Tauchstation
zentrale Informationsstelle von Saranta ist in Interterra einer der wichtigsten Standorte für den Empfang von Medien. Von hier werden die Medien der Erdoberfläche überwacht und abgehört, um sicherzustellen, dass es keinerlei Hinweise auf die Existenz Interterras gibt.« Er deutete auf die Bild schirmwand. »Die Dinger sind immer an, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. He – das erinnert mich an etwas! Wissen Sie schon, dass jede Menge über Sie berichtet wurde? Auf CNN und auf allen möglichen anderen Sendern. In sämtlichen Nachrichten hieß es, dass Sie von einem Unter wasservulkan verschluckt wurden.«
»Wurde denn keinerlei Verdacht geäußert, dass irgend etwas Außergewöhnliches mit uns geschehen sein könnte?«, fragte Donald.
»Nein«, erwiderte Harvey. »Nicht ein Sterbenswörtchen. Dafür haben sie unendlich viel geologisches Geschwätz ge sendet. Aber um auf mich zurückzukommen – ich habe mich freiwillig zur Verfügung gestellt, Fernsehsendungen zu überwachen und aufzuzeichnen und sämtliche Gewaltszenen herauszuschneiden.«
»Dann bleibt ja nicht mehr viel übrig«, lachte Donald sarkastisch. »Wozu also die Mühe?«
»Ich weiß, dass es nicht viel Sinn macht«, stimmte Har vey ihm zu. »Aber Sendungen für Interterraner dürfen nun mal keine Gewaltszenen enthalten. Ich weiß nicht, wie viel Sie schon mitbekommen haben, aber die Leute hier – ich meine die richtigen Interterraner – können Gewalt absolut nicht ausstehen. Beim Anblick jeder Art von Brutalität wird ihnen im wahrsten Sinne des Wortes schlecht!«
»Heißt das, dass Sie kein richtiger Interterraner sind?«
Harvey lachte kurz auf. »Ich, Harvey Goldfarb, ein Interterraner? Sehe ich etwa so aus? Mit diesem Gesicht?«
»Sie sehen ein bisschen älter aus als die anderen.«
»Älter und hässlicher«, stellte Harvey verächtlich klar. »Aber so bin ich nun mal. Sie versuchen ständig, mir alle möglichen Sachen zur Verschönerung meines Äußeren aufzuschwatzen. Sie wollen mir sogar die Haare wieder wach sen lassen, aber ich habe rigoros abgelehnt. Eins muss man ihnen allerdings lassen – sie haben dafür gesorgt, dass ich gesund geblieben bin. Darin sind sie spitze. Ihre Kranken häuser ähneln unseren Autowerkstätten. Sie bauen einem ein neues Teil ein, und dann kann man wieder gehen. Aber wie dem auch sei – ich bin kein Interterrraner. Ich bin ein waschechter New Yorker, und ich habe ein wunderschönes Haus in der besten Gegend von Harlem.«
»Harlem hat sich ziemlich verändert«, sagte Donald. »Wie lange sind Sie denn schon nicht mehr dort gewesen?«
»Ich bin seit 1912 in Interterra.«
»Und wie sind Sie hier gelandet?«
»Mit ein bisschen Glück und dank des Eingreifens der Interterraner. Sie haben mich zusammen mit ein paar Hun dert anderen vor dem Ertrinken gerettet, nachdem unser Schiff mit einem Eisberg kollidiert war.«
»Waren Sie etwa auf der Titanic?« Donald starrte ihn entgeistert an.
»Ja«, erwiderte Harvey. »Ich war auf dem Rückweg nach New York.«
»Heißt das, außer Ihnen leben auch noch andere Passagiere der Titanic in Interterra?«, hakte Donald nach.
»Ein paar Hundert mindestens«, erklärte Harvey. »Aber sie leben nicht alle in Saranta. Viele haben sich in Atlantis und in anderen Städten niedergelassen. Sie waren sehr be gehrt. Die Interterraner finden uns höchst unterhaltsam, müssen Sie wissen.«
»Das ist uns auch schon aufgefallen«, stöhnte Donald.
»Genießen Sie die erste Zeit in vollen Zügen«, riet Har vey. »Sobald Sie sich akklimatisiert haben, lässt das Interesse an Ihnen deutlich nach. Glauben Sie mir.«
»Sie müssen Schlimmes durchgemacht haben«, stellte Donald fest.
»Das kann man so nicht sagen«, entgegnete Harvey. »Die meiste Zeit bin ich ziemlich glücklich und zufrieden gewesen. Natürlich durchlebt man Höhen und Tiefen.«
»Ich meine die Nacht, in der die Titanic gesunken ist.«
»Ach so! Das stimmt natürlich. Es war eine entsetzliche Nacht. Das reinste Grauen.«
»Vermissen Sie New York?«
»Ein bisschen schon«, gestand Harvey und bekam einen verträumten Blick. »Komisch, was einem nach all den Jah ren am meisten fehlt. Bei mir ist es die Börse. Seltsam, nicht wahr? Ich war selbstständiger Makler, und ich kann Ihnen sagen – ich bin voll und ganz in meinem Beruf aufgegan gen. Ich musste zwar verdammt hart arbeiten, aber ich habe die Hektik und Aufregung in vollen Zügen genossen.« Er holte tief Luft und stieß einen langen Seufzer
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