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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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Zeitraffer-Filmen im Fernsehen – zu Darwins Zeit war man noch auf gröbere Methoden angewiesen , mit Hilfe derer jedoch dieses Pendel-Phänomen eindeutig belegt werden konnte.
    Abb. 4.6: Darwins Theorie zum Ursprung pflanzlicher Bewegungsvorgänge. Obere Spross-Spitze der Zaunrübe (
Bryonia dioica
) und Keimling der Sonnenblume (
Helianthus annuus
). Die obersten Ranken entfalten sich (a, b) und führen im gestreckten Zustand kreisförmige Suchbewegungen durch (Circumnutationen ). Nach Umschlingung eines festen Gegenstandes und Einspiralisierung (c) rankt sich das Gewächs empor. Ranken, die keine Stütze gefunden haben, verwelken bald (d). Der Sonnenblumenkeimling zeigt ähnliche Kreisbewegungen (A). Diese Darwinschen Circumnutationen sind universell im Pflanzenreich verbreitet. Sie repräsentieren jedoch nicht die Urform aller Bewegungsvorgänge (z. B. durch Licht gesteuerte Tropismen, B, oder vom Tag/Nacht-Rhythmus synchronisierte Blattbewegungen, C), wie Darwin postuliert hatte.
    |117| Wie Abb. 4.6 A zeigt, kreisen z. B. die Ranken der Zaunrübe (
Bryonia dioica
) im Raum umher. Der biologische Selektionsvorteil für die Pflanze, die ohne Ausbildung verholzter Stützgewebe dennoch bis 10 m hoch wachsen kann, ist offensichtlich . Die wachsende Sprossachse »sucht« über diese Kreisbewegungen (Erhöhung des Aktionsradius) eine Stütze (z. B. Ast eines Baumes oder Busches), umschlingt nach Kontaktaufnahme diesen Halt und rankt sich durch Einspiralisierung (Verkürzung ) der Rankenmitte nach oben. Diese Prozesse sind heute auf physiologisch-biochemischem Niveau recht gut verstanden (Kutschera 2002). Der in unserer Abbildung 4.6 A neben der Zaunrübe abgebildete Keimling der Sonnenblume kreist ebenfalls gemäß der Darwinschen Circumnutations-Theorie . Als Ursache dieser Pendelbewegungen postulierte Darwin (1880) einen inneren Grund. Heute bezeichnen wir diese Bewegungsvorgänge als endogene (d. h. ohne erkennbare Außenreize ausgelöste) Prozesse.
    Drei Jahre vor dem »Darwin-Jahr 2009« publizierte der amerikanische Pflanzenphysiologe J. Z. Kiss (2006) einen Review-Artikel , in dem er unter Verweis auf Weltraum-Experimente (
Space Shuttle Columbia
) darlegte, dass die Darwinsche Theorie von den endogen gesteuerten (universellen) Circumnutationen korrekt ist. Bei Ausschaltung des Schwere-Reizes (im Raumschiff) pendelten 93 % der Sonnenblumen mit gleicher Intensität wie jene Individuen in der Bodenkontrolle (Schwerkraft wirksam, 100 % der untersuchten Individuen zeigten dieses charakteristische Bewegungsverhalten). Allerdings gibt es jedoch bei anderen Pflanzenarten von diesen Befunden abweichende Resultate – die Darwinsche Theorie gilt somit für die Sonnenblume und vermutlich auch für zahlreiche verwandte Spezies, nicht jedoch für alle Samenpflanzen.
    Ausgehend vom Prinzip der gemeinsamen Abstammung komplexer Merkmale (bzw. Eigenschaften) postulierte Darwin (1880) weiterhin, dass sich alle Bewegungsvorgänge der Pflanzen stammesgeschichtlich von den universell vorhandenen, unspezialisierten Circumnutationen ableiten lassen. So sollen nach Ansicht des Autors z. B. die
Tropismen
(reizabhängige Wachstumsbewegungen ) (Abb. 4.6 B) und die
Nastien
(durch den Zell-Innendruck |118| getriebene, von der Reizrichtung unabhängige Bewegungen) (Abb. 4.6 C) abgeleitete Circumnutationen sein. Diese umfassend begründete Darwinsche Theorie pflanzlicher Bewegungsvorgänge hat sich als unzutreffend erwiesen.
    Heute wissen wir, dass Tropismen (differentielle Wachstumsvorgänge , z. B. durch Licht oder Schwerkraft ausgelöst) und Nastien (durch den Zell-Innendruck regulierte Vorgänge, wie z. B. periodische Blatt-Bewegungen) auf unterschiedliche physiologische Prozesse zurückführbar sind. Mit der Formulierung dieser in Abb. 4.6 A – C veranschaulichten Theorie vom
gemeinsamen
Ursprung aller Bewegungsvorgänge
lag Darwin (1880) falsch: Dieses Modell zählt neben der Pangenesis-Hypothese zu
Darwins
Irrtümern.
Wie andere große Wissenschaftler formulierte auch Charles Darwin einige Konzepte, die durch weiterführende Untersuchungen nicht bestätigt werden konnten. Seine enormen Verdienste auf dem Gebiet der Bewegungsphysiologie der Pflanzen bleiben von dieser Fehlleistung jedoch unberührt.

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Die Wurzelspitzen-Hirn-Theorie und die Blütenbiologie
    Im letzten Abschnitt seines Werkes über die Bewegungsvorgänge der Pflanzen formulierte Charles Darwin beiläufig eine Theorie, die ihm Jahrzehnte später hohe

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