Tarzan 03 - Tarzans Tiere
dieses kleinen, zarten, hilflosen Geschöpfes wegen in dieser Nacht glücklicher als all die von Ängsten erfüllten Tage zuvor.
Obwohl sie nicht wußte, welchem Schicksal sie entgegenging, oder wie schnell das Unheil sie einholen würde, war sie glücklich und dankbar für diesen Moment, da sie ihr Kind in den Armen hielt, wie kurz er auch sein würde. Sie konnte den Tagesanbruch kaum erwarten, damit sie sich wieder am Anblick des freundlichen Gesichtchens ihres kleinen, schwarzäugigen Jack weiden konnte.
Immer wieder versuchte sie, mit den Augen die Schwärze der Dschungelnacht zu durchdringen, um wenigstens einen kurzen Blick auf die geliebten Gesichtszüge zu werfen, doch konnte sie nur die verschwommenen Umrisse seines Antlitzes erkennen. Dann drückte sie das warme, kleine Bündel wieder fest an ihr klopfendes Herz.
Es mußte kurz vor drei Uhr morgens sein, als Anderssen vor einer kleinen Lichtung, auf der sie im schwindenden Mondlicht undeutlich einige von einem Dornenzaun umgebene Eingeborenenhütten erkennen konnte, den Bug des Bootes dem Ufer zulenkte.
Der Schwede rief mehrmals, ehe aus dem Dorf eine Antwort ertönte, und das auch nur, weil man ihn erwartet hatte, so fürchten die Eingeborenen Stimmen aus nächtlicher Dunkelheit. Er half Jane Clayton mit dem Kind ans Ufer, band das Boot an einem kleinen Busch fest, nahm ihre Decken auf und führte sie zu dem Dornenzaun.
Eine Eingeborene, die Frau des Häuptlings, den Anderssen bezahlt hatte, damit er ihnen half, öffnete ihnen das Dorftor. Sie führte sie zur Hütte des Häuptlings, aber Anderssen erklärte, sie würden lieber im Freien schlafen; also überließ sie sie sich selbst, nachdem sie ihre Pflicht getan hatte.
Der Schwede erklärte Jane auf seine grobe Weise, die Hütten seien bestimmt schmutzig und voller Ungeziefer, breitete Janes Decke auf dem Boden aus, rollte etwas entfernt seine eigene auf und legte sich schlafen.
Es dauerte einige Zeit, ehe die junge Frau auf dem harten Erdboden einigermaßen bequem lag, aber schließlich sank sie, das kleine Kind in der Armbeuge, von den Aufregungen des Tages ermattet in tiefen Schlaf.
Als sie erwachte, war es heller Tag.
Um sie herum stand eine große Schar neugieriger Eingeborener, zumeist Männer, denn unter den Ureinwohnern sind sie es, bei denen diese Eigenschaft in übertriebener Form entwickelt ist. Instinktiv drückte Jane das kleine Kind fest an sich, obwohl sie bald erkannte, daß die Schwarzen nicht die geringste Absicht hegten, ihr ein Leid zuzufügen.
In der Tat bot einer von ihnen ihr eine Kürbisflasche voll Milch an – eine schmutzige Flasche mit rußgeschwärztem Rand und mehreren Rändern angetrockneter dicker Milch um die Öffnung, aber die Freundlichkeit des Spenders berührte sie tief, und ihr Gesicht erhellte sich kurz in jenem fast vergessenen strahlenden Lächeln, das so sehr zu ihrer Schönheit beitrug und für das sie in Baltimore und auch in London bekannt war.
Sie nahm die Kürbisflasche in eine Hand und hob sie an die Lippen, da sie den Spender nicht beleidigen wollte, obwohl sie nur unter großen Mühen die aufsteigende Übelkeit überwinden konnte, als sie das übelriechende Ding ihrer Nase näherte.
Anderssen kam ihr zu Hilfe, nahm ihr die Flasche ab, trank selbst davon und gab sie dem Eingeborenen mit einigen blauen Glasperlen als Geschenk zurück.
Die Sonne schien nun hell, und obwohl das Kind noch schlief, konnte Jane ihr ungeduldiges Verlangen kaum zurückhalten, zumindest einen kurzen Blick auf das geliebte Gesicht zu werfen. Die Eingeborenen hatten sich auf Anweisung ihres Häuptlings zurückgezogen, der nun etwas abseits stand und sich mit Anderssen unterhielt.
Während sie noch überlegte, ob es klug war, den Schlaf des Kindes zu stören, indem sie die Decke hob, die sein Gesicht vor den Sonnenstrahlen schützte, fiel ihr auf, daß der Koch sich mit dem Häuptling in der Negersprache unterhielt.
Was war er doch für ein erstaunlicher Mensch! Noch vor kurzem hatte sie ihn für unwissend und stupid gehalten, nun hatte sie binnen vierundzwanzig Stunden erfahren, daß er nicht nur Englisch und Französisch sprach, sondern auch den primitiven Dialekt der Westküste beherrschte.
Sie hatte ihn für durchtrieben, grausam und wenig vertrauenswürdig gehalten, doch nach dem zu urteilen, was sie bis jetzt erlebt hatte, war er in jeder Weise das genaue Gegenteil von der Person, die er noch am gestrigen Tag dargestellt hatte. Dennoch erschien es kaum glaubhaft,
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