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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick L. Brille
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einem gewissen Alter hoffte jede alte Dame, diesen Look auch mal hinzubekommen. Mittlerweile ist die Gute einfach tot. Wie soll denn jetzt ein Inge-Meysel-Double noch ein vernünftiges Einkommen erzielen?
    Wer interessiert sich heute noch für das Ebenbild von Johannes Paul II.? Nur Jopi Heesters ernährt seine Doppelgänger angeblich schon in der fünften Generation. Brav, Jopi. Tanz für uns.
    Und genau das ist die Krux am Doppelgänger-Job: Entweder stirbt der Promi einfach weg, oder er verliert seinen Status und ist plötzlich nur noch bei Insidern prominent. Dann ist man als sein Doppelgänger in einer blöden Lage. Erschwerend kommt hinzu, dass man mit der Ähnlichkeit auch kein Geld mehr verdienen kann, was uns zu dem pädagogisch ungemein wertvollen Ratschlag bringt, neben der Beschäftigung mit den Grimassen von Boris Becker auch noch etwas Anständiges zu lernen.
     
Gefahr: * (Womöglich interessiert sich kein Schwein für Ihr wahres Ich. Wenn Ihnen das zu riskant ist, sollten Sie sich schleunigst wieder anders frisieren.)
Langeweile: *** (Mag eine Weile nett sein, ständig für jemand anderen gehalten zu werden, aber stellen Sie sich bloß mal vor, Sie müssten vierundzwanzig Stunden am Tag Henry Maske verkörpern. Ehrlich – das ist so öde, das bringt Sie um.)
Seltenheit: ** (In den Vereinigten Staaten gibt es rund fünfhundert lizenzierte Elvis-Doppelgänger. Der Trend kommt allmählich auch bei uns an …)
Ekelfaktor: * (Ständig sprechen zu müssen wie Nina Hagen, Auto zu fahren wie Michael »das Kinn« Schumacher oder beim Blick in den Spiegel immer wieder Guido Westerwelle zu sehen – da kann normalen Menschen schon mal speiübel werden. Professionelle Doppelgänger sind allerdings daran gewöhnt.)
Neidfaktor: **** (Ob Ihnen den Job jemand neidet, hängt vor allem vom Glamourfaktor ab. Es gibt Prominente, da möchte wirklich niemand ein Double sein.)

Abrissspezialist
     
    D amals im Sandkasten: Das waren noch Zeiten. Da hatte man gerade eine wunderbare Sandburg fertig gestellt, mit filigranen Türmchen, einer anmutigen Balustrade und zierlich angedeuteten Schießscharten. Und dann knallte die Plastikschaufel des kleinen Konstantin mit Schmackes auf die wuchtigen Mauern. Mutwillig, gnadenlos und mit jener enthemmten Rücksichtslosigkeit, zu der nur Kinder fähig sind, die Herbert Grönemeyer bekanntlich einst an die Macht lassen wollte. Und so prügelt Konstantin weiter auf das Jahrhundertbauwerk des kleinen Fritzi ein, lässt seiner Frustration, seiner Wut und seinem angestauten Zorn freien Lauf, brüllt seine Aversion, seine Aggressivität frank und frei hinaus in die öde Wildnis, die man hier in Celle-West als Kindergarten bezeichnet, und verspürt alsbald jenes Gefühl, das er als Erwachsener dereinst »Entspannung« nennen wird. Über Fritzi wollen wir an dieser Stelle kein Wort verlieren – es mag der Hinweis genügen, dass er seitdem an Asthma leidet und die Vorsilbe »kon« seinen Körper zucken lässt: Konditorei, Konstantinopel, Konsequenz – Fritzi zittert wie eine belgische Pappel bei Nordwind. Und alles nur wegen Konstantin.
    Tatsächlich ist die normative Kraft des Destruktiven bei ausgesprochen vielen Menschen eine verlockende Alternative zum geregelten Alltag. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, dem mit Randlosbrille geschmückten Edeka-Filialleiter die Möglichkeit zu bieten, mittels Abrissbirne und Vorschlaghammer endlich mal die viel zitierte Sau rauszulassen. Da darf auf verbeulte Autowracks, auf schrottige Wellblechhütten oder auch mal auf ruinöse Altlasten der Wiedervereinigung eingeprügelt werden, als gäbe es kein Morgen mehr. Als Schauplätze dienen Bauschuttdeponien oder Industriebrachen – je nach dem zur Verfügung gestellten Gerät blecht der Möchtegern-Rambo zwischen zehn und fünfzig Euro für das Ausleben seiner zerstörerischen Triebe. »Sie werden sich fühlen wie ein neuer Mensch«, wirbt eines dieser Unternehmen auf seiner Homepage, und ein anderes gibt sich gleichermaßen volksnah wie philosophisch: »Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da steckt jede Menge Spaß drin.« Wie sinnig. Wie witzig. Und wie wahr.
    Doch diese hobbyesken Zerstörungen um ihrer selbst willen sind natürlich längst nicht der wahre Jakob. Der Hammer hängt dort, wo man ihn beruflich schwingt, und so gibt es keinen Nachwuchsmangel bei den Abrissspezialisten auf unserem Globus. Kein Wunder, ist die Spezies Mensch doch ohnehin

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