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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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examinierter Theologe war er selbstverständlich darüber informiert, dass Erzbischof James Ussher (1581 – 1656) die biblische Schöpfung (Abb. 6.3) exakt festgelegt (»berechnet«) hat: 1650 verkündete der prominente Theologe, Punkt 9:00 Uhr des Sonntags, den 23. Oktober 4004 v. Chr., sei »die göttliche Schöpfung« erfolgt. Im Jahr 1996 feierte man dann auch im Kreise der deutschen Wort- und Wissen-Kreationisten den runden Geburtstag der Erde – sie wurde damals geglaubte »6000 Jahre alt« (s. Kutschera 2008 a).
    Bereits J.-B. de Lamarck hatte sich in seinen biologischen Schriften vom biblischen Erdalter distanziert und betonte, dass unser Planet um ein Vielfaches älter sein müsse. Sein Landsmann George-Louis Leclerc, Comte de Buffon (1707–1788), war vermutlich der erste Naturforscher, der unter dem Ignorieren biblischer Erzählungen 1778 ein Erdalter von 96 670 Jahren |171| berechnet hatte. Buffon ging davon aus, dass der Planet als stetig auskühlender, in der Urzeit geschmolzener, riesiger Eisenball zu betrachten sei. Diese Annahme wurde später allerdings widerlegt.
    Abb. 6.5: Schematische Darstellung der Bildung von Sedimentgesteinen. Gebirgshänge (A) werden durch Erosionsprozesse (Regen, Stürme, Sonnenhitze, Verwitterungsvorgänge, Frostsprengungen) im Laufe der Jahrmillionen abgetragen . Die hierbei abgelösten Steinchen sammeln sich am Boden eines immer größer werdenden Meeres an, wobei feste Sedimentgesteine entstehen (B). Diese können die Hartteile toter Körper von Organismen einbetten und als Fossilien konservieren (C).
    Darwin wurde während seiner Ausbildung zum Geologen insbesondere durch das Studium der Werke von Charles Lyell (1797 – 1875) geprägt. In dessen dreibändigem Hauptwerk (1830) mit dem vollständigen Titel
Principles of Geology, Being
an Attempt to Explain the Former Changes of the Earth’s Surface
, by Reference to Causes now in Operation
wird auf Grundlage abgeschätzter Sedimentationsraten (s. Abb. 6.5) ein Erdalter von 100 bis 300 Mio. J. angenommen. Wie aus dem langen Buchtitel hervorgeht, ging es Lyell aber im Wesentlichen um die Ausformulierung des Prinzips des
Aktualismus
. Dieses besagt, dass geologische Prozesse seit Jahrmillionen immer |172| gleichartig verlaufen sind – die Gegenwart ist somit der Schlüssel zur Vergangenheit. Wir werden bei der Besprechung der Meteoriten-Analysen (s. Abb. 6.9) auf dieses auch als
Uniformismus
bezeichnete Konzept zurückkommen.
    Wer war der von Darwin (1859/1872) zitierte »Sir W. Thompson «? Wir kennen alle die SI-Basiseinheit für die absolute (thermodynamische ) Temperatur, das Kelvin (K) (SI steht für »Internationales Einheitensystem«). Diese Einheit, den absoluten Nullpunkt der Temperaturskala einschließend (0 K = – 273 Grad Celsius, °C), erinnert an den englischen Physiker William Thompson (1824 – 1907), der später den Namen »Lord Kelvin of Largs« angenommen hatte. Die Verdienste von Thompson sowie seine Kalkulationen sind in einer Monographie von Burchfield (1975) zusammengefasst, der die nachfolgenden Informationen entnommen sind. Dieser Autor hat Thompsons Berechnungen zum Erdalter akribisch aufgelistet. So schätzte William Thompson 1862 das Alter der Erde auf möglicherweise 400 Mio. J.; 1868 war er sicher, dass die Erde (und die Lebewesen ) nicht älter als 100 Mio. J. sei(en); 1876 ermittelte er den Wert von 50 Mio. J., 1897 galt die Altersangabe »näher bei 20 als bei 40 Mio. J.«, wobei die Zahl »24 Mio. J.« als genaueste Abschätzung angenommen wurde. Warum veröffentlichte der ansonsten so exakt arbeitende Physiker derart unterschiedliche Werte? Thompson ging bei seinen Berechnungen von seiner Theorie der stetigen Erdabkühlung einer ehemals etwa 3700 °C heißen, geschmolzenen Kugel aus, wobei sich diese Grundannahme später als falsch erwiesen hatte. Unser Planet verfügt über innere Hitzequellen (natürliche Radioaktivität), auf die in Kapitel 7 eingegangen wird.
    Das relativ junge Erdalter von 400 bis 20 Mio. J., veröffentlicht von einer wissenschaftlichen Kapazität, brachte Charles Darwin nahezu zur Verzweiflung – wir können in diesem Zusammenhang durchaus von »Darwins zweitem Dilemma« sprechen . Sollten diese Berechnungen tatsächlich korrekt sein, so wäre das Darwinsche Theorien-System zum Artenwandel hinfällig . Derartige Sätze finden wir in zahlreichen Briefen, die Charles Darwin Anfang der 1870er-Jahre an Kollegen gesandt hatte (auf die 1879 veröffentlichte

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