Tastenfieber und Liebeslust
vielleicht sogar das Wichtigste.«
Okay. Dann musst auch Du meine ›Spontanität‹ hinnehmen, wenn ich mich massiv gegen Deine Pornomails wehre und sage, was mir nicht gefällt. Auf leise Andeutungen, die Dir nicht behagen, reagierst Du ja nicht. Siehe Verbalerotik, Berlinführer, Dein Hörgerät, Deine schmutzige Wohnung oder Dein Dauerwhisky. Da lächelst Du und sagst: »Evachen, das kriegen wir schon alles hin.«
Wenn Du mir immer wieder das ›Ressort Schlafzimmer‹ zusprichst, mich durch viele Liebhaber erfahrene Frau beschreibst, fühle ich mich nicht wohl und irgendwie reduziert. Auch das stört mich. Wie oft soll ich das denn noch sagen?
Wir sind so unterschiedlich! Ob unser Leben zusammenpasst oder nicht, wird sich zeigen. Wenn ich verliebt bin, kann ich sehr schnell auf den Partner zugehen. Vertrauen kommt aber erst viel später, weil man nur von Tag zu Tag den anderen kennenlernen und frühestens dann sehen kann, ob man wirklich zusammenpasst. Entschuldige, ich bin 64!!!
Ich habe Dir erzählt, dass ich schon mehrfach geliebt habe, dass diese Beziehungen zerbrachen. Es war immer schmerzhaft. Aber es kann mich nicht abhalten, trotzdem wieder mit Freude auf einen neuen Menschen zuzugehen. Spuren haben diese Irrungen und Wirrungen dennoch hinterlassen. Ich bin ja nicht aus Stein. Vieles in einer neuen Liebe sind auch erst einmal nur Worte. Es kann ja gar nicht anders sein.
Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass wir etwas zerreden, wenn es nötig ist, über Missverständnisse oder Ärgernisse zu sprechen. Da Du ja immer von Deiner Gelassenheit und Souveränität sprichst, denke ich, wird Dir der kleine Diskurs keinen Schaden zufügen können. Da sehe ich eine neue Mail von Dir. Bis gleich.
Eva
17. April – 17:24 Uhr
»Eine Frau, die nicht nur verliebt ist, sondern sagt: ›Ich liebe Dich‹, reagiert nicht explosiv und verletzend wegen ein paar Anspielungen.«
Wer sagt das? Wieso denn nicht?
»Das ist alles nicht logisch.«
Meinst Du wirklich, dass Liebe und Logik etwas miteinander zu tun haben?
»Also, Evachen, was steckt wirklich hinter Deinem Ausbruch?«
Eine Allergie auf diese ständigen Wiederholungen, auf diese primitive Sprache. Auf mein Frausein reduziert zu werden, das ist mir nämlich nicht neu, weshalb ich sehr gerne platonische Beziehungen pflegte. Bei mir zählt letztlich im Gegensatz zu Dir nicht nur das, was im Bett passiert.
Bleib gelassen und sei herzlich gegrüßt
Eva
17. April – 19:44 Uhr
Mein liebes Evachen,
was soll das alles? Mir wird zunehmend klarer, dass wir sehr unterschiedlich sind, vor allem bei dem, was man so als Humor bezeichnet.
Du schriebst heute, viele würden ja bei langer Abstinenz Verbalerotiker. Ich kenne Dich ein bisschen und weiß, dass dies nicht als Neckerei gemeint war. Ich frage mich also, warum Du das sagst, obwohl Du doch von mir erfahren hast, dass ich bis vor Kurzem körperliche Liebe abgeschrieben hatte. Ich bin nicht in den Puff gegangen, Sex hatte keine Bedeutung mehr in meinem Leben. Ich erzähle nie Altherrenwitze. Wenn einer nicht durch lange Abstinenz zum Verbalerotiker wurde, dann bin ich es.
Also warum mache ich denn diese ›erotischen‹ Anspielungen (ich spreche jetzt von denen, die keine Neckerei sind)?
Weil ich diese scharfe Trennung zwischen dem Bett einerseits, wo man erotisierende Bemerkungen bis hin zu ›dirty talk‹ anscheinend machen darf, und dem Schreiben andererseits, wo Prüderie herrschen muss, nicht nachvollziehen kann. In meiner jugendlichen Unerfahrenheit dachte ich, eine Beziehung müsse beides vereinen. Sie umfasse Gespräche, das Teilen gemeinsamer Interessen etc., aber auch wunderbare Stunden im Bett. Dann dürfte es doch keine Tabus, wo auch immer, geben!
Du schreibst: »… eine Allergie, auf mein Frausein reduziert zu werden, das ist mir nämlich nicht neu …«
Du packst mich mit irgendwelchen Kerlen in eine Schublade! Habe ich mich nicht stundenlang gern mit Dir unterhalten? Habe ich ein einziges Mal gesagt, jetzt reicht es aber, wir gehen nun ins Bett?
Oder hast Du mich nicht immer eingeladen oder aufgefordert, mit Dir ins Bett zu gehen? Habe ich Dir irgendwann einmal das Gefühl vermittelt, ich würde in Dir nur die Frau als und Lustobjekt sehen? Ich hoffe, Du erkennst, dass Du Dir viel einredest und in den meisten Fällen mein wirkliches Verhalten gar nicht wahrgenommen hast. Die einen Schubladen scheinen ja geschlossen zu sein (hoffentlich endgültig), andere
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