Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
die sich von dem Käfer transportieren lassen (Phoresie). b Spezialisierte Prädatoren: Ameisenlöwen (Larven der Ameisenjungfern, Myrmeleonidae; kleines Bild rechts) besitzen eine an warme und sandige Lebensräume angepasste Beutefangstrategie. Sie graben Sandtrichter in den Boden und lauern dort auf Beute. Diese besteht zum größten Teil aus Ameisen, die durch ihre Wehrhaftigkeit und den Besitz von Ameisensäure nur wenigen Prädatoren als Beute dienen. c Generalistische Phytophage: Seeigel gehören zu den wichtigsten Pflanzenfressern mariner Hartböden (hier der Schwarze Seeigel, Arbacia lixula , einer der häufigsten Seeigel im Mittelmeer). Sie beweiden Algenrasen auf Felsküsten und hinterlassen dabei kahlgefressene Felsen. d Spezialisierte Phytophage: Viele phytophage Insekten sind spezialisierte Pflanzenfresser. Die Raupen des Zitronenfalters ( Gonepteryx rhamni ) entwickeln sich auf Faulbaum ( Frangula alnus ) oder Kreuzdorn ( Rhamnus cathartica ). (Fotos von Stefan Scheu, Göttingen).
3.4.3 Bottom-up und Top-down
Konsumenten, die ihre Beute töten, führen natürlicherweise zur Verminderung der Dichte in der Beutepopulation. Die Beute wird top-down (engl. top-down: von oben nach unten, d. h. durch die höhere trophische Ebene) kontrolliert. Aber die Beute kann auch die Dichte der Konsumenten bottom-up (engl. bottom-up: von unten nach oben, d. h. durch die darunter liegende trophische Ebene) kontrollieren: Reduziert sich die Dichte der Beute, etwa durch Prädation, so führt dies zu vermehrter Konkurrenz bei den Feinden, deren Population sich infolgedessen ebenfalls reduziert. Immer wieder kommt es zu kontroversen Diskussionen, wer nun eigentlich wen kontrolliert, die Beute ihre Konsumenten oder umgekehrt. Besonders im Naturschutz ist diese Aussage von entscheidender Bedeutung: Geht der Birkhuhn-Bestand zurück, weil der Greifvogelschutz zu weit geht oder weil die natürlichen Nahrungsressourcen und Verstecke fehlen?
3.4.4 Koevolution in trophischen Beziehungen
Je enger eine trophische Beziehung ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich wesentliche Eigenschaften von Feind und Opfer durch Koevolution ausgebildet haben. Der Feind übt einen permanenten Selektionsdruck auf die Eigenschaften des Opfers aus, die diesem helfen, Begegnungen mit dem Feind zu vermeiden, sich zu verteidigen oder sich durch Flucht zu entziehen.
Verteidigungsmaßnahmen der Opfer sind entweder permanent vorhanden ( konstitutive Verteidigung ) oder sie werden erst verstärkt gebildet, wenn das Opfer angegriffen wurde oder es Anzeichen dafür gibt, dass ein Angriff bevorsteht ( induzierte Verteidigung ). Insbesondere Pflanzen, aber auch modulare Tiere nutzen häufig induzierte Verteidigungsmechanismen zur Abwehr ihrer Feinde. Konstitutive Abwehrmechanismen haben den Vorteil, dass sie ständig wirksam sind. Ihre Produktion verursacht jedoch auch Kosten, selbst wenn kein Angriff vorliegt. Bei induzierten Verteidigungsmechanismen entfallen diese Kosten, allerdings vergeht hier möglicherweise wertvolle Zeit, bis die Abwehr wirksam ist.
Auch die Beute übt einen Selektionsdruck auf den Feind aus und alle seine Eigenschaften, die zum Auffinden und Überwältigen der Opfer dienen. Dieser gegenseitige Selektionsdruck führt zu einem evolutionären Wettrüsten , bei dem jede neue Strategie des Einen mit einer Gegenmaßnahme des Anderen beantwortet werden muss. Nach der Hypothese der biochemischen Koevolution zwischen Pflanzen und herbivoren Insekten entstand die hohe Diversität bei angiospermen Pflanzen und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen auf der einen Seite und bei herbivoren Insekten auf der anderen Seite durch einen koevolutionären Wettlauf zwischen Pflanzen und Insekten ( Botanik ). Besonders deutlich wird dieser Wettlauf in der Beziehung von Pathogenen zu ihren Wirten. Pathogene müssen sich permanent verändern, um der Immunabwehr ihrer Wirte zu entgehen und die Wirte müssen ihre Immunabwehr den ständig neuen Genotypen ihrer Pathogene anpassen.
Unter Bezug auf eine Märchenfigur, die Rote Schachkönigin aus „Alice hinter den Spiegeln“, die ständig rennen muss, nur um auf der gleichen Stelle zu bleiben, wird die permanente Koevolution zwischen Feind und Opfer auch als „ Red Queen “ bezeichnet. Dieser Wettlauf hat möglicherweise dazu geführt, dass bei den meisten Arten, die wir kennen, die Vermehrung auf sexuellem Wege und nicht z. B. parthenogenetisch erfolgt. Es wird diskutiert, dass der evolutionäre
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