Tatort Mosel
Weinlage Augenscheiner aufgebraucht wäre.
Elfie brachte Walde ein dick belegtes Baguette: »Guten Appetit!«
Walde kaute genüßlich auf einer in Olivenöl eingelegten getrockneten Tomate. Aus den Augenwinkeln registrierte er, dass emsige Geschäftigkeit im Redaktionsstübchen des Käsblatts herrschte, wo Uli in die Tasten hackte und daneben Rob, der Schnauz, am zweiten Rechner arbeitete. Jo stattete den beiden einen Besuch ab und wechselte ein paar Worte mit Uli, der kurz zur Theke sah und Walde zuwinkte.
Jo kam zurück. Elfie schenkte nach.
»Und, was willst du über Räumer wissen?« Uli war hinter die Theke getreten.
»Ich?« Walde war perplex. Er hatte insgeheim befürchtet, Uli wolle ihn über den Fall ausfragen. Es wäre ihm unangenehm, aber unvermeidbar gewesen, Uli an Monika verweisen zu müssen und bis zur Pressekonferenz am nächsten Tag zu vertrösten.
»Hast du den Fall abgegeben?«
»Nein.«
»Wenn Rob dem Layout den letzten Schliff verpasst hat, beginnt er mit den Ausdrucken. Dann erfährst du einiges im Käsblatt. Aber da ist natürlich längst nicht für alles Platz, was ich weiß und was gemunkelt wird.«
»Ich wusste gar nicht, dass Räumer hier verkehrt hat?«
»Hat er auch nicht. Du weißt doch, dass er sich bei mir, dem abtrünnigen stellvertretenden Lokalchef der Tageszeitung, nicht sehen lassen wollte. Es hätte ja sein können, dass er dann vom örtlichen Monopolisten nicht mehr so wohlwollend behandelt worden wäre. Aber einige seiner Geschäftsfreunde treffen sich hier regelmäßig nach Feierabend.«
»Ja, und?« Walde schob sich den letzten Bissen in den Mund.
»Das ,dreckige Dutzend’ wird der Aktivkreis von bösen Zungen genannt.«
»Und was ist sein Ziel?«
»Das weiß keiner so richtig. Die zwölf mächtigsten Säcke haben sich zusammengetan, um, wie sie von sich sagen, Energien zu bündeln. Um Geld zu bündeln, sagen meine Gäste aus der abendlichen Geschäftsrunde.«
»Du gehörst doch dazu«, bemerkte Jo.
»Wozu?«
»Zum Business. Du hast ein Lokal in einer 1A-Lage, mit einem 1A-Wein.« Jo trank geräuschvoll. »Und du betreibst eine gut gehende Snacktheke und gibst ein periodisch erscheinendes Printmedium heraus, das alle Eisen anfasst, die der Tageszeitung zu heiß sind.«
»Das hast du schön gesagt, Jo, wäre nur noch zu ergänzen, dass ich mir manchmal an den heißen Eisen die Finger verbrenne, was mir garantiert auch mit der nächsten Ausgabe des Käsblatts passieren wird.«
»Du machst mich neugierig, aber ich muss weiter.« Walde zog seinen Geldbeutel aus der Tasche.
Uli drehte sich zu Rob um, der ihm einen großen Bogen Papier brachte.
»Hier ist der Korrekturbogen. Ich finde die Satzfehler immer noch eher auf Papier als am Bildschirm.« Uli faltete das Blatt in der Mitte. »Das verstößt zwar gegen eines meiner vielen Prinzipien, aber du darfst es ausnahmsweise lesen, bevor ich es korrigiert habe.« Uli reichte Walde den Korrekturausdruck der vierseitigen Extraausgabe des Käsblatts.
Waldes Blick fiel sogleich auf ein Foto, auf dem er im weißen Overall beim Besteigen des Bootes zu sehen war. Von dem kompromittierenden Pullover keine Spur. Weitere Bilder zeigten die Techniker am Fundort auf der Moselinsel. Die komplette Seite zwei wurde von einem schwarz umrahmten Foto eingenommen, das Räumer mit seinem typischen Haifischlächeln zeigte. Auf Seite drei hatte Uli versucht, Räumers verflochtenes Firmen- und Immobilienimperium anhand einer Grafik aufzuzeigen.
Ein Möbelhaus mit mehreren Filialen, Immobilienverwaltung, Geschäfts- und Appartementhäuser, Handel mit Reitutensilien, Raumausstatter, Hausmeisterservice, Reiterhof, Werbeagentur und auch weitere Namen von Firmen, mit denen Walde nichts anfangen konnte, standen da. Weit mehr, als er erwartet hatte.
Walde faltete die Seiten zusammen und steckte sie ein.
»Das ist der Korrekturausdruck!« Ulis nicht angezündete Zigarette wippte zwischen seinen Lippen.
»Sorry.« Walde zog den Bogen wieder aus der Tasche.
»Geschenkt, lass stecken, es freut mich, wenn das Käsblatt so heiß begehrt ist und dazu noch bei den Bullen.«
*
In dem kleinen Fernseher neben der Theke lief Fußball. Der Muselfesch hatte gerade erst geöffnet. Theo, der Wirt, saß einsam vor der Theke.
»Tut sich noch nicht viel.« Walde fühlte sich, frisch geduscht, rasiert und umgezogen, wieder wohl in seiner Haut.
»Warum, 3:1 für Schalke, das reicht doch!«
»Ich meinte den Betrieb hier drin!«, präzisierte
Weitere Kostenlose Bücher