnsinnigen entronnen war, war sie jemandem in die Hände gefallen, den sie selbst erst kurz zuvor hatte töten wollen. Sie suchte nach einem Fluchtweg. Die schwarze Einmündung eines abzweigenden Ganges war greifbar nahe, aber als sie hineintauchen wollte, sah der Affenmensch sie gerade an und war mit einem Satz an ihrer Seite. Er packte sie am Arm und hielt sie zurück.
»Warte!« sagte er in der Sprache des Stammes von Kerchak.
Die Frau sah ihn überrascht an.
»Wer bist du, der du die Sprache des ersten Menschen sprichst?« wisperte sie.
»Ich bin Tarzan von den Affen«, antwortete er in der Sprache der Menschenaffen.
»Was willst du von mir?« fragte sie weiter. »Zu welchem Zweck hast du mich vor Tha gerettet?«
»Sollte ich mit ansehen, wie eine Frau ermordet wurde?« fragte er als Antwort.
»Und was willst du jetzt mit mir tun?« forschte sie weiter.
»Gar nichts«, erwiderte er. »Aber du kannst etwas für mich tun – du kannst mich von diesem Ort weg in die Freiheit führen.« Er trug dieses Ansinnen in der Überzeugung vor, daß sie ohnedies nicht einwilligen würde, denn er war sich ziemlich sicher, daß die Opferhandlung, ginge es nach der Hohenpriesterin, von dem Punkt an weitergehen werde, an dem sie unterbrochen worden war. Andererseits sagte er sich, daß sie den von den Fesseln befreiten und mit einem langen Dolch bewaffneten Tarzan als weit weniger gefügiges Opfer ansehen müßten, als wenn er noch entwaffnet und gefesselt wäre.
»Du bist ein ganz erstaunlicher Mensch«, sagte sie. »Du bist so ein Mann, wie ich ihn mir schon als kleines Mädchen erträumt habe. Du bist so ein Mann, wie in meiner Vorstellung die Vorfahren meines Volkes gewesen sein müssen – jene große Menschenrasse, die diese mächtige Stadt im Herzen einer Wildnis errichtete, damit sie der Erde den märchenhaften Reichtum entreißen konnte, für den sie ihre weit entfernte Zivilisation aufgegeben hatte.
Zunächst konnte ich nicht verstehen, warum du mich gerettet hast, und nun begreife ich nicht, warum du dich nicht an mir rächen willst, nachdem ich dich zum Tode verurteilt habe – und dieses Urteil beinahe eigenhändig vollstreckt hätte. Schließlich befinde ich mich in deiner Macht.«
»Ich glaube, du bist nur den Lehren deiner Religion gefolgt«, erwiderte er. »Das kann ich dir nicht vorwerfen, ganz gleich, was ich über deinen Glauben denke. Aber wer seid ihr – welchem Volk bin ich in die Hände gefallen?«
»Ich bin La, Hohepriesterin des Tempels der Sonne in der Stadt Opar. Wir sind Nachfahren eines Volkes, das vor Zehntausenden von Jahren auf der Suche nach Gold in diese Wildnis kam. Seine Städte erstreckten sich von einem großen Meer unter der aufsteigenden Sonne zu einem großen Meer, in das die Sonne nachts hinabsteigt, um ihre feurige Stirn zu kühlen. Sie waren sehr reich und sehr mächtig, aber sie lebten nur einige Monate des Jahres hier in ihren prächtigen Palästen. Die übrige Zeit verbrachten sie in ihrem Heimatland weit, weit im Norden.
Viele Schiffe fuhren zwischen dieser neuen Welt und der alten hin und her. Während der Regenzeit blieben nur wenige Bewohner hier, lediglich diejenigen, die die Arbeit der schwarzen Sklaven in den Goldminen überwachten, und die Kaufleute, die hierbleiben mußten, um sie mit den nötigen Waren zu versorgen, sowie Soldaten, die die Städte und Goldminen bewachten.
Einmal brach dann das große Unheil herein. Als die Zeit kam, da die Abertausende zurückkehren sollten, warteten die Menschen hier wochenlang vergebens. Dann sandten sie eine große Galeere aus, um herauszufinden, warum niemand aus dem Mutterland zurückkehrte, aber obwohl sie viele Monate lang segelten, konnten sie nicht die geringste Spur jenes mächtigen Landes entdecken, das unzählige Jahrhunderte lang ihre alte Zivilisation
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