Taubenjagd: Jimmy Veeders Fiasko
Bier dann flaschenweise. Was sollte eine Bar, wo man in ein Loch im Hinterhof pinkeln musste, mit einer Alkoholkonzession?
»Was darf’s sein, Jimmy?«, fragte Mr. Morales, als wäre ich ein paar Tage vorher erst da gewesen und nicht zwölf Jahre zuvor zum letzten Mal. Er nahm eine zerfranste Zigarre aus seiner Brusttasche und steckte sie sich an. Nicht das einzige Lokal in Kalifornien, wo man rauchen kann, aber wahrscheinlich das einzige, wo keiner weiß, dass es verboten ist.
»Vier Bier. Gracias .«
Er griff mit bloßen Händen in den Eiskübel hinter der Theke. »Wie geht’s Big Jack?«
»Es könnte ihm besser gehen, wissen Sie?«
Mr. Morales stellte vier tropfnasse Bierflaschen auf die Theke, seine dunklen Arme waren vom Eiswasser gerötet. »Jack ist nicht so schnell kleinzukriegen, mach dir da mal keine Sorgen. In den fünfzig Jahren, die ich ihn kenne, hat er noch nie einen Kampf verloren. Nicht immer gewonnen, aber nie verloren. Wenn einer es dem Krebs zeigt, dann Jack. Sag Bescheid, wenn du irgendwas brauchst.«
Ich nickte nur, denn ich wollte mich nicht auf ein weiteres Gespräch einlassen. Wenn doch der Optimismus eines alten Mexikaners Krebs heilen könnte!
Ich hielt einen Zehn-Dollar-Schein hoch, aber Mr. Morales winkte ab. »Schön, dass du wieder da bist.«
Mit zusammengekniffenen Augen sah er an mir vorbei und erspähte Bobby an der Wand. Ihre Blicke trafen sich, und Bobby schaute schnell weg. Mr. Morales fluchte leise auf Spanisch und sah mich dann streng an. »Sag dem Maves-Jungen, dass ich ihn
nur reinlasse, weil du dabei bist. Erinnere ihn auch dran, dass ich hinter der Theke eine Flinte habe.«
»Bobby hat erwähnt, dass es Ärger gegeben hat.«
»Das hat er gesagt?«
»Aber vor drei, vier Jahren. Ist lange her.«
»Hmm.«
»Vielleicht hat er sich geändert. Leute ändern sich. Ich habe mich auch geändert.«
»Glaube ich kaum«, erwiderte er.
Ich nickte und wollte gerade fragen, ob er Bobby oder mich oder uns beide damit meinte. Aber Mr. Morales war schon auf dem Weg zum anderen Ende der Theke, um einer Baseballjacke ein paar Bier zu geben.
Ich nahm die vier Bier mit rüber zu Bobby, zwei in jeder Hand. Mit einer zusammengefalteten Serviette wischte Bobby ein letztes Mal über den Tisch. Dann schüttelte er den Tisch und, mit seiner Stabilität zufrieden, nahm er sich die beiden Bierflaschen. Als ich wieder saß, hatte er eine schon zur Hälfte geleert.
»Mr. Morales ist scheinbar immer noch ein bisschen stinkig auf dich«, sagte ich. »Was war denn los?«
»Es ist alles ein bisschen außer dem Ruder gelaufen, sonst nichts«, antwortete Bobby. »Erinnerst du dich noch an Tomás?«
Ich nickte. »Tomás Morales? Mr. Morales’ Enkel? Ja, das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, muss er vierzehn gewesen sein. Er ist vier oder fünf Jahre jünger als ich, aber wir haben viel zusammen gemacht. Wir waren die einzigen Jungs hier draußen. Netter Junge. Hast du dich mit dem angelegt?«
»Nein, ich wollte nur das Thema wechseln.« Bobby grinste. »Wollte wieder auf unseren Auftrag zurückkommen. Wir sind hier auf Nuttenpirsch für deinen sterbenden Vater, schon vergessen?«
»Äußerst taktvoll, Bobby. Was hat Tomás damit zu tun?«
»Tomás ist jetzt Mitte zwanzig. Klar, so vergeht die Zeit«, sagte Bobby. »Jedenfalls hat er wohl ein kleines Grenzgeschäft aufgebaut. Letztes Mal, als ich hier war, hat er die Mädels aus Chicali hergeschafft. Mädchen wie Yolanda. Barmädchen, Stripteasetänzerinnen,
Nutten … egal, sowieso das gleiche. Der Hit am Samstagabend! Sechs Ladys, die draußen den Typen in dunklen Ecken am Weg zum Scheißhaus einen blasen. Und der schnöde Kneipenbesuch wird zum Fest!«
»Erzählst du mir noch, was dir passiert ist, oder reden wir über Yolanda?«
»Darauf komme ich gleich. Tomás soll aufgestiegen sein. Noch größer, noch besser, noch verbotener. Er hat muchos fierros en el fuego , viele Eisen im Feuer.«
»Hast du Stress mit Tomás?«
Ich glaube nicht. Vielleicht. Wahrscheinlich nicht. Wer weiß? Ich trinke ziemlich viel.«
»Und?«
»Und wenn Alk, Mexikaner und Nutten im Spiel sind, ist der Ärger vorprogrammiert. Nicht vielleicht oder unter Umständen, sondern es knallt ganz bestimmt, garantiert, auf jeden Fall. Auch wenn es nachts zu heiß zum Ficken ist, für Randale ist es nie zu heiß.
Vielleicht besäuft sich ein einsamer campesino so dermaßen, dass er sich verliebt, und dann sieht er, wie so ein pocho cabrón sich an seine
Weitere Kostenlose Bücher