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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick L. Brille
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Dixiklo-Fahrer zu sein.)
Ekelfaktor: ***** (Was pumpt ein Dixiklo-Fahrer ab? Müssen wir mehr sagen? Fünf Sterne.)
Neidfaktor: (Was pumpt ein Dixiklo-Fahrer ab? Müssen wir mehr sagen? Null Sterne.)

Tatortreiniger
     
    K aum ein Berufsstand erfreut sich derzeit so großer literarischer Beliebtheit wie der des Pathologen. In Romanen und diversen Fernsehserien lösen Gerichtsmediziner mittels diverser Mikroorganismen, verschiedener ph-Werte, mikroskopisch kleiner Knochensplitter und natürlich der offenbar ebenso unverzicht- wie unfehlbaren Faserspuren einen spektakulären Mord nach dem anderen. Dabei stellen sie den guten alten Kommissar stets in den Schatten und wirken dabei auch noch unglaublich eloquent, sodass man sich unwillkürlich fragt, warum man eigentlich nicht irgendwann selbst einmal die behandschuhten Fingerchen bis über die Ellbogen hin im Gekröse eines soeben Gemeuchelten versenkt. Scheint ja doch irgendwie Laune zu machen, und über einen Mangel an Abwechslung kann der Diagnosegott auch nicht klagen. Tja, Pathologe müsste man sein.
    Eine kleine Einschränkung gilt es jedoch vorzunehmen: Man sollte über einen gesunden Magen verfügen. Nicht alle Menschen sind nämlich gleichermaßen gut dafür geeignet, mit den großen Themen wie Tod, Sterblichkeit und Verwesung angemessen umzugehen, und das Ausschaben einer freigelegten Arterie, um dort eine hawaiianische Pollenart als ultimativen Beweis zu finden, führt bei empfindlicheren Gemütern zuweilen zu unangenehmen Nebenerscheinungen und Begleitumständen. Etwas lyrischer ausgedrückt: So viel Blut und Innerei sorgt für gekotztes Allerlei.
    Und genau dieser gereimte Euphemismus aus dem Handbuch des kleinen Brachialpoeten bringt uns zum eigentlichen Thema dieser Zeilen: Wer macht eigentlich den Dreck weg? Ja, ja – schon klar. Für den Mausetoten ist ein ordentlich bestallter Bestattungsservice das Mittel der Wahl, und da blutige Messer, mit Wundekzemen besetzte Schrapnellsplitter und Kugelfragmente, an denen sich noch Reste der Hirnanhangdrüse sichern lassen, bekanntlich Beweismittel sind und in kleinen durchsichtigen Beutelchen verstaut werden, bleiben letztlich bloß die Blut- und Urinflecken, die für die Beweisführung nicht benötigten Mageninhalte, die möglicherweise absichtslos verstreuten Tuberkel-Bazillen sowie weitere appetitanregende Klein- und Kleinstreste aus der Krabbelkiste des Grauens.
    Bloß?
    Mal ehrlich: Irgendjemand muss doch so einen Tatort irgendwann auch mal aufräumen. Sauber machen. Putzen. Vom Geruch befreien.
    Stellen Sie sich doch bitte mal vor, in München-Schwabing hat sich der einsame Klaus-Dieter mittels eines Rasiermessers nicht nur seines lockigen Bartes beraubt, sondern sich zum Behufe des fließenden Übergangs in die ewigen Jagdgründe gleich auch noch die Kehle durchgeschnitten, blutet darob sauber aus und liegt nun – in Ermangelung einer Lebensabschnittsgefährtin – vollständig unbemerkt drei Wochen lang herum, bis man sich im darüber liegenden Penthouse endlich wegen der vielen Fliegen beschwert.
    Können Sie sich ausmalen, wie es in Klaus-Dieters Appartement zu diesem Zeitpunkt bereits riecht? Ja? Hochsommer, achtundzwanzig Grad Celsius und Föhn über München? Den Geruch schon in der Nase? Nein? Gut – ist auch besser so. Tatsache ist, dass Sie die Wohnung des freundlichen Rasierfetischisten nie wieder vermieten können, wenn Sie den Geruch nicht aus den Wänden schrubben. Und die Blutflecken. Und die Fliegen. Die vor allem. Und dafür sind nicht die Kommissare zuständig und nicht die Gerichtsmediziner und leider auch nicht die schon angesprochenen Pathologen: Das macht heutzutage der Tatortreiniger.
    Egal, ob Selbstmord, Unfall oder Mord: Bis vor nicht allzu langer Zeit überließen die jeweils beauftragten Einsatzkräfte es einfach den Hausmeistern oder dem wöchentlich anrückenden Putzgeschwader, die Schweinerei zu beseitigen. Doch dieser Job ist nichts für schwache Nerven. Tatsächlich überfordert er zuweilen selbst die scheinbar Kräftigsten. Und die Vorstellung, dass Hausmeister Karl, der seine Verantwortung ansonsten in Form einer Mischung aus Scharfrichter, Blockwart und Einheitsparteivorsitzendem wahrnimmt, plötzlich zum schwer traumatisierten Waschlappen mutiert und daherkommt wie ein wimmernder Pandabär im Kinderwagen, ist nur schwer erträglich. Zudem gilt natürlich, dass Putzen nicht gleich Putzen ist und dass das Reinigen eines Tatortes ganz andere Aufgabenstellungen

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