Tarzan 03 - Tarzans Tiere
das nagende Bohren in seinem Bauch, das zu jeder anderen Zeit Anlaß gewesen wäre, dem nächstbesten schmackhaften Vierbeiner an die Kehle zu fahren.
Die Katze war die ganze Nacht einsam durch den Wald gestrichen und hatte am nächsten Tag nur kurz einmal innegehalten, um schnell ein Tier zu reißen und mit dumpfem, brummelnden Knurren zu verschlingen, als sei sie halb verhungert aus Mangel an Futter.
In der Dämmerung näherte sie sich einer Palisade, die ein großes Eingeborenendorf umgab. Sie umkreiste es wie der Schatten eines schnellen, lautlosen Todes, witterte dicht über dem Boden und blieb schließlich dicht am Zaun stehen, wo dieser fast an die Rückseite mehrere Hütten stieß. Das Tier witterte abermals kurz, wandte den Kopf nach einer Seite und lauschte mit aufgestellten Ohren.
Was es vernahm, waren keine Laute nach dem Standard menschlicher Ohren, doch die äußerst empfindlichen und feinen Organe des Tieres schienen seinem Gehirn eine bestimmte Botschaft zu übermitteln. Eine seltsame Transformation fand in der reglosen Masse von Knochen und Muskeln statt, die noch einen Augenblick zuvor statuenhaft dagestanden hatte wie aus Bronze gegossen.
Als hätten Stahlfedern es bis jetzt zurückgehalten, die plötzlich gelöst wurden, schnellte es lautlos auf die Palisade und verschwand leise und katzengleich im dunklen Raum zwischen Zaun und Rückwand der nächsten Hütte.
In der Dorfstraße dahinter hatten Frauen viele kleine Feuer entfacht und schleppten Kochtöpfe mit Wasser herbei, denn ein großes Festmahl sollte stattfinden, noch ehe die Nacht viele Stunden älter war. Bei einem soliden Pfahl nahe dem Mittelpunkt des Kreises lodernder Feuer stand eine kleine Gruppe schwarzer Krieger und unterhielt sich. Ihre Körper waren in grotesker Weise mit weißen, blauen und ockerfarbenen Streifen bemalt. Auch die Augen, Lippen, Brustwarzen und Bauchnabel waren von großen, bunten Kreisen umgeben, und aus der mit Lehm befestigten Haarpracht ragten bunte Federn und lange Drähte.
Das Dorf bereitete sich auf das Festmahl vor, während in einer Hütte auf der einen Seite des Schauplatzes der kommenden Orgie das gefesselte Opfer ihres bestialischen Appetits auf sein Ende wartete. Auf was für ein Ende!
Tarzan von den Affen spannte seine starken Muskeln und riß an den Fesseln, die ihn zur Unbeweglichkeit verdammten, aber sie waren auf Aufforderung des Russen mehrmals verstärkt worden, so daß nicht einmal die gigantische Kraft des Affenmenschen sie zerreißen konnte.
Der Tod!
Wie oft schon hatte er dem ›Schrecklichen Jäger‹ ins Antlitz gesehen und gelächelt. Auch heute nacht würde er lächeln, wenn er sicher war, daß das Ende kurz bevorstand. Jetzt aber dachte er nicht an sich, sondern an andere – an seine Lieben, die am meisten darunter leiden würden, daß er nicht mehr da war.
Zwar würde Jane die Umstände seines Endes nie erfahren. Dafür dankte er dem Himmel, und auch dafür, daß zumindest sie im Herzen der größten Stadt der Welt in Sicherheit war. Sicher unter ihresgleichen und liebenden Freunden, die ihr Bestes tun würden, um ihr Schicksal zu erleichtern.
Aber der Junge!
Tarzan krümmte sich bei dem Gedanken daran. Sein Sohn! Und er – der mächtige Herr des Dschungels, er, Tarzan, König der Affen, der Einzige in der ganzen Welt, der imstande war, das Kind aufzuspüren und vor dem grauenvollen Schicksal zu retten, das Rokoffs krankhaftes Gehirn sich ausgedacht hatte –, er war gefangen wie ein dummes Tier. In wenigen Stunden sollte er sterben, und mit ihm würde die letzte Möglichkeit beseitigt, das Kind zu retten.
Rokoff war im Laufe des Nachmittags mehrmals hereingekommen, um ihn zu beschimpfen und zu verhöhnen, doch dem hünenhaften Gefangenen war kein einziges Wort des Protests oder ein Murmeln des Schmerzes über die Lippen gekommen.
Daraufhin hatte Rokoff es aufgegeben und sich jenes ganz besonders abgefeimte und erlesene Stück geistiger Tortur für den letzten Moment aufgehoben. Kurz bevor die Speere der wilden Kannibalen den Gegenstand seines Hasses für weiteres Leiden unempfindlich machen würden, wollte er seinem Feind den wahren Aufenthaltsort seiner Gattin enthüllen, die Tarzan sicher in England wähnte.
Die Abenddämmerung hatte sich auf das Dorf gesenkt, und der Affenmensch konnte die Vorbereitungen für die Folter und das Festmahl hören. Vor seinem geistigen Auge sah er den Tanz des Todes – hatte er ihn doch in der Vergangenheit oft genug gesehen. Diesmal
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