Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick L. Brille
Vom Netzwerk:
Untersuchung Ihrer Leberwerte einen Assistenzarzt in einen virtuellen Vollrausch versetzt hat – immer und überall wird das Gespräch auf die Frage der Verdauung kommen.
    Nicht, dass dies ein angenehmes Thema wäre – im Gegenteil. Je älter man wird, desto mehr Probleme bereitet die interne Umwandlung der zugeführten Nahrung schließlich: Von der Verstopfung bis zur Diarrhö ist der Weg meist kurz, aber schmerzhaft, und im Laufe eines langen Lebens ist die einwandfrei funktionierende Darmtätigkeit ohnehin eher die Ausnahme als die Regel, was wiederum erklärt, dass vor allem ältere Menschen einen ausnehmend großen Wortschatz in petto haben, wenn es darum geht, das jeweils passende Beschwerdebild für den Zuhörer plastisch zu umreißen.
    Auch wir wollen uns jetzt dieser Thematik annähern, wenngleich weniger auf dem medizinischen Trampelpfad als vielmehr auf dem Umweg über die wirtschaftliche, genauer gesagt die berufliche Seite der Verdauungsproblematik. Denn tatsächlich ist das Kreuz mit dem Darm, dass er sich nur schwer erziehen lässt. Das heißt – er wird aktiv, wenn es ihm passt, und diese Phasen müssen nicht immer und überall mit den Bedürfnissen und/oder Wünschen seines Trägers übereinstimmen.
    So kann es also durchaus passieren – und es passiert immer, verlassen Sie sich drauf –, dass auf dem dreitägigen Freiluft-Fest der volkstümlichen Weisen im schönen Zillertal ein Darmvirus sein Unwesen treibt, das die Zuhörerschaft reihenweise dazu zwingt, den mittäglichen Semmelknödel stante pede den Weg alles Irdischen gehen zu lassen. Ähnliche Szenarien lassen sich beispielsweise auf Volksfesten ersinnen, auf großen Rockkonzerten oder Baustellen aller Art. All dies sind Örtlichkeiten, die normalerweise keine Badezimmer aufweisen, und da die massenhafte Entleerung in Mutter Natur schon aus ökologischer Sicht nicht angebracht ist, hat einst ein schlauer Mensch die transportable Toilette erfunden: das Dixiklo.
    Schlank ist es, und es gemahnt in seiner Form fast ein bisschen ans Phallische. In der Regel ist das Häuschen in hellen Blautönen gehalten und mit einer Art weißem Kuppeldach versehen. Und es ist oftmals die letzte Rettung für jene, die mal »ganz dringend für kleine Königstiger« müssen. Beispielsweise nach dem Genuss eines aus der Feldküche stammenden Chili con Carne, für dessen Frische ein beleibter Koch mit Schweißperlen auf dem schütteren Ansatz der fettigen Haare seine schwielige Hand ins Herdfeuer legen würde. Wer es dann nicht mehr bis zur nächsten öffentlich zugänglichen Toilettenanlage schaffen würde, ist dankbar und froh, ein Dixiklo zu entern.
    Dixiklos sind also eine Art Windel für den Erwachsenen, sind unverzichtbare Bestandteile von Massenveranstaltungen und Großbaustellen geworden. Was allerdings kaum jemand weiß, weil sich kaum jemand darüber ernsthaft Gedanken machen will: Dixiklos sind irgendwann mal voll. Komplett. Dicht. Ihr Speicher fasst nix mehr. Ende Gelände. Aus die Maus. Feierabend.
    Sobald dies der Fall ist, oder möglichst noch knapp vor dieser Stunde X, müssen sie abtransportiert, geleert, gereinigt und anschließend zum neuen Bestimmungsort gebracht werden. Und genau dafür gibt es Spezialisten: die Dixiklo-Fahrer. Diese haben gelernt, den besagten Speicherinhalt mit einem speziellen Servicemobil (Saugwagen) des jeweiligen Unternehmens abzupumpen und ihn möglichst umweltgerecht in der nächstgelegenen Kläranlage zu entsorgen. Dafür braucht es die entsprechende Ausbildung und eine gewisse geistige Grundhaltung, die immer dann gefragt ist, wenn das Dixiklo vor dem Entleeren von besonders witzigen Zeitgenossen umgekippt wurde oder schlicht und ergreifend übergelaufen ist, denn auch das passiert immer wieder.
    Übrigens: Fürstlich entlohnt wird diese verdienstvolle Arbeit am Wohl der Menschheit nicht unbedingt. Im Schnitt verdient ein Dixiklo-Fahrer in Deutschland rund sechzehnhundert Euro im Monat.
     
Gefahr: * (Je mehr wir unsere Fantasie kreisen lassen, desto mehr Gefahren fallen uns ein: Die Absaugvorrichtung könnte lecken, die Pumpe explodieren, der »Tankwagen« verunglücken usw. Realistisch ist dies alles eher nicht – deshalb bei Gefahr nur ein Stern.)
Langeweile: **** (Wenn der folgende Satz auf irgendetwas wirklich zutrifft, dann auf Dixiklos: Hat man eines gesehen, hat man alle gesehen.)
Seltenheit: *** (Egal, wie häufig es diesen Beruf wirklich gibt – kaum jemand wird sich dazu bekennen, ein

Weitere Kostenlose Bücher