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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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nicht.«
    »Legen Sie mir keine Worte in den Mund.«
    »Würde mir im Traum nicht einfallen.« Arkadi stand auf. Er hatte beschlossen, kein Spielverderber mehr zu sein. Anja hatte ihr eigenes Spiel durchzuziehen. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, einen Millionär zu heiraten.
    Außerdem war Viktor mit einer Empfehlung gekommen.
    »Probieren Sie die Suppe. Ich glaube, die rühren sie mit einem Mopp um.«
    Viktors Auto war halb auf dem Randstein vor der Tür zum Gerichtssaal abgestellt. Auf dem Rücksitz stand ein Pappkarton, der wackelte und fauchte.
    »Mach ihn nicht auf.« Viktor zeigte Arkadi die blutigen Kratzer auf seinen Händen.
    »Schneeflocke?«
    »Schneeflocke.«
    Der Karton war gerade so weit offen, dass ein wütendes grünes Auge herausblitzte.
    »Ist sie weiß?«, fragte Arkadi.
    »Verlass dich drauf.«
    »Hast du sie bei einer netten alten Dame gefunden?«
    Viktor lehnte sich ans Auto. »Nicht so ganz. Ich habe Schneeflocke in den Armen eines Skinhead namens Conan gefunden, auf der Baustelle hinter Swetlanas Haus. Anscheinend hatten sie eine Beziehung. Ein Skinhead und eine Nutte, da kann die Liebe nicht weit entfernt sein. Sie hat Schneeflocke bei ihm gelassen, weil sie nach Hause fahren wollte.«
    Im Karton zog sich das grüne Auge zurück und wurde durch Kratzen ersetzt.
    »Wo ist sie zu Hause?«
    »In Kaliningrad. Nichts Genaueres.«
    »Hast du seinen richtigen Namen erfahren?«
    »Nein.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Wie ein Conan. Viel Zeit mit Gewichtheben verbracht, Lederweste, Bauchmuskeln, auf denen du Muscheln aufbrechen könntest. Viele Tattoos, allerdings Nazi, keine Mafia. Ich habe ihm versprochen, ein gutes Heim für Schneeflocke zu finden, mit genügend Mäusen.«
    »Warum hat er dir die Katze überlassen?«
    »Er wollte auf eine Bikertour gehen. Ist sofort abgedüst, auf einer schwarzen Harley. Ich stand nicht nahe genug, um das Kennzeichen lesen zu können.«
    »Hat er gesagt, wohin er will?«
    »Er hat was von Zentralasien erwähnt.«
    »Sehen wir’s mal positiv, du hast Schneeflocke gefunden.«
    »Jetzt brauche ich nur noch eine Rüstung, um den verdammten Karton zu öffnen.« Viktor schaute zum Restaurant. »Was will Anja mit Alexi Grigorenko?«
    »Recherche.«
    »Da sein Vater nicht mehr da ist, um ihn zu beschützen, hoffe ich, dass sie schnell arbeitet.«
    Rund um die Uhr, dachte Arkadi.
    Als Viktor ins Auto stieg, brachte Schneeflocke ein echten Knurren zustande. Viktor kurbelte das Fenster runter. »Noch was. Conan mochte Tatjana, weil sie Swetlana geholfen hat. Er hielt sie für eine Heilige.«
    Arkadis Wohnung war eine Festung gegen das Gewitter. Manchmal klang es, als nähme die Natur die Stadt unter Belagerung, jagte schwarze Furien und irische Todesfeen die Straßen hinauf und hinunter. Um zwei Uhr morgens war er immer noch hellwach. Sein Abendessen hatte aus etwas Fettigem mit Brot und Wodka bestanden. Ihm ging auf, dass es durchaus sein letzter Fall sein könnte und er seine sogenannte Karriere mit der Jagd nach anonymen Toten beenden würde. Geschah ihm recht. Er hob den Schuhkarton mit den Audiokassetten hoch, den er aus Tatjana Petrownas Wohnung mitgebracht hatte, und legte eine in seinen eigenen Rekorder. Wie klang eine Heilige?
    Er drückte auf »Start«.
    »Die Dreckskerle lassen mich nicht durch. Vorher haben sie’s getan. Diesmal nicht. In der Schule sind mehr als dreihundert Kinder, und heute ist der zweite Tag der Belagerung. Ich habe Lebensmittel, Medikamente und die Chance für Verhandlungen mitgebracht. Der FSB will nicht verhandeln. Den Soldaten, dem FSB , der GRU und den OMON -Scharfschützen wurde sogar befohlen, sich weiter von der Schule zurückzuziehen, weiter entfernt von jeder Kommunikation. Dabei ist es nicht so, als hätten sie irgendeinen Plan, abgesehen von ›keine Verhandlungen mit Terroristen‹. Wenn nicht verhandelt wird, was dann? Ohne Verhandlungen wird es ein Gemetzel von entsetzlichen Ausmaßen geben, aber ist irgendjemand aus dem Kreml hier? Die tschetschenischen Anführer sind auch nicht besser. Sie könnten bei ihren Brüdern im Gebäude vermitteln. Stattdessen schweigen sie. Sie alle schweigen, während das Abschlachten von dreihundert Kindern näher rückt.«
    Als die Kassette endete, war Arkadis Kehle wie zugeschnürt, und er merkte, dass sein Gesicht tränennass war. Eine unangezündete, vergessene Zigarette klemmte immer noch zwischen seinen Fingern. Er schraubte die Wodkaflasche wieder zu und legte eine andere Kassette

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