Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Entstehung der Evolutionsbiologie wichtige Anstöße zur Entstehung der Ökologie gab. Leider wird das heute sehr oft gerade von Ökologen übersehen. Die Integration von Evolutionsforschung und Ökologie ist in Anbetracht der Biodiversitätskrise sowie des Global Climate Warming von großer Bedeutung, da gerade die Verbindung dieser biologischen Disziplinen Antworten auf diese Herausforderungen des 21. Jahrhunderts liefern kann.
Einige Aspekte der Anpassungen einer Art an ihre Umwelt wurden im Rahmen der Selektion und Artbildung schon erwähnt. Hier soll nochmals ausdrücklich auf die Bedeutung der Ökologie hingewiesen werden, in der gerade der Lebensraum studiert wird. Das heißt, ökologische Daten sind von zentraler Bedeutung für das Studium der Anpassung einer Art an ihren Lebensraum. Bei der Selektion handelt es sich zumindest teilweise um einen innerartlichen Konkurrenzkampf um Ressourcen im Lebensraum. Ökologische Arbeitsweisen sind aber auch gerade von großer Bedeutung für Fragen der Interaktion zwischen Arten, sei es in Form von Konkurrenz oder in Form von gegenseitigen Abhängigkeiten, wie sie in Räuber-Beute-Beziehungen, mutualistischen Beziehungen und Symbiosen zutage treten (Kap. 3). Konkurrenz zwischen verwandten Arten spielt eine Rolle in Artbildungsvorgängen, bei denen Ressourcen aufgetrennt werden. Der Begriff Koevolution wird von einigen Wissenschaftlern auf all diese Beziehungen angewandt. Allerdings ist er besser enger gefasst als eine sich gegenseitig beeinflussende Evolution zweier oder mehrerer nicht näher verwandter Organismen. Beispiele für Koevolution sind die Evolution von Pollinatorsyndromen, wie die parallele Entwicklung langer Schnäbel von Kolibris und langer Kronröhren von rotblütigen Angiospermen in den Neotropen. Beispiele von Koevolution bieten vor allem auch parasitische und symbiotische Abhängigkeiten. Bei parasitischen Koevolutionsmechanismen handelt es sich meist um das Wechselspiel zwischen Abwehrmechanismen des Wirtes und der Antwort des Parasiten ( Siehe hier , hier ).Solche Wirt-Parasit-Beziehungen können zu sehr komplexen Mustern in der Evolution führen. Die Raupen der Schmetterlingsgattung Heliconius (auch Maracuja-Falter genannt) ist ganz von der Angiospermengattung Passiflora als Futterpflanze abhängig. Dies hat für den Falter den Vorteil der Vermeidung von Konkurrenz, da Passifloren aufgrund der Bildung von cyanogenen sekundären Metaboliten für viele Schmetterlingsraupen giftig sind ( Botanik ). In der Evolution haben sich entsprechend zusätzliche Abwehrmechanismen auf der Seite der Passifloren angehäuft. Hier sind vor allem extraflorale Nektarien an den Blattstielen einiger Arten von Passiflora zu nennen. Diese locken Ameisen an, die neben dem Zuckersaft auch Insektenlarven, die Larven von Heliconius , sammeln. Andere Anpassungen auf der Seite der Passifloren sind die Ausbildung von Attrappen von Schmetterlingseigelegen und Blattformen, die den Fraß von Schmetterlingslarven imitieren. Diese Anpassungen reduzieren nachweislich die Attraktivität der Pflanze für die Eiablage durch weibliche Heliconius Schmetterlinge.
Die Anpassung des Birkenspanners Biston betularia an die Umweltverschmutzung in Großbritannien ist ein klassisches Beispiel, wie Evolution und Ökologie miteinander verbunden sind (Abb. 7. 11 ). Biston betularia zeigt zwei Phänotypen. Der eine Phänotyp besitzt weißlich gefärbte Flügelschuppen, während der andere Genotyp schwärzlich gefärbte zeigt (melanisiert). Die Farbe der Flügelschuppen ist eine Anpassung an den Untergrund, auf dem der Falter ruht, da sie darüber entscheidet, ob der Falter von Vögeln entdeckt und vertilgt wird. Wie der Artname sagt, findet sich der Falter häufig auf den Stämmen der Birke ( Betula ). In Gebieten ohne Luftverschmutzung ist die Birkenrindeweißlich und die weißliche Form der Falter ist bestens getarnt. Die melanisierte Form hingegen fällt auf diesem Untergrund auf und wird eher gefressen. In Gebieten mit Luftverschmutzung ist die Rinde der Birke aufgrund von Ruß schwärzlich. Hier ist also die melanisierte Form bevorteilt, da sie auf den verdreckten Rinden weniger auffällt als die weißliche Form. Die Luftverschmutzung durch die Verwendung von Kohle als Brennstoff führte somit zu einem Anstieg der Häufigkeit der melanisierten Form, da sie besser an diese Bedingungen angepasst war. Im Laufe des zweiten Teils des 20. Jahrhunderts führten Bemühungen zur Reduktion der
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