Tarzan 04 - Tarzans Sohn
ein blühendes Dorf gestanden hatte, das aber jetzt düster und verlassen dalag und dem Verfall preisgegeben war.
In der Vegetation des Dschungels, die überwuchert hatte, was einst die Hauptstraße des Dorfes gewesen war, lag der Körper eines schwarzen Mannes. Eine Kugel hatte sein Herz durchbohrt, und er war noch warm. Baynes und sein Begleiter blickten in alle Richtungen, konnten jedoch nirgends Anzeichen von Lebewesen entdecken. Sie lauschten gespannt.
Was war das? Stimmen und das Patschen von Paddeln auf dem Fluß?
Baynes rannte durch das tote Dorf zum Rand des Dschungels am Flußufer. Der Schwarze blieb an seiner Seite. Zusammen bahnten sie sich einen Weg durch das sie verbergende Blattwerk, bis sie den Fluß überblicken konnten, und da sahen sie fast schon am anderen Ufer Malbihns Kanus schnell dem Camp zusteuern. Der Schwarze erkannte sofort seine Stammesgenossen.
»Wie kommen wir hinüber?« fragte Baynes.
Der Schwarze zuckte die Schultern. Ein Kanu war nicht vorhanden, und die Krokodile machten jeden Versuch, ins Wasser zu steigen und hinüberzuschwimmen, zu einem selbstmörderischen Unternehmen. Gerade da blickte der Bursche zufällig vor sich hin. Unter ihm lag, zwischen den Zweigen eines Baumes verkeilt, das Kanu, in dem Meriem entkommen war. Der Neger packte Baynes am Arm und wies auf seinen Fund. Der ehrenwerte Morison konnte einen lauten Freudenschrei kaum unterdrücken. Schnell hangelten sich die beiden an den überhängenden Zweigen ins Boot hinunter. Der Schwarze ergriff das Paddel, und Baynes schob sie unter dem Baum hervor. Eine Sekunde später schoß das Kanu in die Strömung des Flusses und steuerte das gegenseitige Ufer und das Camp des Schweden an. Baynes hockte am Bug und beobachtete gespannt, wie die Männer drüben die anderen Kanus das Ufer emporzogen. Er sah Malbihn aus dem Bug des ersten Bootes steigen. Er sah, wie er sich umwandte und über den Fluß zurückblickte. Und er konnte sehen, wie überrascht er war, als sein Blick auf das ihn verfolgende Kanu fiel, und wie er seine Begleiter darauf aufmerksam machte.
Er blieb am Ufer stehen und wartete, denn er sah nur ein Kanu mit zwei Männern darin – da drohte ihm und seinen Leuten kaum eine Gefahr. Malbihn stand vor einem Rätsel. Wer war dieser Weiße? Er erkannte ihn nicht, obwohl Baynes’ Kanu sich jetzt schon in Strommitte befand und die Leute am Ufer die Gesichtszüge beider Insassen deutlicher sehen konnten. Einer von Malbihns Schwarzen erkannte seinen Stammesgenossen in der Person von Baynes’ Begleiter. Da ahnte Malbihn, wer dieser weiße Mann war, obwohl er seinen Augen nicht traute. Die Vermutung, daß der ehrenwerte Morison Baynes ihm mit nur einem Begleiter durch den Dschungel nachgespürt war, übertraf jegliches Vorstellungsvermögen. Schließlich erkannte er ihn unter dem Schmutz und der zerfetzten Kleidung, und nun war es nur noch ein kleiner Schritt zu der Ahnung, welche Beweggründe Baynes, den Schwächling, den Feigling, veranlaßt hatten, seiner Spur durch den wilden Dschungel zu folgen.
Der Mann war gekommen, um von ihm Rechenschaft zu fordern und sich zu rächen. Es erschien unglaublich, doch konnte es keine andere Erklärung geben. Malbihn zuckte die Schultern. Nun, im Verlauf seiner langen, buntgescheckten Laufbahn hatten ihm noch ganz andere Leute aus ähnlichen Gründen nachgestellt. Er langte nach seinem Gewehr und wartete.
Nun war das Kanu in Hörweite vom Ufer entfernt.
»Was willst du?« rief Malbihn und hob drohend die Waffe.
Der ehrenwerte Morison Baynes sprang auf.
»Dich, du Hund!« schrie er, zog den Revolver und feuerte fast gleichzeitig mit dem Schweden.
Als die zwei Schüsse verhallt waren, ließ Malbihn das Gewehr fallen, faßte sich verkrampft an die Brust, taumelte und fiel zuerst auf die Knie, dann nach vorn auf sein Gesicht. Baynes stand einen Moment stocksteif, sein Kopf zuckte krampfhaft nach hinten, dann sank er sehr ruhig zusammen und blieb auf dem Boden des Bootes liegen.
Der schwarze Paddler wußte nicht recht, was er tun sollte. War Malbihn wirklich tot, dann konnte er weiterrudern und sich bedenkenlos seinen Stammesgenossen anschließen. War der Schwede jedoch nur verwundet, so war es für ihn sicherer, sich fern vom Ufer zu halten. Also zögerte er und blieb mit dem Kanu in Flußmitte. Er hegte inzwischen beträchtliche Hochachtung für seinen neuen Herrn und blieb von dessen Tod nicht unberührt. Als er die zusammengesunkene Gestalt im Bug des Bootes betrachtete,
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