Tarzan 04 - Tarzans Sohn
Früher einmal hätte ich ihn töten sollen, aber nicht jetzt. Dennoch will ich dafür sorgen, daß er Sie nicht weiter belästigt.«
Er umfaßte Malbihn mit einem Griff, den der hünenhafte Schwede nicht aufbrechen konnte, wenngleich er sich größte Mühe gab, gleichzeitig hielt er ihn so leicht, wie Malbihn ein kleines Kind gehalten hätte, dabei war er ein großer, kräftiger Mann. Der Schwede begann zu wüten und zu fluchen. Er schlug auf seinen Gegner ein, doch nur, um herumgewirbelt und auf Armeslänge ferngehalten zu werden. Da rief er nach seinen Boys, sie sollten kommen und den Fremden töten. Als Antwort traten ein Dutzend fremde Schwarze ins Zelt. Es waren gleichfalls kräftige, gut gebaute Männer, nicht zu vergleichen mit der kümmerlichen Bande, die die Schweden begleitete.
»Nun mal Schluß mit den Albernheiten«, sagte der Fremde zu Malbihn. »Sie verdienen den Tod, aber ich bin hier nicht das Gesetz. Ich weiß jetzt, wer Sie sind. Ich habe schon früher von Ihnen gehört. Sie und Ihr Freund hier haben einen äußerst schlechten Ruf. Wir wollen Sie nicht in unserem Land haben. Diesmal will ich Sie noch ziehen lassen, aber sollten Sie jemals zurückkommen, werde ich das Gesetz in meine Hände nehmen. Kapiert?«
Malbihn tobte und drohte und bedachte seinen Widersacher abschließend mit einem höchst kränkenden Ausdruck. Dafür wurde er durchgeschüttelt, daß er mit den Zähnen klapperte. Alle, die es kennen, sagen, die schmerzhafteste Strafe, die einem erwachsenen Mann zugefügt werden könne, sei, abgesehen von einer Verwundung, das richtige, althergebrachte Durchschütteln. Malbihn erfuhr eine solche Behandlung.
»Nun scheren Sie sich hinaus«, sagte der Fremde. »Und wenn Sie mich das nächste Mal sehen, dann denken Sie daran, wer ich bin.« Damit raunte er ihm einen Namen ins Ohr – einen Namen, der den Schurken wirksamer zur Räson brachte als jegliches Durchprügeln, sodann gab er ihm einen Stoß, der ihn durch den Zelteingang ins Freie beförderte, wo er weit entfernt im Gras landete, alle viere von sich gestreckt.
Der Fremde wandte sich jetzt an Meriem. »Wer hat den Schlüssel zu dem Ding da um Ihren Hals?«
Sie wies auf den toten Jenssen. »Er trug ihn immer bei sich«, sagte sie.
Der Fremde durchstöberte die Taschen des Toten, bis er den Schlüssel gefunden hatte. Einen Augenblick später war Meriem frei.
»Lassen Sie mich zu meinem Korak zurück?« fragte sie.
»Ich werde dafür sorgen, daß Sie zu Ihren Leuten zurückkommen«, antwortete er. »Wer sind sie, und wo ist ihr Dorf?«
Er betrachtete erstaunt ihre seltsame, barbarische Bekleidung. Der Sprache nach war sie eine Araberin, indes hatte er nie eine so bekleidet gesehen.
»Wer sind Ihre Leute? Wer ist Korak?« fragte er abermals.
»Korak! Korak ist ein Affe. Ich habe keine anderen Leute. Seit A’ht wegging, um König der Affen zu werden, haben Korak und ich allein im Dschungel gelebt.« Sie sprach Akuts Namen stets so aus, denn so hatte er in ihren Ohren geklungen, als sie das erste Mal mit Korak und dem Affen zusammenkam. »Korak hätte König sein können, wollte aber nicht.«
Ein fragender Ausdruck trat in die Augen des Fremden. Er sah das Mädchen scharf an.
»Korak ist also ein Affe?« sagte er. »Und wer, bitte, sind Sie?«
»Ich bin Meriem. Und bin auch ein Affe.«
»Hm«, war der einzige Kommentar des Fremden zu dieser erstaunlichen Feststellung, aber was er dachte, ließ sich teilweise durch den mitleidsvollen Ausdruck in seinen Augen erkennen. Er trat zu dem Mädchen und wollte ihr die Hand auf die Stirn legen. Sie fuhr mit einem kurzen, wilden Knurren zurück. Ein Lächeln spielte um seine Lippen.
»Vor mir brauchen Sie keine Angst zu haben«, sagte er. »Ich werde Ihnen nichts zuleide tun, möchte nur herausfinden, ob Sie vielleicht Fieber haben – ob Sie völlig gesund sind. Wenn dies der Fall ist, dann wollen wir aufbrechen und nach Korak suchen.«
Meriem blickte ihm gerade in die Augen. Sie las darin wohl eine unbestreitbare Bestätigung seiner ehrenhaften Absichten, denn sie gestattete ihm, daß er ihr die Hand auf die Stirn legte und ihren Puls fühlte. Offensichtlich hatte sie kein Fieber.
»Wie lange sind Sie schon ein Affe?« fragte der Mann.
»Seit ich ein kleines Mädchen war, seit vielen, vielen Jahren. Da kam Korak und nahm mich meinem Vater weg, der mich immer nur schlug. Seit damals habe ich dann mit Korak und A’ht in den Bäumen gelebt.«
»Wo haust dieser Korak im Dschungel?«
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