Tarzan 04 - Tarzans Sohn
größer sei die Wahrscheinlichkeit, daß sie sie behalten könnten.
Meriem wurde abermals gefesselt und unter Bewachung gestellt, doch diesmal im Zelt der Schweden. Malbihn sprach mit ihr und versuchte, sie zu überreden, daß sie freiwillig mit ihnen ging. Er erzählte ihr, sie würden sie in ihr Heimatdorf zurückbringen. Als er jedoch entdeckte, daß sie lieber sterben als zu dem alten Scheich zurückkehren würde, versicherte er ihr, daß sie sie nicht dort abliefern würden. In der Tat hatten sie auch nicht die Absicht, dies zu tun. Während der Schwede mit dem Mädchen redete, weidete er sich am Anblick ihres schönen Gesichts und ihrer Gestalt. Sie war groß und gerade gewachsen und schlank geworden, seit er sie an jenem längst vergangenen Tag im Dorf des Scheichs gesehen hatte, und sie war gereift. Jahrelang war sie ihm in gewissem Sinn als märchenhafte Belohnung erschienen. In seinen Gedanken war sie nur die Verkörperung jener Vergnügungen und Freuden gewesen, die er mit vielen Francs erkaufen konnte. Als sie nun in all ihrer Lebenskraft und Lieblichkeit vor ihm stand, verwies sie ihn auf andere verführerische und verlockende Möglichkeiten. Er trat an sie heran und legte die Hand auf sie. Sie schreckte vor ihm zurück. Da packte er sie, um sie zu küssen, doch sie schlug ihn heftig auf den Mund. In dem Moment trat Jenssen ins Zelt.
»Malbihn, du Dummkopf!« schrie er fast.
Sven Malbihn ließ das Mädchen los und drehte sich nach seinem Gefährten um. Er lief rot an, weil man ihn ertappt hatte.
»Was zum Teufel machst du da?« knurrte Jenssen. »Willst du uns jede Möglichkeit, an das Lösegeld zu kommen, verbauen? Wenn wir sie mißhandeln, kassieren wir keinen einzigen Sou, außerdem würden sie uns für unsere Mühen noch ins Gefängnis stecken. Ich hätte geglaubt, du hast ein bißchen mehr Grips, Malbihn.«
»Ich bin schließlich nicht aus Holz«, brummte Malbihn.
»Besser wär’s schon, zumindest bis wir sie sicher abgeliefert und kassiert haben, was uns zusteht«, fuhr Jenssen fort.
»Zur Hölle damit!« rief Malbihn. »Was haben wir davon? Sie werden froh genug sein, sie zurückzuhaben, und bis wir mit ihr dort sind, wird sie von ganz allein schön den Mund halten. Warum also nicht?«
»Weil ich es sage«, antwortete Jenssen verdrossen. »Ich habe bisher immer dir die Entscheidung über die Dinge überlassen, Sven; aber hier liegt ein Fall vor, wo das getan wird, was ich sage – weil ich recht habe und du nicht, und das wissen wir beide.«
»Mein Gott, du bist auf einmal so verdammt tugendhaft geworden«, knurrte Malbihn. »Du glaubst wohl, ich habe die Sache mit der Gastwirtstochter vergessen, und die kleine Celella, und die Negerin in …«
»Halt’s Maul!« gab Jenssen barsch zur Antwort. »Das ist keine Sache der Tugend, und das weißt du ebenso gut wie ich. Ich will keinen Streit mit dir, aber so wahr mir Gott helfe, Sven, du wirst dem Mädchen nichts antun, und wenn ich dich umlegen müßte, um es zu verhindern. Während der letzten neun oder zehn Jahre habe ich soviel durchgemacht und geschuftet und wäre fast vierzigmal getötet worden beim Versuch, das zu erreichen, was das Schicksal uns nun endlich in den Schoß geworfen hat, und da lasse ich mir die Früchte des Erfolgs nicht nehmen, nur weil du zufällig mehr Tier als Mensch bist. Ich warne dich noch einmal, Sven!« Damit klopfte er auf den Revolver, der im Halfter an seiner Hüfte baumelte.
Malbihn warf seinem Freund einen häßlichen Blick zu, zuckte die Schultern und verließ das Zelt. Jenssen wandte sich an Meriem.
»Sollte er Sie noch einmal belästigen, dann rufen Sie mich«, sagte er. »Ich werde stets in Ihrer Nähe sein.«
Das Mädchen hatte das Gespräch zwischen ihren zwei Besitzern nicht verstanden, denn sie hatten Schwedisch geredet. Aber was Jenssen ihr jetzt auf arabisch gesagt hatte, erfaßte sie wohl, und daher konnte sie sich ein sehr gutes Bild machen, was zwischen den beiden vor sich gegangen war. Ihrer beider Mienenspiel, ihre Gesten und Jenssens abschließende drohende Geste mit dem Revolver, ehe Malbihn das Zelt verlassen hatte, waren nur zu beredt gewesen und hatten ihr den Ernst dieser Auseinandersetzung vor Augen geführt. Nun sah sie Jenssen als ihren Freund an, appellierte mit der Unschuld der Jugend an sein Mitgefühl und bat, sie freizulassen, damit sie zu Korak und in ihr Dschungelleben zurückkehren könne. Aber da erlebte sie eine weitere Enttäuschung, denn der Mann lachte nur grob
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