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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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hinauf und bewahrten sich gegenseitig vor dem Abrutschen.
    Irgendwann erreichten sie die auf der Anhöhe gelege Ebene und lehnten sich ausgepumpt an die nächstbesten Baumstämme – die Auswahl in dieser Hinsicht war ja nicht zu beanstanden.
    »Lasst mich einfach hier zurück. Erfrieren ist ein schöner Tod«, hauchte Franziska, die an ihrem Stamm in den Schnee gesunken war.
    »Nicht, Franzi, du wirst ja ganz nass.« Claudia zog sie wieder hoch.
    Leif hatte die Kanister fallen lassen und rieb sich seine schmerzenden Handgelenke. Dann öffnete er seinen Rucksack und spendierte eine Runde bestes norwegisches Leitungswasser.
    »Jetzt kann man die Hütte doch bestimmt bald sehen«, äußerte Claudia hoffnungsvoll.
    »Ich glaube, wir müssen noch etwas weiter nach links«, entgegnete Leif, »leider sieht ja hier alles gleich aus.« Er lachte nervös. »Aber wir finden sie schon.«
    Franziska spielte in Gedanken bereits verschiedene Todesarten für den Mann durch, der sie in diese Baum- und Schneehölle gelockt hatte.
    Sie trotteten weiter. Glücklicherweise ging es jetzt nicht mehr bergauf. Dafür hatte sich in ihren Stiefeln massenhaft Schnee angesammelt, der allmählich zu erfrischendem Eiswasser wurde. Lukas spürte seine Füße nicht mehr, aber so war das anscheinend bei Polarexpeditionen.
    »Nein, doch da lang!« Leif wandte sich wieder nach rechts. Als Claudia ihre Nervosität kaum länger verbergen konnte, sahen sie etwas Grünes durch die schneebeladenen Zweige schimmern.
    »Da ist sie ja!«, rief Leif.
    »Bist du sicher?«, fragte Claudia skeptisch.
    »Ganz sicher!«
    Die Erleichterung hätte nicht größer sein können, wären sie nach tagelangem Marsch durch die Wüste auf eine Oase gestoßen.
    Franziska fasste sich an den Kopf. Wie man auf die Idee kommen konnte, eine Waldhütte ausgerechnet in Grün zu streichen, war ihr schleierhaft. Das zeigte mal wieder, was für ein Holzkopf ihr Reiseleiter doch war. Gott sei Dank hob sie sich farblich vom Schnee ab. Zu jeder anderen Jahresszeit hätten sie die Hütte wahrscheinlich nie gefunden.
    Von neuer Energie erfüllt stapften sie auf das geduckte grüne Holzhaus zu, das sich in die ebenso einförmige wie harmonische Landschaft einfügte, als wäre es ein Teil von ihr. Drei schneeglatte Stufen führten zur Veranda hinauf, die einmal um die Hütte herumlief. Von der Rückseite aus sah man durch die Zweige hindurch die weiße Fläche eines kleinen Sees, der etwas tiefer und nur wenige hundert Meter entfernt lag – ganz so, wie Leif es ihnen beschrieben hatte.
    Der tastete derweil die Stelle über der Haustür ab, die im Schatten der Dachschräge verborgen lag.
    Nichts.
    Er fuhr mit der Hand unter der Dachschräge entlang und stiefelte dabei um die halbe Hütte herum.
    Wieder nichts.
    Dann widmete er sich dem Dachstuhl des angrenzenden Schuppens, hielt inne und schwenkte im nächsten Moment mit schelmischer Miene einen kleinen Schlüssel hin und her. Er sah dabei aus wie jemand, der an Heiligabend mit dem Glöckchen zur Bescherung bimmelt.
    Das Erste, was ihnen beim Betreten der Hütte auffiel, war der leicht muffige Geruch, der ihnen entgegenschlug. Das Zweite, dass es dort drinnen keinen Deut wärmer war als draußen. Also behielten sie zunächst ihre Anoraks an, während Claudia und Franziska die Rucksäcke ausräumten und »die Männer« sich der archaischen Tätigkeit des Feuermachens widmeten.
    In der Mitte des Wohnzimmers stand ein riesiger gusseiserner Ofen, in dem knochentrockene Holzscheite, zwischen denen zerknülltes Zeitungspapier steckte, nur darauf warteten, in Brand gesteckt zu werden. Leif riss eines der Streichhölzer an, die unter dem Ofen gelegen hatten, und schon Sekunden später begann es im Bauch des grauen Monstrums zu zischen und zu knacken.
    Zeit für einen kleinen Rundgang durch das noble Quartier: Das Wohnzimmer war ein großer heller Raum, der mindestens zwei Drittel der gesamten Hütte beanspruchte. In einer Ecke befand sich eine gemütliche blaue Sitzgruppe, davor ein Couchtisch, der, wie sämtliche Fenster und Wände, aus hellem Kiefernholz war. An der gegenüberliegenden Wand stand ein rechteckiger Esstisch mit sechs Stühlen. Das Wohnzimmer mündete in einen schmalen Gang, dessen Ende eine Küchenzeile mit Gasherd beherbergte.
    »Wo kühlt man denn im Sommer die Lebensmittel?«, wollte Claudia wissen, die bemerkt hatte, dass es keinen Kühlschrank gab.
    »Unter der Erde.« Leif zeigte auf eine Falltür, die in den Boden eingelassen

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