Tatort Oktoberfest (German Edition)
recherchiert.“
„Später, jetzt ist keine Zeit dafür. Zieh dich schnell um, und dann geh dort in das Häuschen, damit man dich für die Aufnahmen schminkt und frisiert.“
„Schon wieder Frisör, ick weeß nicht, ob …“
„Erinnere dich an die Abmachung, erst die Arbeit und dann … Bis gleich! Und denk dran, hier ist die Regisseurin die Chefin, ihr Wort ist Gesetz. Am besten, du bleibst stumm.“
„Ick weeß schon, weil ick Preuße bin, kommt det nich so gut.“
„Exakt.“ Claudia schmunzelt und dreht sich um. Sie hofft, mit der Heimatliedsängerin noch ein paar Worte wechseln zu können. Frau Helga Immerschön entpuppt sich zum Glück als patente Frau, die den Rummel gewöhnt ist und eine heitere Ruhe ausstrahlt. Natürlich möchte sie so vorteilhaft wie möglich rüberkommen. „Ich koche zwar leidenschaftlich gern, aber nichts Kompliziertes“, verrät sie Claudia. „Hier ist meine neue CD, Sie wissen, die leidige PR. Frau Wagner meinte, wenn das Gericht schmurgelt, Sie wüssten schon, wann …“ Sie reicht ihr eine Aufnahme.
„Schönes Cover“, sagt Claudia, prägt sich den Namen nochmals ein, bevor die CD in der Tasche ihrer weißen Arbeitsschürze verschwindet. „Auch PR.“ Mit einem Lächeln reicht Claudia der Sängerin eine Schürze mit ihrem Logo.
„Welche Ehre“, lacht Frau Immerschön.
„Verkauft sich hervorragend über meine Website, hat sich offensichtlich inzwischen zu einem Markenzeichen entwickelt.“ Claudia setzt sich auf den Campingstuhl und überlässt es der Maskenbildnerin, ihr Stirn und Nase zu pudern und mit einem Stift da und dort eine Linie nachzuziehen. Als sie damit fertig ist, tritt Claudia zu der bereits wartenden Frau Immerschön, um mit ihr zusammen zurück zum Set zu wandern. „Allora, dann wollen wir. Ein wundervolles Ambiente, nicht wahr?“ Gerade schlägt eine Windböe das bodenlange, weiße Tischtuch an einer Stelle hoch. Das Holz des schmalen, bankartigen Tisches wird sichtbar. Der Damast landet in einer Schüssel mit Salatsoße, und Claudia lacht. Sie schlendern an der fürstlich gedeckten Tafel vorbei.
„Igitt“, flucht die Assistentin und fischt den Stoff heraus. Dabei streift sie die Platte mit den verschiedenfarbigen Melonenschnitzeln, und einige trudeln auf den Boden.
„Kommen Sie hier an meine Seite.“ Claudia wirft rasch einen prüfenden Blick auf die wartenden Schüsseln mit den Kochzutaten, dreht sich zum Gasherd um und nickt. Alles in Ordnung. Auch der Ofen wurde optimal positioniert, sein Edelstahl glänzt im Licht. Der Geruch des historischen Gebäudes sättigt die Luft und beflügelt ihre Fantasie. Sie schließt für einen Moment die Augen. Als sie die Lider öffnet, erblickt sie wie in einem Traum Ludwig. Er schreitet in seiner Majestätsuniform den Weg hinauf. Im Brunnen murmelt das Wasser sacht vor sich hin und verbindet sich mit den Vogelstimmen. Die Wasserspiele sind noch nicht eingeschaltet. Ein Märchen. Es wäre perfekt, wenn die Regisseurin nicht drängen würde. „Jeder auf seinen Platz! Beeilung, Beeilung, wir müssen, hoffentlich …“
Claudia folgt dem besorgten Blick der Regisseurin. Am Himmel wälzen sich fette Wolken, stärker als ihnen lieb ist, ihre schwarzen Ränder künden einen Wetterwechsel an. „Die nächste Stunde bekommen wir sicher noch trocken in den Kasten.“ Claudia verbreitet Optimismus. Ihre ersten Sendungen wurden aufgezeichnet. Oft wurden mehr als die erforderlichen 45 Minuten gedreht und Takes wiederholt. Doch seit einiger Zeit geht die Sendung live über die Bühne. Alles muss auf die Sekunde klappen.
„Ludwig, stellen Sie sich bitte hier hinten hin. Claudia, Sie begrüßen ihn als Schlossherr und laden ihn ein zuzuschauen. Sie haben ihm klar bedeutet, dass er kein Sterbenswörtchen verlauten lassen soll?“
„Sì, sì.“
„Also gut. Frau Immerschön, bitte hier auf diese Seite. Wir beginnen wie immer mit Claudias Erklärung, was heute gekocht wird. Okay, Action, Kamera läuft.“
„Meine Damen und Herren. Ein herzliches Grüß Gott. Wie Sie sehen, kochen wir heute vor der Kulisse des herrlichen Schlosses Linderhof. In dieser Form im Rokokostil auf Wunsch seiner Majestät Ludwig II. von Georg von Dollmann in den Jahren 1874 bis 1878 errichtet. Seine besonderen Attraktionen sind die Wasserspiele, die wir einschalten dürfen, wenn wir mit dem Kochen fertig sind. Unsere Kamera wird sie natürlich zur Venusgrotte und zum Maurischen Kiosk führen, die beide Motiven aus Wagners Opern
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