Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
die mechanistisch einfachste und alle anderen funktionellen Reaktionen können von ihr abgeleitet werden.
Eine funktionelle Reaktion vom Typ 1 (Abb. 3. 27a ) tritt dann auf, wenn die Bearbeitung der Nahrung praktisch keinen Aufwand erfordert (Handhabungszeit = 0)wie es beispielsweise bei Tieren der Fall ist, die wie Wasserflöhe oder Bartenwale ihre Nahrung aus dem Wasser filtrieren oder bei Herbivoren, die Pflanzen abweiden. Die aufgenommene Menge an Nahrung steigt linear mit der Menge an vorhandener Nahrung an und erreicht ein Plateau, sobald die aufgrund der Morphologie und Physiologie maximal mögliche Aufnahmerate erreicht ist.
Eine funktionelle Reaktion vom Typ 3 (Abb. 3. 27c ) zeigt einen sigmoiden Verlauf, d. h. die Kurve steigt zunächst nur sehr schwach an, zeigt dann eine starke Steigung und nähert sich schließlichwie Typ 2wieder dem Maximum an. Für diesen Verlauf gibt es unterschiedliche Gründe. Bei konstanter Handhabungszeit kann es sein, dass die Angriffsrate in Bereichen niedriger Beutedichte schwächer ansteigt als in Bereichen hoher Beutedichte, weil die Räuber erst lernen müssen, die Beute zu finden oder noch eine alternative Beute haben und erst ab einer bestimmten Dichte verstärkt auf den untersuchten Beutetyp umsteigen ( switching ). Es ist auch möglich, dass die Handhabungszeit ab einer bestimmten Dichte immer kürzer wird, weil die Räuber lernen, die neue Beute zu überwältigen oder zu verzehren. Alternativ kann eine funktionelle Reaktion vom Typ 3 auch auftreten, wenn die Beute ein Refugium besitzt, das sie bei niedrigen Dichten vor Prädation schützt. Ein solches Refugium kann räumlicher Art sein, wenn der Räuber einen bestimmten Habitatraum nicht erreichen kann; es kann aber auch ein Körpergrößerefugium sein, bei dem ein Teil der Beutepopulation zu groß oder zu klein für den Konsum durch den Räuber ist.
Neben diesen drei Grundtypen der funktionellen Reaktionen gibt es eine große Anzahl weiterer Modelle, die versuchen, die natürlichen Verhältnisse noch besser abzubilden. So weisen die klassischen funktionellen Reaktionen von Holling keine Abhängigkeit von der Dichte der Räuber auf. Sobald die Räuber Interferenzverhalten zeigen, also einen Teil ihrer Zeit mit intraspezifischer Konkurrenz verbringen, sind diese Modelle nicht exakt. Räuberabhängigefunktionelle Reaktionen ( predator-dependent functional responses ) berücksichtigen Interferenz zwischen Räuberindividuen. Dabei wurde intensiv diskutiert, ob die Interferenz von der Räuberdichte alleine abhängt oder von dem Verhältnis zwischen Räuber- und Beutedichte, wie es von verhältnisabhängigen funktionellen Reaktionen ( ratio-dependent functional responses ) beschrieben wird.
Als Rosenzweig-Mac Arthur-Modelle werden Modelle bezeichnet, bei denen nicht lineare funktionelle Reaktionen in populationsdynamische Räuber-Beute Modelle implementiert werden. Interessanterweise führen Modelle mit funktionellen Reaktionen vom Typ 2 dabei meist zu instabilen oder stabilen („limit cycle“) Oszillationen. Modelle mit funktionellen Reaktionen vom Typ 3 ergeben dagegen in der Regel ein stabiles Gleichgewicht von Räuber- und Beutedichten ohne Oszillationen. Zudem kommt es in Modellen mit funktionellen Reaktionen vom Typ 2 zu paradoxen Effekten von Nährstoffanreicherungen ( paradox of enrichment ): Verbesserungen der Wachstumsbedingungen der Beute führen zwar zu höheren mittleren Populationsdichten, sie erzeugen aber auch Oszillationen mit größerer Amplitude. Diese führen letztendlich zum Aussterben beider Populationen, wenn die Minima der Beutedichten unter eine kritische Aussterbegrenze absinken. Diese paradoxen Nährstoffeffekte wurden zuerst in Modellrechnungen prognostiziert und dann in einfachen Laborversuchen beobachtet. Der Nachweis in natürlichen Ökosystemen gelang aber nur in manchen Fällen. Erklärungen dafür bietet eine reduzierte Prädation bei niedrigen Beutedichten, die beispielsweise durch räumliche Refugien oder induzierte Verteidigungen (inducible defences) bedingt sein kann. Generell können solche Refugialeffekte bei niedrigen Beutedichten auch durch eine funktionelle Reaktion vom Typ 3 beschrieben werden.
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Konsumenten: Ernähren sich von anderen lebenden Organismen.
Generalisten: Attackieren eine Vielzahl auch nicht verwandte Arten.
Spezialisten: Attackieren nur wenige und häufig eng verwandte Arten.
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Oligophage: Fressen Arten
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