Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
beim Schalten mehrfach Gwens Knie. Die Berührung verursacht bei Gwen eine ungewohnte Hitze und verdrängt alle nüchternen ärztlichen Überlegungen. Sie schweigt, weil sie befürchtet, sich mit ihrer Stimme zu verraten.
Bei der Auffahrt zum Landhaus kommt ihnen der Meister entgegen. „Bitte beeilt euch.“ Von seiner sonstigen Selbstsicherheit ist nicht viel zu spüren, sein Gesicht durchziehen Sorgenfalten. „Sie ist bewusstlos. Der Ausflug in die Vergangenheit war zu stark für sie. Sie ist in eine andere Ebene abgeglitten. Ich ... schau bitte nach ihr, Gwen. Wir können keinen Skandal gebrauchen, gerade jetzt nicht ...“
Gwen nimmt ihre Arzttasche aus dem Kofferraum. Zusammen hasten sie ins Haus, die Diele entlang zu Ullas Zimmer. Ulla liegt auf dem Bett. Sie steckt noch in den Sachen, die sie am Morgen anhatte. Ihre Augen sind geschlossen, ihr Gesicht ist blass, ihr Atem geht unregelmäßig, ein Schweißfilm bedeckt ihre Stirn. Gwen fühlt nach dem Puls. Kaum spürbar. Sie schiebt die Lider hoch, die Augäpfel rutschen weg.
„Sieht nicht gut aus. Wie viel hat sie von dem Tee getrunken? Sie ist die Sachen nicht gewöhnt. Der Kreislauf ...“ Gwen schaut vorwurfsvoll zu Rebekka hinüber.
„Nicht mehr als ich“, antwortet Rebekka trotzig. Gwen öffnet die Arzttasche, zieht sterile Handschuhe über, nimmt eine Ampulle aus der Tasche, bricht sie auf, zieht eine Einmalspritze auf und spritzt das Mittel in Ullas Vene.
„Dann drücken wir mal die Daumen. Ich werde hier warten, in zehn Minuten wissen wir mehr.“
Rebekka sieht sie fragend an. Sie schüttelt den Kopf.
„Gut, lassen wir Gwen das machen, Rebekka“, sagt der Meister, und die beiden verlassen den Raum.
Gwen nimmt sich einen Stuhl und zieht ihn an das Bett heran, setzt sich und wartet. Sie beobachtet Ulla und überlegt kurz, welches Mittel sie einsetzen kann, wenn das verabreichte nicht hilft. Ihr Verstand arbeitet sachlich, und während des Wartens konstatiert sie ganz nebenbei, dass sie zwar heute Morgen als Medium fungiert hat, aber mehr nicht. Sie hat es nicht geschafft, Fragen zu stellen. Ein kleiner Schritt ist ihr gelungen, den Vorhang konnte sie nicht öffnen. Gwens Hochstimmung verfliegt.
Die zehn Minuten ziehen sich. Als sie um sind, hat sich an Ullas Zustand nichts geändert. Sie ist nicht aus ihrem Koma erwacht. Gwen seufzt, prüft nochmals den Puls, dann langt sie nach ihrer Tasche, zieht zwei Mittel heraus, wiegt beide in der Hand, bis sie sich für eines entscheidet. Wieder bindet sie den Arm ab und spritzt Ulla das Mittel. Mit gemischten Gefühlen verlässt sie das Krankenzimmer.
In der Küche findet sie den Meister und Rebekka. Sie schauen Gwen fragend an.
„Sie wird in den nächsten zwei Stunden nicht wach. Ich habe ihr ein Mittel gegeben, damit sie ausruht. Heute am späten Nachmittag wird sie sicher aufwachen, und Anja kann sie ins Hotel bringen. Morgen wird sie wieder okay sein. Wir müssen sie jetzt einfach schlafen lassen. Ich schaue dann nochmals nach ihr. Jetzt können wir nichts mehr tun. Am besten wir lassen Anja hier, damit sie aufpasst. Fahren wir zusammen zurück?“ fragt Gwen und schaut den Meister an.
Hetyei wiegelt ab: „Ich komme erst zum Empfangs-Imbiss ins Hotel. Ich bin noch mit Margo verabredet.“
„Soll ich dich nicht zu dem Gespräch begleiten? Du hast mir gar nichts davon gesagt ...“
„Nein, ich gehe allein.“
Gwen wird blass. „Warum triffst du dich mit Margo ...?“ Sie vollendet den Satz nicht, als sie die verschlossene Miene des Meisters sieht.
„Ich werde mit Anja sprechen“, antwortet Hetyei und verlässt die Küche.
„Komm, wir fahren.“ Rebekka zieht Gwen mit hinaus. Gwen möchte protestieren, aber ihr fallen die vielen Pflichten ein, die noch warten, und sie folgt Rebekka ohne Widerwort.
Als sie das Eingangstor passieren, hört sie das typische Nageln des alten Dieselmotors von Hetyeis altem Mercedes beim Starten. Während der Rückfahrt schweigt sie.
Eine halbe Stunde später halten sie vor dem Hotel. Rebekka setzt Gwen ab. „Ich fahre den Wagen zum Parkplatz und kümmere mich dann um die Neuankömmlinge. Bis bald.“
Gwen nickt ihr dankbar zu. Sie bleibt einen Moment stehen, sieht dem wegfahrenden Fahrzeug nach und wundert sich, dass Rebekka eine andere Richtung als die zum Parkplatz einschlägt.
Dann betritt sie die Hotelhalle. Sofort umschwirren sie die Stimmen.
Kapitel 11 – Gegen Mittag
„Na, wie läuft es?“ fragt di Flavio einen seiner Jungs, als er
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