Tastenfieber und Liebeslust
Grad und ich friere schrecklich. Eiskalte Hände u. s. w. Ich glaube, mein Ende naht. Hilfe!
Deine fast schon erfrorene Freundin
11. April – 09:05 Uhr
Verehrte gnädige Frau,
vorab die höfliche Bitte, meine ärztliche Kunst und meine engagierte Beratung angemessen zu honorieren:
Ausführliche Untersuchung (mehr als 2 Körperorgane) GOÄ Ziff. 65 (Multiplikator 2,5) 96,00
Erarbeitung eines schriftlichen, individuellen und ganzkörperlichen Therapievorschlags Ziff. 9 (Multiplikator 5,0) 85,40
Tatkräftige manuelle Mitwirkung und Hilfe bei der Umsetzung der Therapie Ziff. 16 (Multiplikator 3,5) 148,40
Kontrolle des Therapieerfolges Ziff. 21
(Multiplikator 1,5) 26,50
Gesamtbetrag des Honorars: 356.60
Mit der Bitte um baldigen Zahlungsausgleich verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr Hausarzt!
Mein liebes Evachen,
wenn nur ein einziges Symptom, das Du geschildert hast, stimmt, dann ist es eine Katastrophe. Wenn dann noch die Genetik eine Disposition zu belegen scheint, dann bete nur, dass unsere Entwöhnungszeit Dich von der Nikotinsucht endgültig und für immer befreit. Ich werde Dir helfen und Dich unterstützen. Aber Du wirst Dich viel bewegen müssen, um den Kreislauf und die Durchblutung wieder in Schwung zu bringen. Heiß-kalte Bäder zur Verbesserung der Fußdurchblutung werden auch jetzt und auf lange Zeit wichtig sein. Nimm diese Dinge bitte nicht auf die leichte Schulter! Wenn Du frierst, wechsle zwischen heißem und kaltem Duschen. Es gibt keine Medikamente! Du musst es selber machen.
Du hast ganz andere Tiefen erlebt und durchgekämpft! Das schaffst Du locker, wenn Du willst. Aber Du musst wollen. Sonst drohen wenig erfreuliche Aspekte der Individualität!
Nimm’s ernst! Du hast ja mich, Carissima!
Dein Max
11. April – 10:55 Uhr
Habe im Internet einen Test gemacht, der mein Todesjahr ausrechnen kann. Ich werde mit 64 sterben. – Steht da. Willst Du Dich immer noch auf mich einlassen?
Eva
11. April – 13:24 Uhr
Wenn ik roche, sterb ik. Wenn ik nich roche, sterb ik ooch. Nu, wat solln ma tun? Ik mach mia ma so meene Jedanken. Ik denke, de Liebe is et. De Liebe macht jesund, hilft mia von de Sucht wech und macht ma dünna. Det ist et! In diesem Sinne, die Weisheiten von Zille sind hilfreicher als eine IN-Diagnose! Gute Nacht.
Ich bin süchtig nach Deinen Mails!
Max
11. April – 13:40 Uhr
Also isch für mein Teil seh des anners.
Dess is alles genedisch bedingt. Un in meiner Familie hadde se all Schmerze am ganze Körbber. Un mei Oba hot immer alles unner sisch gehe lasse. Gugge se mo do: Alles psyschosomadisch! Des sacht e jedes, des krank is. Abber warum? Mer muss alles so hinnemme, wie’s kimmt un debei de Kopp hochstrecke. Ei isch könnt Se abkisse von morschens bis obends.
Noch Lust, mein Süßer? Angenehme Träume.
Evasche
11. April – 14:37 Uhr
Sag mal, trinkst Du eigentlich jeden Abend Alk?
Eva
11. April – 15:04 Uhr
Alk, milk oder Saft rühre ich nicht an!
Max
11. April – 21:22 Uhr
Meine hochverehrte Animod,
heute habe ich mit dem Gastgeber des Balles am 28.4. gesprochen. 350 Leute werden in der Spandauer Zitadelle sein. Es wird für uns beide, nach erst fünftägigem Nichtrauchertraining, der erste Test sein. Das stehen wir ja locker durch, und wenn Du mal ein Problem hast, schleife ich Dich auf die Tanzfläche, drücke Dich fest, poussiere heftig und so lange, bis der Japp vorbei ist, und wenn ich ein Problem habe, dann vice versa oder noch was Tolleres. D’accord?
Ich habe meinen Freunden gesagt, dass ich was vortragen werde. Sie freuen sich, weil bei einem privaten Fest das Persönliche so wichtig ist. Die meisten Menschen sind so passiv, konsumieren nur und sind selten originell. Die Gastgeber haben viel Arbeit, scheuen keine Kosten und die Gäste fressen sich meist nur satt.
Ich würde Dich auch so gern mit einem kleinen Gag einführen und vorstellen. Es bedeutet mir schon sehr viel, dass Du gleich als etwas ganz Besonderes erkannt und akzeptiert wirst.
Ich nehme Dich jetzt so fest in die Arme, dass Du nicht mehr genug Luft für eine Ablehnung hast, sondern nur zart hauchen kannst: ›Ja, meen Jeliebta!‹
Küsschen, überallhin!
Dein Max
11. April – 21:56 Uhr
Jeliebta,
ik bin sehr irritieat! »Die Gäste fressen sich meist nur satt.« Wohin willst Du mich eigentlich mitnehmen? Was soll ich denn auf einem Ball mit edlen und anständigen Bürgern?
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