Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
Ablöse, die ich in diesem Fall mit Ulla Hönig aushandle, werdet ihr mir erstatten. Außerdem nehme ich alle Forschungsergebnisse mit, die in diese Richtung gehen. Wenn ich dich richtig verstanden habe, seid ihr an allem, was mit der in-vitro-Maturation zusammenhängt, eh nicht sonderlich interessiert.“
„Margo hätte schon gern ... Aber gut. Es ist nur fair, auch Ulla gegenüber. Wenn du mit dem Wissen deine Forschung vorantreiben kannst. Ich werde dir bei der Séance helfen. Wann, denkst du, sollen wir anfangen und wo?“
„Ich möchte zum Landhaus fahren. Ich bitte dich, mit Ulla zu reden. Denk dran, nur, wenn es dir gelingt, sie zu überzeugen, werde ich dir und Margo keine Steine in den Weg legen.“ Der Meister schnauft hörbar.
„Ich denke, wir treffen uns gegen neun im Landhaus, und du bringst Ulla und eventuell auch ihre Freundin mit. Dir bleibt also genügend Zeit, mit den Leuten nach dem Abendessen noch einen Plausch zu halten“, sagt Gwen, und in ihrer Stimme schwingt Ironie. „Ich werde schon früher fahren, um alles vorzubereiten.“
„Nun, gut.“ Hetyei seufzt und blickt auf die Uhr. „So spät schon? Wir müssen uns beeilen.“
„Ich werde bei den nächsten Vorträgen nicht mehr dabei sein. Wenn mich jemand sprechen möchte, ich bin morgen früh noch einmal im Hotel.“ Gwen zögert einen Moment, aber dann rutscht ihr doch heraus: „Hat Rebekka sich denn schon entschlossen? Schließt sie sich der neuen Gruppe an?“
„Ich weiß nicht, Margo spricht mit ihr.“ Gwen kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Gerade Margo soll Rebekka überzeugen.
Kapitel 29
Julia schaut Ulla und Enno nach, wie sie den Hotelflur hinunter zu ihrem Zimmer schlendern. Sie halten sich verliebt an den Händen, lachen und turteln miteinander. Neid erfasst Julia, sie wünscht sich plötzlich, ebenso unbeschwert und jung zu sein wie Ulla, die ihr in diesem Moment wie ein Teenager vorkommt, von dem sie Jahrhunderte trennen. Ihr Rücken meldet sich schmerzhaft. Sicher hat sie sich mit der Wanderung heute Morgen zu viel zugemutet.
Ganz gegen ihren Willen geistert die Empore mit dem punktgenau ausgeleuchteten, geschlossenen Eichensarg in der Aussegnungshalle durch ihr Gemüt und erfasst sie wie ein eisiger Windstoß. Sie hört die feierliche Musik. Fragt sich einmal mehr, wozu die Kerzenständer eigentlich aufgebaut worden waren, obwohl die Strahler bereits ihre Funktion übernommen hatten. Diese Frage blieb ebenso unbeantwortet wie die nach dem Duft der Rosen. Warum konnten sie so unverschämt lebendig sein, wo sie sich doch ebenso tot fühlte wie Bernd, der in dem Sarg lag.
Julia kämpft gegen ihre Tränen an. Der Flur ist inzwischen leer, Ulla und Enno sind aus ihrem Blickfeld verschwunden. Sie schüttelt den Kopf, dann wendet sie sich um und trottet in die entgegengesetzte Richtung davon. Automatisch führen ihre Schritte sie zur Hotelterrasse. Plötzlich kann sie nicht schnell genug an die frische Luft gelangen. Draußen versucht sie, die Luft wie eine Ertrinkende einzusaugen.
„Ist Ihnen nicht gut, kann ich Ihnen helfen?“ wird sie gefragt. Eine Frau nimmt sie am Arm und führt sie an einen Tisch, rückt ihr den Stuhl zurecht. Julia ist froh, Halt zu finden. „Danke.“
Die Unbekannte setzt sich zu ihr, ihre braunen Augen ruhen mitfühlend auf Julia Gesicht, ihre warme Hand streichelt sacht Julias Arm. Tränen benetzen Julias Wangen, bis sie allmählich ruhiger wird. Nach einer Weile zieht die Fremde Julias Handfläche zu sich hin und betrachtet sie eingehend.
„Wenn Sie Ihren Schmerz annehmen, werden Sie ihn überwinden. Er wird sie stärken. Dann gelingt es Ihnen, die Erfahrung als Herausforderung anzunehmen, lässt Sie wachsen, macht Sie stärker. Probieren Sie es.“
Julia nickt ergeben. Die Frau ist aufgestanden und steht einen Moment in ihrem in den Farben der Sonne schillernden Umhang dicht vor ihr, sie riecht nach Vanille. „Alles Gute“, wünscht sie, und ehe Julia sich bedanken kann, ist sie verschwunden.
Der Stein auf Julias Brust scheint sich in einen Vogel zu verwandeln, der jetzt davonfliegt. Sie hört auf einmal das gleichmäßige Geräusch der auf den Strand auflaufenden Wellen. Ein kleiner Schmetterling fliegt vorbei, lässt sich für eine Sekunde auf ihrer roten Wanderjacke nieder, bemerkt dann seinen Irrtum und flattert weiter. Sie schaut zum Himmel. An ihm haben sich die Wolken nicht verzogen. Die südliche Sonne ist noch immer hinter grauen Wolken verschwunden, die sich
Weitere Kostenlose Bücher