Tatsache Evolution
Abschätzung des Erdalters |173| des Geophysikers George Howard Darwin – der zweite Sohn des Biologen – soll weiter unten eingegangen werden). Warum haben sich die Berechnungen des Physikers W. Thompson bald als Irrtümer herausgestellt? Im Jahr 1903 wurde von einer Hitzeentwicklung gewisser Radiumsalze berichtet. Diese Entdeckung der
Radioaktivität
und die daraus entwickelte
Geochronologie
werden wir im übernächsten Abschnitt darlegen. Zunächst soll jedoch noch die Ära der Geologie ohne absolute Altersangaben besprochen werden.
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Die relative geologische Zeitskala: Entdecke das Devon!
Bei der Betrachtung der zerklüfteten, aber soliden Wände des Grand Canyon (Abb. 6.4) könnte man annehmen, dass diese Schichtgesteine aus einheitlichem, »ewig festem« Material bestehen, welches keiner Veränderung (Metamorphose) unterliegt . Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Geologen haben seit Langem den »Kreislauf der Gesteine« entschlüsselt; ein Ausschnitt dieses Zyklus ist in vereinfachter Form in Abbildung 6.5 dargestellt . Wir betrachten ein Gebirge, das an ein Meer angrenzt. Die im Wesentlichen über die Plattentektonik (s. Kapitel 7) aufgetürmten , riesigen Gesteinsbrocken unterliegen stetig Zersetzungs(Erosions)-Prozessen, die durch Sonneneinstrahlung (Hitze), Frost-Sprengungen (Kälte), Regengüsse, Schneefälle usw. hervorgerufen werden. Im Verlauf geologischer Zeiträume (Jahrmillionen), die sich unseren Vorstellungen entziehen (s. Abb. 6.2), werden die Gebirge langsam abgetragen und in Form von Geröll sowie kleiner bis kleinster Steine (bzw. Sandkörner) über das Regenwasser gemäß den Gesetzen der sonnengetriebenen Wasserverdunstung (Aufwärtsbewegung) und Gravitationskraft (Regenfälle) in den Flüssen angereichert. Letztendlich sammeln sich die abgetragenen Materialien im tiefer gelegenen Meer an. Welch gewaltige Mengen an grob- und feinkörnigem Sand (»zerbröseltes Gestein«) ein reißender Fluss transportieren kann, wird deutlich, wenn man sich den Untergrund derartiger Fließgewässer betrachtet. Im Verlauf der |174| Jahrmillionen entsteht aus diesen Körnchen druckabhängig ein Schicht(Sediment)-Gestein, in welches die Hartteile verstorbener Lebewesen (Tiere, Pflanzen, Mikroben) eingebettet werden können (Fossilisation, s. Kapitel 7). Auf den in Abb. 6.5 C verkleinert abgebildeten versteinerten Fisch werden wir im nächsten Kapitel zurückkommen.
Der Naturforscher Nicolaus Steno (1638 – 1686) war einer der ersten Geologen, die zeigen konnten, dass Sedimentformationen (Strata) gesetzesmäßig abgelagert werden (s. Beitrag von R. Leinfelder im Sammelband Kutschera 2007 a). Da die entsprechenden Sedimentschichten charakteristische Fossilien tragen , konnte u. a. auf Grundlage des
Lagerungsgesetzes
(ältere Schichten liegen weiter unten, jüngere darüber) eine relative
geologische Zeitskala
abgeleitet werden. Diese klassische
Biostratigraphie
erlaubt nur Aussagen wie »älter bzw. jünger als«. Die Methode ist ungeeignet, absolute Zeitangaben über geologische Prozesse zu liefern
In der modernen Geologie werden als größte Zeit-Einheiten die
Äonen
definiert:
Archaikum
(Ur-Zeit),
Proterozoikum
oder
Eozoikum
(Früh-Zeit) und
Phanerozoikum
(Zeitalter der erkennbaren Lebensspuren). Das vor dem Archaikum eingereihte
Hardaikum
(Zeitraum zwischen dem Ursprung der Erde und dem Auftreten der ersten Gesteine) soll hier erwähnt, aber nicht diskutiert werden. Wir wollen, wie in der Evolutionsbiologie üblich, das Hardaikum dem Archaikum zuordnen (erste Phase der Ur-Zeit).
Im 19. Jahrhundert haben die Geologen vom »primären, sekundären, tertiären und quartären Äon« gesprochen. Dieses »Vier-Äonen-Prinzip« wurde später aufgegeben, aber die Begriffe Tertiär und Quartär haben sich bis heute erhalten.
Am Beispiel des Phanerozoikums, auf das sich Darwin (1859/1872) im Wesentlichen bezieht, soll die Ableitung der relativen geologischen Zeitskala erläutert werden. Man teilt das Äon Phanerozoikum in drei Ären ein:
Paläozoikum
(Erdalterum ),
Mesozoikum
(Erdmittelalter) und
Känozoikum
(Erdneuzeit ). Es sei an dieser Stelle hervorgehoben, dass keine kontinuierliche Sediment-Schichtenabfolge – auch nicht jene des gewaltigen Grand Canyon (Abb. 6.4) – eine vollständige Serie |175| aller geologischen Ären der Erde enthält, da sich unser Planet seit Jahrmillionen im stetigen Wandel befindet (s. Kapitel 7).
Abb. 6.6: Reproduktion einer Postkarte aus der Umgebung von
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