Tascosa (German Edition)
Jetzt wird mir das Warten auf dich noch
schwerer, wenn das überhaupt möglich ist. Ich hatte ja keine Ahnung, welche
Geheimnisse Mann und Frau miteinander haben können. Ich bin so stolz, deine
Frau zu sein. Pass auf dich auf, mein Liebling, denn du bist mir viel wichtiger
als alles Geld der Welt. Ich bin für immer deine treue, dich liebende
Amanda
* * *
Eines Nachmittags im Januar saß Nate in der
Baracke und ein Soldat brachte ihm Amanda's Brief. Er stand auf und wollte sich
ein stilles Plätzchen suchen, um ihn zu lesen. Da fing ein junger Bursche an,
ihn aufzuziehen.
"Was haste, Bradford? Brief von deiner
Braut?"
Bill sah bei der Frage vom Pokerspiel auf.
Nate schaute nur grimmig drein und wollte davongehen.
"Nun", spottete der junge Bursche,
"lies ihn vor. Uns ist langweilig."
Nate ging einfach weiter und war schon fast an
der Tür, als der Aufdringliche aufsprang und ihm den Brief aus der Hand riss.
"Lass mal sehn, was sie zu sagen
hat", grinste er und begann ihn aufzumachen.
Doch bevor er das Siegel brechen konnte, stand
Bill auf, warf seine Karten auf den Tisch und packte den Mann von hinten,
verdrehte ihm den Arm auf den Rücken. Nate beugte sich zu ihm, einen tödlichen
Blick in den Augen und streckte ihm wortlos die Hand entgegen. Als der Bursche
ihm endlich den Brief gab, ließ Bill ihn los. Er marschierte davon und rieb
sich die Schulter.
"Das war so ziemlich das blödeste ,
was ich je gesehn hab", kommentierte Randy lässig von seinem Platz am
Pokertisch. "Für so viel Dummheit musst du studiert haben."
Nate sah, wie der junge Bursche Randy finstere
Blicke zuwarf und ging zum Stall. Nachdem er eine Lampe angemacht und sich
niedergelassen hatte, las er ihren Brief und seine Gefühle gingen die Tonleiter
rauf und runter. Ihr Mitgefühl berührte ihn. Wütend auf McLeod würde er ihm am
liebsten an die Kehle springen. Als aber Amanda von ihrem gemeinsamen Geheimnis
sprach und wie stolz sie war, seine Frau zu sein, versank er in Erinnerungen an
die letzte Nacht mit ihr und daran wie er zum ersten Mal eine Frau mit Körper und Seele geliebt hatte. Wie Mondlicht und Schatten ihren Körper berührt hatten,
ihre zarte Haut unter seinen Händen, ihr Atem an seinem Ohr als er sie liebte —
all diese Erinnerungen übermannten ihn.
Er lehnte seinen Kopf zurück an die Wand und
schloss die Augen. Sein Herz lief über vor Sehnsucht. Nach einer Weile erkannte
er, dass es ihn verrückt machte, wenn er sich diesen Gedanken hingab. Er
brauchte Ablenkung. Den Brief faltete er sorgfältig zusammen und steckte ihn in
die Tasche. Er blies die Laterne aus und ging zu den Baracken zurück. Nate
hatte dort ein Kontoheft, in dem er seine Ersparnisse ordentlich aufschrieb. Er
zog es hervor und setzte sich neben Randy, der noch beim Poker war.
"Was für einen Preis würdest du für zwei
gute Wagen und zwei Muli-Gespanne ansetzen?" fragte Nate in die Runde.
"Och so ungefähr fünfhundert",
schätzte einer der Männer.
"Das klingt ganz ordentlich",
stimmte ein anderer zu.
"Fünfhundert." Nate runzelte die
Stirn und fing an zu rechnen. Wenn er pro Monat etwa vierzig Dollar sparen
könnte, hätte er in zwölf Monaten nur vierhundertachtzig. Nicht genug. Er
musste sich umsehen, wie er extra Geld verdienen könnte. Seine Rechenaufgabe
hatte ihren Zweck erfüllt und ihn abgelenkt. In Gedanken mit Geld beschäftigt
schlief er ein.
Meine wunderschöne Amanda,
Ich bin über deinen letzten Brief sehr
glücklich. Du hast Recht. Hier ist viel zu tun. Sogar im Winter, wenn man
meinen könnte, es geht etwas ruhiger zu, brauchen die Pferde jeden Tag Bewegung
und die neuen Rekruten ihren Reitunterricht.
Damit ich in einem Jahr genug Geld sparen
kann, werde ich an meinen freien Tagen bei der Armee Zusatzarbeit übernehmen.
Ich werd wohl für sie auf die Jagd gehen, da ich inzwischen die Gegend hier
recht gut kenne.
Ich bin froh, dass du mir von McLeod's
Heiratsantrag erzählt hast. Wenn du auch meinst, es sei vorbei, bezweifel ich
das doch. Er scheint mir nicht jemand zu sein, der schnell aufgibt.
Andererseits muss ich seinen guten Geschmack bei Frauen bewundern.
Wenn wir schon bei Frauen sind, hab ich dir
schon von meiner erzählt? Sie ist das allerschönste, gescheiteste und
wundervollste Wesen der Welt. Ich muss lächeln, wenn ich nur an sie denke.
Randy meint, dass ich verrückt bin, weil ich grundlos vor mich hin grinse. Wenn
der wüsste.
Du fehlst mir mehr als ich sagen kann. Ich
werd's dir beweisen, wenn
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