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Tastenfieber und Liebeslust

Titel: Tastenfieber und Liebeslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Mascha Blankenburg
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aus dem Mantel helfen!«
    Er: »Bitte um Entschuldigung. Ich bin neu in der Firma.«
     
    Er steht langsam auf, seine Gelenke knacken, er verzieht schmerzvoll sein Gesicht. Er hilft ihr aus dem Mantel. Sie steht nackt vor ihm. Seine Augen flackern wirr. Er wird hektisch und pusselt ungeschickt an ihren Röschen herum.
     
    Sie: »Nun legen Sie sich doch hin.«
    Er: »Rechts oder links?«
    Sie: »Sind sie Rechts- oder Linkshänder?«
    Er: »In der Nase bohre ich mit links, aber alles andere mache ich mit rechts.«
    Sie: »Mich interessiert Ihre Nase nicht. Also legen Sie sich rechts hin.«
     
    Als beide im Bett liegen, streichelt er ungeschickt an ihr herum, weiß aber nicht wirklich, wo. Man merkt, er ist Neuling. Schon nach wenigen Minuten will er den Bohrer einführen, findet aber den Zugang nicht. Sie hilft ihm. Er stellt den Motor an, hektische, schlagende Bewegungen, eben die typische Black&Decker-Rhythmik. Nach wenigen Sekunden schreit er, legt sich auf die Seite und atmet heftig.
     
    3. Akt:
     
    Sie schaut den Halbtoten ironisch und fragend an.
     
    Sie: »Was war das denn, Dottore?«
    Er: »So habe ich das in der Firma gelernt, gnädige Frau. Nun habe ich vier Kinder!«
    Sie: »Bei der Geschwindigkeit hätten es doch mehr sein müssen! Und was hat Ihre Frau dazu gesagt?«
    Er: »Gar nichts. Hat sich erst scheiden lassen, und dann ist sie zur Konkurrenz gegangen!«
    Sie: »Kann ich mir gut vorstellen! Schnell genug waren Sie ja! Sie haben Ihrer Firma damit wahrlich Ehre gemacht. Aber sonst war es ne Katastrophe! Korrektes Zentrieren, sachtes manuelles Vorbohren, Druckkontrolle, alles ist ungenügend: Haben Sie noch nie was von Materialeigenschaften gehört und die Gebrauchsanleitungen nicht gelesen? Jedes Material muss individuell bearbeitet werden!
    Er: »Bitte, bitte, sagen Sie es nicht meinem Chef. Ich verliere sonst meinen Job!«
    Sie: »Nun, was mache ich denn jetzt mit Ihnen? Solchen Bohrer habe ich nicht gesucht!«
    Er: »Bitte, bitte geben Sie mir eine zweite Chance!«
     
    Sie überlegt, runzelt die Stirn, schaut sich den armen Kerl an, der sich immer noch nicht richtig erholt hat.
     
    Sie: »Na gut, noch eine Chance. Vor dem nächsten Mal erkläre ich Ihnen alles. Wenn das dann aber wieder nicht klappt, gehe ich zur Konkurrenz. Bosch und AEG sollen sehr gut sein, sind ja ›Made in Germany‹. Übermorgen um 20 Uhr, aber bitte pünktlich.«
    Er: »Vielen Dank, gnädige Frau! Ich werde immer Ihr gelehrsamer Diener sein.«
     
    Der Kerl strahlt, zieht sich an und trollt sich. Beim Verlassen der Wohnung will ihn der Hund noch in die Wade beißen.
     
     
    6. Juni – 19:24 Uhr
    Amore,
    ich musste beim Lesen Deines Dreiakters so lachen, dass die ganze Bibliothek in Aufruhr geriet. Suess!!!
     
    Welche Hosengroesse, Pulligroesse, Hemd (41, stimmt’s?) hast Du, falls ich etwas Schoenes fuer Dich sehe? Schuhgroesse?
    Ich kuesse Dich.
    Deine fliegende Untertasse
     
     
    Brief aus Ischia, am 1. Juni
    Mein Liebster,
    Ischia, das heißt für mich Wolken, Wolkentürme, Wolkenfederchen, diese entfernten, beglückenden, sich ständig wandelnden Gebilde, die Zauberreisen unternehmen und mich mit liebendem Locken zur Unendlichkeit entführen wollen. Hinter ihnen strahlt lächelnd das endlich erlöste Gesicht von Vladimir – lächelnd. Vladimirs Wesen hat mich so tief berührt! Wir waren Seelengeschwister. Liebe hat so viele Facetten! Sex verband mich nicht mit ihm, aber wenn wir zusammen Musik hörten, vor allem Monteverdis Marienvesper, dann umarmten wir uns und die Tränen liefen. Es war eine platonische Beziehung und trotzdem war Eros immer zwischen uns anwesend.
     
    In Fleischhauers Buch ›Schule der Lügen‹, das Du unbedingt lesen musst, steht: ›Wir haben fünf Sinne, sehen, hören, tasten, riechen, schmecken. Aber der sechste Sinn ist stärker als alle fünf zusammen. Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Herz ist der einzig richtige Kompass für unseren Lebensweg.‹
     
    Hier, so ganz von der Stärke der Natur umgeben, bin ich dem Fühlen und Denken über Werden und Vergehen so viel mehr ausgeliefert als in den Städten. Aber auch in den Kathedralen, Basiliken – da ist es dann von Menschenhand dargestellt – in den Altären und den ergreifenden Gemälden, die von der Sehnsucht der Selbstbefreiung erzählen, begegnet es mir auch.
    Ist es nicht auch eine Selbstbefreiung, wenn wir uns so verschmolzen und leidenschaftlich lieben? Wenn Eros unsere Haut, unsere Augen, unseren Leib mit allen Knochen

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