Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
jenen Menschen – und es sind nicht wenige –, die in Fabriken arbeiten, in denen Socken hergestellt werden. Heutzutage ist es ja längst nicht mehr so, dass Socken in liebevoller Handarbeit von alten Mütterchen im Schatten des Kachelofens gestrickt werden. Die alten Mütterchen wurden aber nicht etwa von eifrigen Taiwanerinnen abgelöst, sondern von gigantischen Strickmaschinen, die pro Stunde mehrere tausend Exemplare herstellen können. Aus diesen Maschinen jedoch kommen die Wollröhren richtig herum heraus und müssen dann auf links gedreht und an den Zehen zugenäht werden. Das mit dem Nähen wird wieder von Maschinen erledigt, doch bislang konnte noch kein High-Tech-Produkt entwickelt werden, das das Wenden der Socken hätte übernehmen können.
Im Klartext: Fürs Sockenwenden müssen Menschen ran, die Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat nichts anderes zu tun haben, als Wollröhren auf links zu drehen und fertige Socken dann wieder andersherum zu wenden. Und damit kommen wir wieder zum Einstieg in diesen Text: Was, um Gottes willen, könnte als Berufsbezeichnung in den Papieren dieser Arbeitnehmer stehen?
Wie viel ein Sockenwender letztlich verdient, konnten wir nicht ermitteln, wohl aber, nach welchem Maßstab er bezahlt wird. Entlohnt wird er oder sie nach der Anzahl der gewendeten Socken, wobei uns glaubhaft versichert wurde, dass Spitzenkräfte unter den Sockenwendern auf gut und gerne zweitausendfünfhundert pro Stunde kommen. Das wären dann etwa einundvierzig Socken pro Minute. Respekt.
Gefahr: (Man könnte an Langeweile sterben, aber das trifft auf viele Fließbandjobs zu.)
Langeweile: ***** (Egal, wie man es dreht und wendet: Langweiliger geht’s nimmer.)
Seltenheit: ** (In Taiwan, China, Vietnam und Indien ist der Job häufiger, als man meinen könnte.)
Ekelfaktor: (Überdruss ja, Ekel nein.)
Neidfaktor: (Um was könnte ein Sockenwender beneidet werden? Uns fällt nichts ein.)
Sexer
N a? Haben Sie angesichts der Überschrift auch James Brown im Ohr? Sex machine? Yeah. Wahnsinns-Mucke. Welcher Mann wünscht sich nicht, dass die Ladys in den Umkleidekabinen nach der »Spinning«-Einheit mit heiserem Flüstern von diesem »unglaublich scharfen Typen« berichten, der eben – aufgemerkt – ein echt heißer »Sexer« ist. Und wenn wir den Faden dieses Gedankens weiterspinnen, sehen wir vor unserem geistigen Auge die in einen hautengen Latex-Anzug quasi eingenähte und deshalb unschwer als »kurvenreich« zu deklarierende Miss Rangierbahnhof, wie sie nach dem Tai-Chi-Training mit Meister Jo-Chen ihren Luxuskörper wollüstig räkelt. Jo-Chen heißt im bürgerlichen Leben natürlich Jochen und arbeitet als Schaufensterdekorateur für eine Drogeriemarktkette. Aber das macht nichts – trotzdem wird die Freundin – nennen wir sie Gaby, das scharfe Luder aus der Pommes-Bude – atemlos lauschen, wenn Miss Rangierbahnhof vom »Sexer« erzählt. Nur dieser »Sexer« (wenn Sie ein Mann sind, setzen Sie doch einfach mal Ihren Vornamen ein. Sie werden es nicht bereuen!) wisse um ihre geheimsten Sehnsüchte, nur der »Sexer« könne ihre Triebe befriedigen und ihre wilde, animalische Gier stillen, sei Labsal für Körper und Seele, sei der Inbegriff der Männlichkeit. »Ooooh, Sexer«, so seufzt die Kurvige, und ihren vollen roten Lippen entringt sich unvermittelt ein Stöhnen lustvoller Erinnerung. »Wo bist du jetzt? Komm in meine Arme, wärme mich mit deiner Glut.«
Nun mögen Sie einwenden, das klänge doch wohl ein bisschen kitschig, und kaum ein Mann glaube heutzutage noch an die Mär vom ewig willigen Weibchen, das sich von einer Macho-Mixtur aus Mad Max, Mario, dem munteren Mailänder, und Matthäus (Lothar, Anm. der Red.) zum sabbernden Lustobjekt degradieren ließe. »Und überhaupt«, mögen Sie sagen, »noch nie« hätten Sie bisher vom »Sexer« gehört – welche Sorte scharfer Hengst laufe denn, bitte schön, mit so einem abgefahrenen Rufnamen herum? Callboy? Playboy? Cowboy?
Weit gefehlt, doch wenn Sie von Anfang an vermutet haben, dass der Name weit mehr hermacht, als die schnöde Wirklichkeit am Ende hergibt, dann liegen Sie völlig richtig. Ein Sexer nämlich hat in aller Regel vergleichsweise wenig Spaß bei seinem Job. Es gibt de facto bei der Ausübung seiner Pflichten weit und breit keine scharfen Bräute, die sich ihm wie ein lauwarmer Waschlappen hemmungs- und willenlos zu Füßen werfen. Und auch unter seinesgleichen kann der Sexer weder mit seiner
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