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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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Frau des Bürgermeisters besitzt eine Straßenbaufirma. So läuft das hier. Sehen Sie, Sie brauchen jemanden, der Ihnen zeigt, wie der Hase läuft.« Maxim blickte herüber. »Sie sind nicht glücklich. Sie glauben nicht, dass wir zusammenarbeiten können?«
    »Sie sind weder Kriminalbeamter noch Ermittler.«
    »Ich bin Dichter. Das ist dasselbe. Mehr noch, ich bin ein Königs.«
    »Was ist ein Königs?«
    »Ein Königs ist ein gebürtiger Kaliningrader. Ein Königsberger. Ich kann Ihnen helfen. Wir werden Partner sein, so eng verbunden wie Essiggurken in einem Glas.«
    Kaliningrad hatte nichts vom Schwung und der Macht Moskaus oder der Eleganz von St. Petersburg. Essiggurken klang richtig.
    »Wie können Sie mir helfen?«
    »Ich führe Sie herum.«
    »Warum?«
    »Weil ich Tatjana geliebt habe«, erwiderte Maxim. »Sagen Sie mir wenigstens, weshalb Sie hergekommen sind. Wenn es keine Leiche und keinen Fall gibt, was ist dann noch übrig?«
    »Ein Geist. Als Dichter sollten Sie sich damit doch auskennen.«
    Das war ein Pfeil, der ins Schwarze traf. Maxim wurde immer vorgeworfen, er sei ein Schmalspurdichter, genau wie Arkadi zu einem Schmalspurermittler wurde. Falls Ludmilla Petrowna ihm nichts Neues über ihre Schwester sagen konnte, hätte Arkadi sich die Reise sparen können.
    »Stimmt es, was die Leute sagen? Dass Sie am Ende sind?«, fragte Maxim. »Manche behaupten, in Ihrem Schädel rattert ein kleines Stück Blei herum, eine Zeitbombe, die chirurgisch nicht entfernt werden kann.«
    »Sind Sie am Ende?«, fragte Arkadi.
    »Das sind Dichter nie. Die plappern immer weiter.«
    »Tja, es besteht ein gewisses Risiko. Ich kann mir nicht von Ihnen helfen lassen, selbst wenn ich es wollte.«
    »Das ist mein Problem.«
    »Nein, meines. Russland kann es sich nicht leisten, noch einen geliebten Dichter zu verlieren.«
    Arkadi blickte hinüber. Maxims Gesicht war so rot, als wäre er geschlagen worden. Als sie sich der Stadt näherten, ging die Architektur von den fünfstöckigen Betonschrecklichkeiten der Chruschtschow-Ära in die achtstöckigen Betonschrecklichkeiten der Breschnew-Ära über.
    »Sie waren mal in meiner Schule«, sagte Arkadi.
    »Tatsächlich?«
    »Ich war in der dritten Klasse. Bei dem Besuch ging es um Kulturvermittlung durch Mitglieder der Schriftstellergewerkschaft an kleine Jungs mit Rotznasen.«
    »Ja, ja, das hatte bestimmt große Wirkung.«
    »Ich erinnere mich vor allem an ein Gedicht, Alle Pferde sind Aristokraten .«
    Der Regen wurde zu einem stetigen Prasseln. Fußgänger sammelten sich an Ecken und überquerten die Straße in gegenläufigen Regenschirmfluten. Maxim gestattete sich ein Lächeln.
    »Und das Gedicht gefiel Ihnen?«
    Schenja hatte seit Wochen niemanden mehr beim Schach abgezockt, doch ihm ging das Geld aus, und ein Freiluftturnier der Moskauer Universität versprach leichte Beute. Ein oder zwei Klubmitglieder erkannten Schenja und versuchten, ihm bei der Auslosung auszuweichen, aber im Allgemeinen herrschte Selbstvertrauen unter den Studenten. Onlinespieler, die normalerweise Mario und Satan verfolgten, saßen an Gartentischen. Unter den Studenten waren zerrissene Jeans und Pullover aus Mailand in Mode. Schenja kam in zerknitterten Tarnhosen und sah aus wie ein Kriegsgefangener.
    Die Universität verkörperte alles, was er hasste, nämlich das, was er nicht hatte. Zugang, Geld, eine Zukunft. Er hatte keine Zukunft und keine Vergangenheit, lief nur im Kreis. Sein Vater hatte auf Arkadi geschossen, und Viktor hatte Schenjas Vater getötet. Wer weiß, was aus Arkadi geworden wäre ohne die Kugel im Kopf. Ein berühmter Pianist? Ein tiefgründiger Philosoph? Zumindest ein Generalstaatsanwalt. Schenja vermutete, dass neun Gramm Blei Arkadis Gehirn wie ein Feuerrad zum Funkeln gebracht hatten. Der Mann hatte seine Grenzen. Wem jagte er in Kaliningrad nach? Tatjana war tot und vergessen. Die Zeitschrift Jetzt förderte neue Helden. Der Staatsanwalt hatte neue Agenten sozialer Unruhen ins Visier genommen.
    Schenja erkannte Stanford, den Studenten, der ihn am Patriarchenteich bedrängt hatte, und ihm wurde fast schwindlig davon, seinen Kopf tief zu halten. Zwanzig Kandidaten traten gegeneinander an, zu denen auch das Mädchen mit den roten Haaren gehörte, das sich an seiner Demütigung beteiligt hatte. Die bumst wahrscheinlich mit Mr. Stanford, dachte Schenja.
    Die meisten Studenten hatten sich durch elektronisches Schach fit gehalten. Blödmänner. Ein Gesicht von der anderen Seite des

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