Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
auf Zerstörung gepolt.
Um Experte im Abreißen zu werden, muss man allerdings zunächst Experte im Bauen sein. Ist zwar lästig und zeitraubend, aber auch nachvollziehbar, denn nur wenn man weiß, welche Stütze welchen Gebäudeteil trägt, welche Wand im Sturzflug dafür sorgt, dass eine ganze Halle sich auf die Seite legt, kann man den Job gut und sicher erledigen. Und damit kommen wir schon zum desillusionierendsten Teil unserer Schilderung: dem Sicherheitsaspekt. Denn bedauerlicherweise haben die Abrissprofessionals kaum noch Interesse an Handarbeit, schwingen nur noch in seltenen Ausnahmefällen mit den eigenen Schwielpranken den schweren Vorschlagotto und tragen sogar Helme, wenn die Arbeit beginnt.
Aber der Reihe nach: Abrissexperten beginnen ihre Ausbildung bei einer Abrissfirma – das liegt irgendwie auch nahe – und durchlaufen dann ein »Training on the job«. Dazu gehört Sicherheit vor Ort (gähn), Unfallverhütung (ächz), Sicherheit von Personen (pffff), die Kontrolle auf Vorhandensein von Asbest und Blei (hrmpf) und sogar die Vermeidung von übermäßigem Lärm (Och nö jetzt – echt?). Der Auszubildende lernt auch, wie man den Ausbruch von Feuern verhindert und was man tut, wenn es doch anfängt zu brennen.
Egal – zurück zum Thema: In dieser frühen Phase darf der Azubi der Zerstörung (Toller Titel, was?) noch keine Maschinen bedienen und erst recht keine Ladung Dynamit zünden. Nicht mal eine klitzekleine. Nicht mal ein einziges Stangerl. Nicht mal im eigenen Spind. Sorry. Dieses herrliche »Rabumms-Gefühl«, das für eine so anheimelnde Hebung der Magendecke sorgt, ist nämlich den Spezialisten vorbehalten. Die haben erstens viel Erfahrung mit Kawumm und Rummboing und zweitens die entsprechende Ausbildung. Irgendwann aber – versprochen – darf auch der kleine Konstantin endlich an die Zündschnüre. Nur gemach.
Vor dem Abriss müssen die Arbeiter ermitteln, welche Materialien ans Tageslicht befördert werden, wenn der große Knall Geschichte ist und der Staub sich verzogen hat. Stellen wir uns doch einfach mal vor, das Unternehmen hätte den Auftrag bekommen, eine Betonmauer in einem ukrainischen Weiler namens Tschernobyl zu entfernen. Sehen Sie – in diesem Fall kann’s nicht schaden, wenn man sich vorher schon mal mit dem Nachher beschäftigt und entsprechende Maßnahmen einleitet. Zudem werden natürlich diverse Vorkehrungen getroffen, um den Staub möglichst in Schranken zu halten, was zwar ein bisschen schade für all diejenigen ist, die gerade auf solche special effects abfahren, ansonsten jedoch eine durchaus gesundheitsfördernde Wirkung hat. Auch ist es nach Abwägung aller bekannten Fakten keine reine Freude und zeugt von einem gering ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein, wenn man in unmittelbarer Nachbarschaft eines gut frequentierten Kindergartens eine aus reinem Asbest bestehende Altbaudecke in einatemtaugliche Einzelteile pulverisiert. Das wird einem nicht gedankt, und deshalb muss man als Profiabreißer eben dafür sorgen, dass die besagte Decke praktisch am Stück und gut verpackt herunterkommt.
Nehmen wir also mal an, unser Abreißer in spe hat sich mit all diesem theoretischen Wissen eingedeckt, seine Ausbildung abgeschlossen und sich mit einigen Zerstörungen en miniature bereits den Ruf eines zuverlässigen Kaputtmachers erworben. Dann lässt man ihn vielleicht mal den einen oder anderen »Bigfoot« bedienen – einen Bagger oder Kran mit der entsprechenden Abrissbirne. Das rummst dann schon ganz ordentlich, da werden Stahlstreben zu Strohhalmen, da kapituliert die betonierte Wand wie die Beatles einst vor Yoko Ono.
Und nach vielen, vielen Jahren dann kommt der einstmals kleine Konstantin endlich ans Ziel seiner Träume und Wünsche. Er darf es krachen lassen. Um allerdings ein Gebäude gepflegt in die Luft zu jagen, reicht es nicht mehr, einfach nur den Fritzi zum Weinen zu bringen. Dazu ist exakte Planung und jede Menge Vorarbeit vonnöten: Der Sprengstoffspezialist muss die richtige Ladung an der exakt passenden Stelle im Gebäude setzen, möglicherweise noch die eine oder andere Stützmauer entfernen und vorher schon ganz genau bestimmen, wohin der Trümmerhaufen kippen soll. Wäre doch sonst schade um den bereits erwähnten Kindergarten. Zu beachten gilt es außerdem, dass unter dem Gebäude auch Stromleitungen oder Abwasserkanäle liegen könnten, die durch die Explosion tunlichst nicht beschädigt werden dürfen. Zum einen könnte das die
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