Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
vielen Menschen für Kopfweh, Übelkeit und Impotenz. Sind das etwa Begleiterscheinungen, die den Porno-Genuss fördern? Na also!
Ein weiterer Grund für die fehlende Kompatibilität amerikanischer Tonspuren und mitteldeutscher Kleinhirne ist natürlich die Sinnhaftigkeit des Gesagten, denn viele unschuldige Betrachter der liebevoll aufbereiteten Abenteuergeschichten aus dem Bereich der Körpersäfte wollen einfach so viele Informationen wie möglich erhalten, und dies ist nur dann gewährleistet, wenn die Aktionen auf dem Bildschirm akustisch unterlegt sind. Wenn also die rassige Ronda ihren wilden Stier namens rolliger Ron zum orgiastischen Höhepunkt reitet, dann will der kritische deutsche Spartencineast hören, wie die rassige Ronda zum rolligen Ron sagt, dass sie ihn jetzt zum orgiastischen Höhepunkt reitet. Auch wenn die genaue Wortwahl von unserem Beispiel geringfügig abweichen könnte. Nur dann nämlich erschließt sich unserem Fan die wahre Bedeutung des Geschehens, nur dann ist der Liebhaber von Erwachsenen-Fachfilmen (danke, lieber Herr Herbst!) in der Lage, die komplexe Handlung auf all ihren Ebenen wirklich zu reflektieren.
Tatsächlich sind viele Porno-Synchronsprecher ausgebildete Schauspieler. Kein Wunder, haben sie doch im Rahmen ihrer Ausbildung auch Stimm- und Sprechtraining erhalten, was für die Synchronsprecherei unerlässlich ist. Das mag nicht immer einleuchtend klingen, doch auch Sätze wie »Ja, du Schlampe, du, besorg’s mir richtig!« sollten fehlerfrei und mit ansprechender Intonation ins Mikrofon geröhrt werden. Nichts irritiert den Betrachter eines solchen kleinen Kunstwerks schließlich mehr, als wenn diese entscheidende Textzeile bei einem unbedarften Praktikanten womöglich zu einem gelangweilt hingerotzten »Ja, du … äääh … Lampe, du. Sorg mich wichtig« verkommt. Alles schon passiert.
Die grausame Wahrheit ist, dass viele junge Menschen (seufz) von einer Karriere als nächste Angelina Jolie träumen. Männliche Träumer entscheiden sich auch gerne mal für George Clooney als Rollenvorbild und bekennen sich deutlich seltener zu Jolie. Das führt dazu, dass es sehr viele Schauspieler gibt und Schauspielschulen mittlerweile so strenge Aufnahmekriterien anlegen müssen, dass es leichter ist, sich als Putzfrau im Codierungsraum des Pentagons sein Geld zu verdienen, als in eine Anfängerklasse zu rutschen. Doch leider existieren längst nicht so viele Rollen, dass alle potenziellen Brad Pitts angemessen mit Talentproben versorgt werden könnten. Will heißen: Die Synchronisation bietet hier eine großartige Chance, eine irgendwie berufsnahe Tätigkeit auszuüben, Geld zu verdienen und dabei auch noch anonym zu bleiben. Anonymität gehört zwar in aller Regel nicht unbedingt zu den Wünschen eines zukünftigen Charakterdarstellers, doch manche Jobs zum Geldverdienen lässt man langfristig vielleicht doch lieber unter den Tisch fallen.
Den Einstieg ins Geschäft bieten sogenannte Mengetermine: die Synchronisation von Massenszenen, bei denen ein einzelner oder nur wenige Sprecher viele verschiedene Rollen übernehmen. Dann folgen kleine Einzelrollen, zum Beispiel als Gast in einer Kneipe oder – im speziellen Fall – auch als Hintergrund-Peitschenschwinger im Domina-Studio. Zugegeben, Anspruch geht anders, aber wer ein Minimum an Talent mitbringt und mit dem erbarmungslosen Zeitdruck, der in Tonstudios herrscht, gut klarkommt, kann sich so bis zu den Hauptrollen hocharbeiten. Und irgendwann wird dann vielleicht jener lang gehegte Wunschtraum wahr, und Britta aus dem mittelfränkischen Uffenheim darf jenen bedeutungsschweren Satz auf Deutsch sagen, der die rassige Ronda in den Vereinigten Staaten über Nacht zur Ikone des Business machte: »I guess I’m always horny.« Ach? Sie wollen das auf Deutsch? Brittas Text? Nö.
Bevor wir’s vergessen: Pro Tag können angehende Synchronsprecher mit rund zweihundert Euro Gage rechnen, aber dafür schuften sie auch acht bis zehn Stunden am Mikrofon, und wenn’s um Schweinkram geht, stehen zuweilen fünf oder sechs Filme hintereinander auf dem Terminplan. Bekannte Stars bekommen selbstverständlich deutlich mehr Geld – doch synchronisieren die normalerweise natürlich auch keine Pornos.
Gefahr: * (Wenn Sie weltanschaulich mit den Puritanern liebäugeln oder gerade versuchen, das Zölibat möglichst gut zu finden, könnte der Job durchaus gefährlich sein. Sonst eher nicht.)
Langeweile: *** (Wenn man Pornos sehen will,
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