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Tauben im Gras - Koeppen, W: Tauben im Gras

Tauben im Gras - Koeppen, W: Tauben im Gras

Titel: Tauben im Gras - Koeppen, W: Tauben im Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Koeppen
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der neuen Maler, das sagt mir nichts, ich bin Doktor, vielleicht zu ungebildet, habe auch keine Zeit, kaum für die Fachblätter, immer wieder was Neues, ich bin müde am Abend, meine Frau will ins Kino, Film mit Alexander, ich halte ihn für einen Schnösel, aber die Frauen? Leben schon im Sperma? das Ei? dann auch Gonokokkenschutz, die Priester sagen natürlich die Seele, sollten sich das mal aufgeschnitten ansehen, Hippokrates, war er Kassenarzt? hatte er eine Großstadtpraxis? die Spartaner warfen die Mißgestalten in die Schluchten des Taygetos, Militärdiktatur totaler Staat sicher verwerflich, lieber Athen Philosophie und Knabenliebe, aber Hippokrates? er sollte mal zu mir kommen und sich's anhören «ich bring' mich um» - «wenn Sie's Herr Doktor nicht machen» - «ich will's weghaben», und zu wissen wo sie dann hingehen, die Pfuschaborte, sterben zu tausenden, Ladenmädchen, Sekretärinnen, können sich selber kaum erhalten, und zu was wächst sowas heran? Wohlfahrtssuppen Heimbetreuung Familienpflegschaft Arbeitslosigkeit Gefängnis Krieg, ich war Feldarzt, was fiel da rot auf den Tisch, nochmal wie geboren, die Glieder schon weggerissen, zum Tod geboren, Achtzehnjährige, besser nie geboren, was erwartet das Negerkind? man müßte ihnen den Coitus verbieten, aussichtslos, sie werden es nie lassen, hätte nichts gegen Entvölkerung, Malthus, wenn man sieht was so in die Sprechstunde kommt, müßte mir einen anderen Beruf suchen, Krankenkassenesel, für die Kasse Verwaltungspaläste für uns die Pfennige, der gute Onkel Doktor, mein Vater fuhr im Pferdewagen über Land, das Pferd trug im Sommer einen Strohhut, was gab mein Vater ihnen denn? klopfte ihnen den Bauch und verordnete Lindenblütentee, heute verschreibt jeder eine chemische Formel die niemand lesen oder aussprechen kann, Geheimzeichen der Medizinmänner im Busch, Opposition dagegen, die Psychotherapeuten auch so Brüder, Amenorrhoe der Gattin weil der Mann imBüro auf den Laufjungen scharf ist und sich nicht traut, die alte Warzenbesprechung, Patienten wollen immer das Neueste, heute Ultraschall morgen was mit Atomspaltung, kommt von den Illustrierten, hab das Zeug im Wartezimmer, all die Apparate, das blitzt und funkelt, Krankenbehandlung am Fließband, wer zahlt es? der Onkel Doktor, Tribut an die Industrie, die Raten für den Wagen, sie wird Spaß mit ihrem Neger haben, in Paris sollen sie wie verrückt drauf sein, VERNEGERUNG , Kriegspropaganda im Völkischen Beobachter, RASSENVERRAT , wohin kamen sie mit ihrer Rassenreinhaltung? eine Bunkerwohnungsrasse, soziale Indikation macht Schwierigkeiten, eugenische Indikation nicht zugelassen, Schwarz und Weiß gibt auch hübsche Kinder, was meine Frau sagen würde wenn ich eins annehmen wollte? medizinische Indikation‹ - »lassen Sie mal sehen« - ›gesund, wir brauchen einen Namen, EINBRUCH IN ÄRZTLICHE SCHWEIGEPFLICHT ‹ - »dauerndes Erbrechen?« - ›kaum noch mit der Spritze, bei Schulte in der Klinik mit Komfort, ordentliche Schwestern, arbeite gern mit ihnen, muß über das Honorar reden, nur-die-Lumpe-sind-bescheiden, sag es mit Goethe.‹ - »Frau Carla, am besten machen wir es gleich in der Klinik.« -
    ›Das Beste für Carla.‹ Washington war im großen Verkaufsraum des Central Exchange. Er ging zu den Damenartikeln hinüber. Was wollte er? ›Das Beste für Carla.‹ Die deutschen Verkäuferinnen waren freundlich. Zwei Frauen wählten Nachthemden. Es waren Frauen von Offizieren, und die Nachthemden waren lange Gewänder aus rosa und schilfgrünem Crepe de Chine. Die Frauen würden wie üppige griechische Göttinnen im Bett liegen. Die Verkäuferin ließ die Frauen bei den Hemden allein. Sie wandte sich Washington zu und lächelte. Was wollte er? Ein Sausen war in der Luft. Ihm war noch immer, als habe er die Telefonmuschel am Ohr und höre Worte, die über den Ozean gesprochen wurden. Durch technischen Zauber war er zuHause in Baton Rouge. Durch welchen Zauber stand er im Central Exchange einer deutschen Stadt? Was wollte er? Es war gut, und es war schändlich: er wollte heiraten. Wem wollte er Kummer bereiten, wen unglücklich machen? War jeder Schritt gefährlich? Auch hier? In Baton Rouge hätten sie ihn totgeschlagen. Die Verkäuferin dachte ›er ist schüchtern, diese Riesen sind immer schüchtern, sie suchen Wäsche für ihre Freundinnen und trauen sich nicht zu sagen was sie wollen‹. Sie legte ihm vor, was sie in diesem Fall für passend hielt, Höschen und Hemdchen,

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