Tauchstation
befeuchten.
»Wir verfügen über ein variables Trimmzellensystem«, erklärte Suzanne. »Es ist mit Öl gefüllt, und jetzt pumpe ich ein wenig davon nach achtern, um Ihr sich vor dem Schwer punkt des Schiffes befindliches Gewicht auszugleichen.«
»Ach so«, brachte Perry hervor und lehnte sich wieder zurück. Als Ingenieur kannte er sich mit den Gesetzen der Physik aus. Zum Glück hatten sie mit der erforderlichen Kompensation nicht auf seine Schüchternheit angespielt, was er in seiner Befangenheit irrationalerweise befürchtet hatte.
Als Suzanne mit der Gleichgewichtslage des Bootes zu frieden war, beendete sie den Pumpvorgang. Dann drehte sie sich zu Perry um. Sie wollte ihm den Tauchgang zu dem Unterwasserberg so angenehm wie möglich gestalten. So bald sie wieder an Bord der Benthic Explorer waren, wollte sie ihn bitten, auch reine Forschungstauchgänge zu dem Guyot zu genehmigen. Im Moment kam sie nur nach un ten, wenn die Bohrkrone ausgetauscht werden musste, denn leider hatte sie Mark Davidson bislang nicht davon überzeugen können, dass auch Tauchgänge aus reinem For schungsinteresse irgendeinen Nutzen haben könnten.
Zudem befürchtete Suzanne, demnächst womöglich gar nicht mehr zum Sea Mount Olympus hinunterzukommen, denn es ging das Gerücht, dass die Bohrungen auf Grund technischer Probleme eingestellt werden würden. Dann konnte sie den Unterwasserberg vergessen, bevor sie ihn überhaupt genauer hatte unter die Lupe nehmen können, und das war wirklich das Letzte, was sie wollte – nicht nur, weil ihr berufliches Interesse entfacht war. Kurz bevor sie aus Anlass des aktuellen Projekts zu den Azoren aufgebro chen war, hatte sie ihre unglückliche und instabile Beziehung zu einem aufstrebenden Schauspieler hoffentlich end gültig beendet. Im Moment stand ihr nach nichts weniger der Sinn, als nach L. A. zurückzukehren. Das Erscheinen von Perry Bergman auf der Benthic Explorer bedeutete für sie mehr Glück als Verstand. Jetzt konnte sie ihr Anliegen dem Präsidenten des Unternehmens persönlich vortragen.
»Ist alles okay?«, erkundigte sich Suzanne.
»Habe mich nie im Leben besser gefühlt«, beteuerte Perry.
Die sarkastische Antwort hielt Suzanne nicht davon ab, gut gelaunt zu lächeln. Die Dinge standen allerdings nicht zum Besten. Der Präsident von Benthic Marine war immer noch sichtbar angespannt; er umklammerte die Armlehnen seines Sitzes, als ob er Gefahr liefe, gleich abzuheben. Die Bücher, die sie ihm mitgebracht hatte, lagen unangetastet auf dem Boden.
Suzanne musterte ihren angespannten Chef. Er sah in alle erdenklichen Richtungen, nur nicht in ihre Augen. Sie wusste nicht, ob Perrys Unsicherheit daher rührte, dass ihn die Enge in dem U-Boot in Panik versetzte, oder ob er ein fach so war. Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen vor sechs Monaten war er ihr ein wenig exzentrisch, eitel und nervös erschienen. Jedenfalls war er nicht unbedingt ihr Typ und zudem auch noch so klein, dass sie ihm, wenn sie ihre Tennisschuhe anhatte, direkt in die Augen blicken konnte. Doch auch wenn sie wenig mit ihm gemein hatte – er war Ingenieur und Unternehmer in einem und sie Wissenschaft lerin –, hatte sie das Gefühl, dass er für ihre Argumente durchaus empfänglich war. Immerhin hatte er schon einmal positiv auf ihr Anliegen reagiert und ihrer Anregung ent sprochen, die Benthic Explorer noch einmal zum Sea Mount Olympus zu entsenden, auch wenn sein Interesse ganz an ders als ihres ausschließlich darin bestand, in die offenbar existierende Magmakammer vorzudringen.
Seit fast einem Jahr beschäftigte sich Suzanne inzwischen fast nur noch mit dem Sea Mount Olympus. Im Grunde hat te sie ihn nur entdeckt, weil sie sich während einer Rückfahrt der Benthic Explorer zum Hafen gelangweilt und das Seiten abtastungssonar eingeschaltet hatte. Anfangs hatte der Unterwasserberg ihre Neugier lediglich deshalb entfacht, weil sie sich nicht hatte erklären können, wie ein massiver, offenbar erloschener Vulkan von Geosat übersehen werden konnte. Doch nach vier Tauchgängen mit der Oceanus war sie von den geologischen Formationen auf der flachen Kuppe des Berges mindestens genauso fasziniert. Leider hatte sie bisher noch keine Gelegenheit gehabt, ihre Erkundungen über die unmittelbare Umgebung des Bohrlochs hinaus auszudeh nen. Doch die bei weitem interessanteste Entdeckung hatte sie gemacht, als sie das Alter der Gesteinsprobe bestimmt hatte, die zusammen mit dem zerbrochenen Bohreinsatz nach
Weitere Kostenlose Bücher