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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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gewählt«, ließ sich Gabi wieder vernehmen. Sie stand auf, stöckelte zur Flipchart und malte einen Kreis. »Wenn Räumer tausend Feinde hatte und Fellrich ebenso viele, was bei deren Geschäftsgebaren durchaus realistisch ist«, sie malte einen zweiten Kreis, der den ersten überschnitt, »dann ist das da«, sie schraffierte den Bereich, der in beide Kreise fiel, »die Schnittmenge.«
    *
    Walde musste raus aus dem Präsidium. Dieses Stochern in den dürftigen Indizien, die bisher vorlagen, schien ihm im Moment wenig ergiebig. Es musste einen anderen Weg geben, um weiterzukommen.
    Seit dem Morgen hatte er wieder dieses Gefühl, diese Unruhe. Es dauerte eine Weile, bis er es einordnen konnte. Es war Jahre her, dass er fieberhaft nach einem Kindermörder gesucht hatte. Damals hatte er sich in einer ähnlichen Lage befunden. Er hatte sich verantwortlich gefühlt für das Leben der Kinder, die der Psychopath bedrohte, aber kaum eine Chance, weil der Kreis der Gefährdeten sehr groß war. Diesmal waren es weit weniger Personen, die als Opfer in Frage kamen. Dennoch gestaltete sich die Aufgabe nicht als leicht.
    Er überprüfte sein Telefon. Der Akku war voll, die Mailbox leer.
     
    Uli zapfte Bier hinter der Theke, an der Walde als einziger Gast saß. Dafür herrschte an den Tischen vor der Tür Hochbetrieb.
    »Die wollen sich keinen Sonnenstrahl entgehen lassen.« Uli deutete nach draußen, von wo eine Kellnerin mit einem Tablett mit leeren Gläsern und Tassen hereinkam.
    »Unsere Probe morgen Abend fällt aus, ich komm wahrscheinlich auch nicht zur Jazz-Club-Session«, sagte Uli. »Ein Espresso?«
    Walde nickte.
    »Du siehst ziemlich scheiße aus, solltest es mal mit Schlaf probieren.« Uli stellte die Tasse auf die Theke und legte ein Schokoladenplätzchen auf die kleine Untertasse.
    »Es wundert mich, dich hier an der Theke anzutreffen. Liegt kein neues Käsblatt an?«, fragte Walde.
    »Ich halte lieber mal den Mund. Was in der nächsten Ausgabe drinstehen würde, könnte ich mir nicht leisten.«
    »Das verstehe ich nicht.« Walde zeigte auf seine leere Tasse.
    Uli wartete, bis die Kaffeemaschine ihr Getöse beendet hatte: »Wenn ich alles das schreiben würde, was ich weiß und was die Tageszeitung im Fall Räumer/Fellrich verschweigt, hätte ich nicht nur keine Anzeigenkunden mehr im Käsblatt, sondern alle Anwälte Triers mit Verleumdungsklagen am Hals.«
    Elfie, Ulis Lebensgefährtin, kam mit einem Tablett voller frisch belegter Sandwiches aus der Küche.
    »Hallo, Walde, du siehst müde aus.«
    »Danke, dein Kompagnon hat mich schon darauf aufmerksam gemacht, wobei seine Wortwahl …« Der Rest des Satzes ging im Geräusch der Kaffeemaschine unter.
    Uli stellte einen weiteren Espresso vor seinen Gast: »Ich habe schon ein paar Anzeigenkunden verloren, weil ich in der letzten Ausgabe ein wenig aus dem Nähkästchen geplaudert habe, was den Aktivkreis angeht.«
    »Das Nest beschmutzt hast«, ergänzte Walde.
    »Das Nest kann nur von dem Vogel beschmutzt werden, der auch drin sitzt. Mit dem Aktivkreis habe ich noch nie etwas im Schilde geführt. Außerdem scheint heute die gewohnte Runde der Geschäftsleute auszubleiben.« Uli deutete auf die leeren Hocker. »Um diese Zeit sind normalerweise die ersten schon hier. Die haben wahrscheinlich beschlossen, sich woanders zu treffen. Jetzt beginnt so langsam die Touristensaison, da habe ich wenigstens Platz.« Er wischte mit einem Lappen die Theke ab. »Und wie läuft’s bei dir? Ich hatte letzte Nacht den Eindruck, als wärst du auf der Flucht gewesen.«
    »Da ist jemand durch das Tor des Priesterseminars gehuscht.«
    »Und?«
    Walde erzählte ihm, was geschehen war.
    »Das war vielleicht einer der Bewohner, der die Ausgangszeit überschritten hat und nicht an der Pforte vorbei wollte«, vermutete Uli. »So was kann auch bei zukünftigen Priestern vorkommen. Manche von denen wollen sich auch die Hörner abstoßen.«
    »Wie sich das anhört ’die Hörner abstoßen’«, sagte Walde und schüttelte den Kopf.
    »Ich habe auch drastischere Formulierungen, so ist das nicht. Die Handvoll Jungs lebt da wie die Made im Speck, wenn du mich fragst.«
    »Ich frag aber nicht«, murmelte Walde.
    »Die wissen doch gar nicht, was läuft. Die leben da so behütet wie zu Hause im Hotel Mama.« Uli war bei seinem beliebtesten Hetzthema angelangt. »Und nachher kriegen sie noch ihre Alimente vom Bistum bezahlt. Die werden gleich vom Gehalt abgezogen, als gäbe es kein Zölibat mehr,

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