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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick L. Brille
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vorgelassen, wenn man seine intellektuelle Ladehemmung im diskreten Ambiente eines Fernsehstudios präsentieren möchte – die lassen einen einfach nicht mehr rein, nur weil man im Bewerbungsschreiben damit prahlt, diesmal den Schäferhund der Nachbarin geschwängert zu haben. Da ist dann guter Rat teuer, da wird’s dann wirklich schwierig.
    Für all jene Verzweifelten gibt es jetzt einen Berufsstand, der sich mit solchen Problemen auskennt: der Schlussmacher.
    Dieser beendet Beziehungen per Brief (!) oder auch im persönlichen Gespräch (!!). Nichts mit Short Message, nichts mit E-Mail oder einer »Ab-durch’s-Minenfeld-du-Schlampe«-Botschaft auf Twitter – hier menschelt es noch so richtig, hier tobt die pralle Sozialromantik. Werfen wir einen Blick auf die Trennungsagentur von Bernd Dressler in Berlin, die pro Tag rund drei bis vier Anfragen reinbekommt. Da kann der Anrufer dann unter gleich vier höchst stilvollen Versionen wählen:
     
1.»Lass uns Freunde bleiben« für 29,95 Euro
2.»Lass mich in Ruhe«, mit Kontaktverbot, ebenfalls 29,95 Euro
3.Schriftliches Schlussmachen per Brief für 39,95 Euro
4.Persönliches Schlussmachen mit einem Gespräch vor Ort, ab 64,95 Euro
    Ach ja – das hat Würde, Charme und Stil. Hier bleibt kein Raum für Zweifel, jetzt kann man sich endlich sicher sein, dem Expartner zum Abschied noch einmal etwas Gutes getan zu haben. Schließlich wurden für die Pakete eins oder zwei schon mal dreißig Eumel lockergemacht, sodass niemand behaupten kann, man habe sich nicht genügend engagiert. Es soll sogar Leute geben, die auf diese Weise mehr in das Ende einer Beziehung gesteckt haben als zuvor in die Partnerschaft selbst.
    Egal. Schwamm drüber, sauberer Schlussstrich, perfekte Trennung. Natürlich will die Agentur vor Auftragsannahme noch wissen, ob die zu entsorgende Ablegeware eventuell zur Anwendung körperlicher Gewalt im Enttäuschungsfalle neigt – dann könnte es geschehen, dass der Auftrag abgelehnt wird, denn für popelige dreißig Mücken lässt sich ein Finito-Bote nicht gern vermöbeln. Persönliche Gespräche übrigens werden ausschließlich im Treppenhaus oder vor den Wohneinheiten der Abgelegten durchgeführt, denn die Schlussmach-Agentur scheut öffentliches Aufsehen in Cafés ebenso wie die Aussicht, in fremden Wohnküchen mit unvermittelt gezückten Teppichmessern attackiert zu werden. Man weiß ja nie, wohin die Leidenschaft den Menschen treibt.
    Zum Service der Agentur gehören neben dem Überbringen der taktvoll übermittelten Botschaft auch die Rückholung von Eigentum aus der Wohnung des/der Verflossenen und die Aussprache eines Kontaktverbots. Auch Begleitung zu schwierigen Gesprächen kann man sich hier bestellen – beispielsweise dann, wenn der Ex dem albanischen Drogenhändlermilieu angehört, in seiner Freizeit gerne Katzen ausweidet und von Freunden »Schlitzer« gerufen wird. Man weiß ja nicht, ob er womöglich überreagiert.
     
Gefahr: *** (Lesen Sie noch einmal den letzten Absatz; spätestens dann dürfte klar sein, dass Schlussmachen in punkto Risiko kein Honigschlecken ist.)
Langeweile: (Sie schwärmen für unvorhersehbare Reaktionen? Für pralle emotionale Momente? Für Tränen, Wut, Hass und Verbalinjurien? Werden Sie Schlussmacher – langweilig wird Ihnen nie.)
Seltenheit: *** (Viele sind es noch nicht, aber sie werden immer zahlreicher.)
Ekelfaktor: *** (Es gibt auch eine Art moralischen Ekel.)
Neidfaktor: * (Man muss schon ein sehr spezieller Typ sein, um jemanden um diesen Job zu beneiden.)

Mundgerucherforscher
     
    F rüher Vogel fängt den Wurm« – so heißt bekanntlich eines jener sinnfreien Sprichwörter, die an der deutschen Sprache scheinbar so unauflöslich haften wie der Ball am Fuß von Bastian Schweinsteiger oder der Yeti an Reinhold Messner. Nicht umsonst eilt uns Deutschen ja auch der Ruf voraus, als echte Frühaufsteher vor allem im Morgengrauen – die Betonung liegt bei diesem Wort unserer Überzeugung nach stets auf den letzten beiden Silben – besonders produktiv zu sein. Doch diese Einschätzung ist angesichts der unsagbar dämlichen Witze des durchschnittlichen »Morning-Show-Radio-Moderators« mit Vorsicht zu genießen.
    Im Klartext: Mag der notorische Frühaufsteher auch zu erstaunlichen Leistungen in der Mechanik oder beim Entfesseln von Angriffskriegen (»Seit 5:45 Uhr wird zurückgeschossen«) sein: Kreativität, Humor oder gar die Befähigung, sich mit anderen Menschen geistvoll auszutauschen,

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