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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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war. »Dort ist ein kleiner unterirdischer Raum, in dem es auch im Sommer schön kühl ist.«
    Vom Gang zweigten zwei Schlafzimmer ab. In dem einen, in dem Claudia bereits ihre Sachen ausgebreitet hatte, stand ein breites Doppelbett. Das andere Schlafzimmer war deutlich kleiner und mit zwei Stockbetten ausgestattet. Durch ein winziges quadratisches Fenster drang trübes Licht. War ja klar, dachte Franziska. Die Erwachsenen residieren wie die Könige, während die Kinder in einer Besenkammer zusammengepfercht werden. Lukas hatte schon eines der oberen Betten erklommen und verkündet, er würde am liebsten ewig hierbleiben.
    Rechts der Haustür befand sich ein kleiner Schuppen in Gestalt eines länglichen Vorratsraums, in dem sie ihre Lebensmittel deponierten: Milch, Brot, Butter, Marmelade, Nudeln, Chips, Schokolade etc.
    Letzter Programmpunkt der Führung war der kleinste Raum des Hauses. Franziska war regelrecht erleichtert, als Leif die Tür aufstieß, denn sie hatte weitaus Schlimmeres befürchtet. Abgesehen davon, dass es auch hier eiskalt war, machte die karge Kammer einen fast gemütlichen Eindruck. In der Mitte einer erhöhten Sitzbank erblickte sie ein kreisrundes Plumpsklo mit Deckel. In der Ecke stand ein offener Sack mit Torf, in dem eine kleine Schaufel steckte. Einziger Einrichtungsgegenstand war eine rote Kerze, die in einem hölzernen Halter steckte, damit man nicht vollends im Dunkeln sitzen musste. Das kleine Fenster, das nach hinten hinausging, schmückte ein rot-weiß karierter Vorhang. So konnten einem die Elche nicht zusehen, wenn man sein Geschäft verrichtete.
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkamen, zeigte das Feuer im Ofen bereits Wirkung. »Schon drei Grad«, gab Lukas fröhlich bekannt, nachdem er einen Blick auf das Thermometer geworfen hatte. Wahrscheinlich zieht Mama gleich ihren Bikini an, dachte Franziska. Claudia bereitete auf dem Herd Kaffee und Kakao zu, während Lukas und Leif über das Feuer wachten und bei Bedarf neue Scheite nachlegten, die sich in einem bauchigen Weidenkorb stapelten. »Morgen wird Holz gehackt«, verkündete der Hausherr. «Unter der Veranda müsste noch jede Menge Brennholz liegen.«
    Ihre Stimmung stieg mit der Temperatur – von frostig über erträglich bis angenehm . Alsbald zogen sie ihre Schuhe aus und warfen, als die Zehn-Grad-Marke überschritten war, beschwingt ihre Jacken von sich.
    Selbst Franziska war jetzt ziemlich aufgekratzt und schleppte ein paar Spiele herbei, die sie im Regal auf dem Flur entdeckt hatte. »Zur Auswahl stehen: Monopoly , Scrabble , Mensch ärgere dich nicht , Malefiz und Kniffel .«
    »Warum hast du denn so viele Spiele hier?«, wunderte sich Claudia.
    »Spiele gehören in jede Hütte«, erklärte Leif kategorisch.
    So breiteten sie nacheinander mehrere Spiele auf dem Fußboden aus, schlürften Kaffee und Kakao, streckten ihre Füße dem warmen Ofen entgegen und glitten in träger Behaglichkeit durch die ersten Stunden ihres gemeinsamen Hüttenlebens.
    ✶ ✶ ✶
    Irgendwann musste Franziska erschöpft eingeschlafen sein, denn als sie wieder aufwachte, badete der Wohnraum im gelblichen Schein zahlreicher Kerzen und Öllampen, während draußen pechschwarze Dunkelheit herrschte.
    Wie in einer Höhle, schoss es ihr durch den Kopf, der sich dumpf und schwer anfühlte. Als sie in den Spiegel schaute, sah sie, dass sie feuerrote Wangen und fiebrige Augen hatte. Im nächsten Moment flog ihr Wollpullover in die Ecke. Das T-Shirt darunter war völlig verschwitzt. War ja auch kein Wunder, weil das gusseiserne Ungetüm von einem Ofen die eben noch tiefgefrorene Hütte inzwischen in eine Großraumsauna verwandelt hatte. Franziska hätte sich gern gewaschen, aber so etwas war hier offenbar nicht vorgesehen. In zwei Tagen würden sie stinken wie die Iltisse, das war sonnenklar. Das Wasser in den Kanistern sei nämlich nur zum Kochen da, hatte Leif ihnen eingeschärft, der nun in rosa Polohemd und Khakishorts auf dem Sofa lag und in einer Zeitschrift blätterte. Seine gleichmäßige Sonnenbräune war Franziska ein zunehmendes Rätsel. Entweder schmierte der sich jeden Tag mit Bräunungscreme ein oder er hatte irgendeine Pigmentstörung, die für diesen unnatürlich dunklen Teint verantwortlich war. Ihre Mutter bewies derweil ihre hausfraulichen Fähigkeiten und stellte einen großen Topf mit Wiener Würstchen auf den gusseisernen Ofen. Dazu gab es weiche Brötchen, getrocknete Zwiebeln, saure Gurken, Ketchup und Mayonnaise, damit sich jeder

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