Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
des ägyptischen Totenkults, bei dem der Verfall des eigenen Körpers nach dem Ableben als Super- GAU galt. Denn nur wer auf seinen eigenen zwei Beinen und einem Rumpf, der möglichst wenige Wurmlöcher aufwies, ins Totenreich spazieren konnte, durfte dort auf eine vergleichsweise angenehme Ewigkeit hoffen. Das Präparieren der Verblichenen nennt man übrigens »Einbalsamieren«, was von verschiedenen als »Balsam« bezeichneten Ölen herrührt, die man seinerzeit für die Dauerfrischhaltung verwendete.
Weit weniger Ansehen genossen jene Menschen, die sich – beginnend in der Renaissance und im 19. Jahrhundert eine Blütezeit erlebend – mit der Tierpräparation beschäftigten. Diese hatten den undankbaren Job, sich in einem Zeitalter, in dem der Fotobeweis mangels entsprechender Technik schlechterdings unmöglich war, der Dokumentation der Arten anzunehmen, was dazu führte, dass sie sich mit allerlei totem Getier herumzuschlagen hatten. Nun mögen Sie einwenden, dass daran doch per se nichts Anrüchiges sein könne, doch das Gegenteil ist richtig.
Lassen Sie uns dies anhand eines Beispiels illustrieren: Ein großer britischer Naturforscher – nennen wir ihn Sir Archibald Dingsbums – reist mittels Schiff und Kamelkarawane durch die Soundso-Wüste, entdeckt in deren hinterstem Zipfel einen bis dato vollständig unbekannten Vierbeiner, den er – ganz Brite – mittels Blattschuss in die ewigen Jagdgründe schickt. Fragen der Arterhaltung haben Sir Archibald noch nie interessiert, aber er möchte natürlich sichergehen, dass das bisher unbekannte Tier als seine Entdeckung anerkannt wird und folgerichtig seinen Namen erhält – Hippo Archibaldensis beispielsweise. Was also tut Sir Archibald? Er schnallt das tote Tier auf ein Kamel, trabt durch den Wüstensand zurück in Richtung Meer, verschifft den mittlerweile schon extrem streng müffelnden Kadaver in Richtung England und präsentiert die zerfledderten Überreste nach wochenlanger Heimreise einem beflissenen Präparator. Dem schildert er nun, wie das Tier in natura ausgesehen hat und welche Körperhaltung die passende wäre und legt die bildhafte Darstellung sodann in die eifrigen Hände des Dienstleistenden.
Sir Archibald hat also ein Exemplar heimgebracht, und der Präparator hat es ausgestopft – auf das »Wie« kommen wir noch zu sprechen. Und weil sich Hippo Archibaldensis so hübsch im Kaminzimmer macht, wollen bald viele Briten ein ähnliches totes Tier zur Zierde des Eigenheims erwerben, senden entsprechende Expeditionen aus und bescheren den Präparatoren einen steten Strom an übel riechenden Exemplaren ein und derselben neuen Gattung, deren Population damit nicht selten in den Zustand eines städtischen Theaterbetriebs gezwungen wird: ohne staatliche Hilfe, Zuschüsse und wohlmeinende Mäzene zum Aussterben verurteilt.
Fassen wir zusammen: Tierpräparatoren galten schon deshalb als ein wenig anrüchig, weil es in ihren Werkstätten naturgemäß tatsächlich sehr streng roch. Außerdem mehrten sich im Laufe der Jahre jene Stimmen, die es für blanken Unsinn hielten, Tiere abzuknallen, nur um sie anschließend auszustopfen – ein anachronistischer Gedanke, der der menschlichen Sammelleidenschaft kaum gerecht werden kann, allerdings immer mehr Verfechter fand.
So richtig wohlgelitten sind Präparatoren bis heute nicht. Zwar haben sie das Geruchsproblem längst gelöst und leisten der Wissenschaft großartige Dienste, aber nicht jeder weiß die liebevolle Akribie, die diese Berufsgruppe bei ihrer Arbeit am Kadaver an den Tag legt, wirklich zu schätzen. Und der eine oder andere Fernsehkrimi greift die Thematik nur allzu gerne auf und illustriert anschaulich, dass das Ausstopfen eines Fuchses grundsätzlich keine anderen Anforderungen an die handelnde Person stellt als die Präparation der soeben gemeuchelten Schwiegermutter.
Jenseits dieser selbstverständlich völlig absurden Vorurteile ist der Beruf des Tierpräparators höchst anspruchsvoll. Man braucht dazu nicht nur künstlerisches Talent und fundierte Kenntnisse der Naturgeschichte, sondern muss auch um die Geheimnisse der Präparierung wissen und sich frühzeitig über die Form der Präsentation Gedanken machen. Wenn nämlich Klein-Henning in die Ausstellung des naturgeschichtlichen Museums stolpert, weil sein biologieaffiner Onkel ihn mit einer Mischung aus Zuckerwatte und Zuneigung da hineinmanipuliert hat, dann will er auf keinen Fall einen schlafenden Waschbären sehen,
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