Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Luftverschmutzung (gezeigt als Reduktion des Schwefeldioxidgehalts der Luft, schwarze Kurve) zu reineren Birkenrinden. In dieser sauberen Umwelt ist die weißliche Falterform besser angepasst. Somit verändert sich die Verteilung der beiden Formen wieder zugunsten der weißlichen Form. Dies wird in der Abbildung anhand der grauen Kurve gezeigt, die den Anteil der melanisierten Variante zeigt.
Abb. 7. 11 Die Anpassung der Motte Biston betularia an die Umweltverschmutzung in Großbritannien. Die Y-Achse zeigt den Schwefeldioxidgehalt der Luft als Messwert für die Luftverschmutzung, während die X-Achse die Jahre von etwa 1960 bis 1980 abbildet. (Nach Clarke, 1985.)
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In der aktuellen Forschung werden sehr unterschiedliche Methoden eingesetzt, um die Evolution der Anpassungen an die Umwelt zu rekonstruieren. Dabei werden zunehmend molekulare Methoden eingesetzt, da sie einen direkten Zugang zu den genetischen Grundlagen der Anpassungen ermöglicht. Ein Beispiel hierfür ist die Rekonstruktion der Umweltpräferenzen der ersten Eubacteria und Archaebacteria. Das vergleichende Studium der Zusammensetzung der Nucleotide der ribosomalen RNA sowie die Zusammensetzung der Aminosäuren der Proteine unter Berücksichtigung der Phylogenie zeigte, dass die Vorfahren der beiden Linien sich unabhängig voneinander an höhere Temperaturen ihrer Umwelt anpassten ( Thermophilie ). Dabei nutzt man aus, dass der GC-Gehalt, d. h. der Anteil von Cytosin und Guanin in einem DNA-Abschnitt, der für ribosomale RNA codiert, bei Arten mit Anpassungen an thermophile Bedingungen bemerkenswert hoch liegt (>80 %). Thermophilie ist also wohl nicht ursprünglich, sondern eine Konvergenz, die in diesen beiden Linien unabhängig entstand.
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Mikroevolution: Intraspezifische Evolution, Evolution der Arten.
Makroevolution: Transspezifische Evolution, Evolution höherer Kategorien.
Adaptive Radiation: Organismische Radiation, Aufspaltung einer Organismuslinie in viele Arten in einem relativ kurzen Zeitraum. Diese Radiation wird als adaptiv bezeichnet, wenn die hieraus hervorgehenden Arten unterschiedliche Anpassungen an ihre Umwelt aufweisen. Klassische Beispiele für adaptive Radiationen sind die Darwinfinken der Galapagosinseln.
Anagenese: Geschichte/Veränderungen im Laufe der Evolution einer Art.
Phylogenese: Geschichte/Veränderungen einer Linie von Organismen.
Anpassung (Adaptation): Bezeichnet die Eignung von Organismen in ihrem Aufbau, ihrer Physiologie und ihrem Verhalten zum Überleben/Behauptung in ihrem Lebensraum.
Rekapitulationshypothese (Biogenetische Grundregel): In der Ontogenese findet vielfach eine teilweise Rekapitulation der Phylogenese statt. Damit verbunden ist der Begriff der Palingenese: Rekapitulation von embryonalen Merkmalen phylogenetischer Vorfahren.
Zwischenform (Übergangsform) : Arten, die abgeleitete Linien mit ihren Schwesterlinien durch das Vorhandensein gemeinsamer Plesiomorphien und das Fehlen aller oder einiger Apomorphien der abgeleiteten Linie verbinden.
Rudiment: Reduzierte, oft funktionslose Struktur eines Organismus, das Ergebnis einer regressiven Evolution aufgrund eines Funktionsverlustes.
Atavismus: Entwicklungsrückschlag, Auftreten eines ursprünglichen Merkmals, siehe Plesiomorphie, in einer Art, deren Vorfahren das Merkmal verloren hatten.
Koevolution: Voneinander abhängige Evolution nicht verwandter Taxa.
Analogie: Aus übereinstimmenden Funktionen hervorgehende Gemeinsamkeit von Merkmalen nicht verwandter Arten.
Homologie: Gemeinsamkeit von Merkmalen von verwandten Arten aufgrund gemeinsamen phylogenetischen Ursprungs. Der Begriff der Homologie steht dem Begriff der Apomorphie ( Siehe hier ) nahe.
Konvergenz: Auftreten von gemeinsamen Merkmalen in nicht verwandten Linien. Die Evolution von konvergenten Strukturen wird auch als parallele Evolution von nicht homologen, aber analogen Merkmalen bezeichnet. Der Begriff der Konvergenz ist nicht mit dem Begriff der Homoplasie zu verwechseln.
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7.3 Entfaltung der Vielfalt des Lebens
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Der Artenwandel führt auch zu einem Wandel der Zahl der Arten an einem Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte des Lebens. Den Artenreichtum bezeichnen wir als Diversität . Die Geschichte des Lebens ist geprägt von einer Tendenz zum Anstieg der Artenzahlen, allerdings stehen dieser Tendenz lokale bis globale Aussterbeereignisse entgegen. Letztere bezeichnen wir als Massenaussterben. Das Schicksal einer Linie kann von solchen
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